Bauer,Fehlernte
© STEDTLERDort, wo nun gefrorenes Wasser steht, sollte eigentlich Raps wachsen. Doch der ist wegen der Nässe abgestorben, wie Landwirt Reinhard Wirth zeigt.
"Wann wir wieder auf diese Felder können, steht in den Sternen", sagt Reinhard Wirth besorgt. Womöglich noch im März, vielleicht aber auch erst im April. Denn auf einigen Äckern der Pflanzenbaugenossenschaft eG Bernburg-Nord in Gerbitz (Salzlandkreis), deren Vorstandsvorsitzender er ist, steht das Wasser teilweise noch immer in Senken - auch, wenn das Saale-Hochwasser mittlerweile verschwunden ist. Und auf den betroffenen Feldern kann derzeit überhaupt nicht gearbeitet werden. Die Flächen befinden sich rechts und links der Saale und auch ganz in der Nähe der Bode.

Ertragsausfälle bereits absehbar

So wie Reinhard Wirth geht es vielen Landwirten in Sachsen-Anhalt: Ihnen macht die Nässe weiter zu schaffen - auch, weil inzwischen viele Schäden durch Hochwasser und starke Niederschläge Anfang des Jahres und im Herbst sichtbar geworden sind. Vielerorts standen die "Seen" über mehrere Wochen auf den Feldern. Zwar seien die Überschwemmungen zurückgegangen, berichtet auch der Sprecher des Landesbauernverbandes, Christian Apprecht. "Doch wenn man mit Gummistiefeln auf's Feld geht, merkt man oft, dass das Wasser noch da ist." Deshalb kämen viele Bauern mit den Maschinen nicht auf die Äcker - dabei stünden Düngung, Pflanzenschutz und die Bestellung erster Sommerkulturen bevor. Die Problemzonen werden nun in Arbeitsgruppen, die auf Veranlassung des Magdeburger Landwirtschaftsministeriums gebildet wurden, als ein besonderer Schwerpunkt erfasst.

"Auf fast 400 Hektar ist die Winteraussaat geschädigt - das macht etwa zehn Prozent unserer Gesamtfläche aus", bilanziert Wirth. "Das ist ein harter Schlag". Denn diese Felder müssen neu bestellt werden. Das bedeutet: doppelte Arbeit, doppelte Kosten und weniger Ertrag. Besonders betroffen sei bei ihnen der Raps - und die Sommersorte bringt stets niedrigere Erträge als der Winterraps, der zu rund einem Drittel abgestorben sei. Vorige Woche habe auch endlich der letzte Mais geerntet werden können - das wäre eigentlich im November fällig gewesen. Doch die Überschwemmungen verhinderten das.

Um extrem nasse Standorte düngen zu können, greift man bei der Agrargenossenschaft Königsborn eG im Jerichower Land, wenige Kilometer von der Elbe entfernt, zu einem ungewöhnlichen Mittel: Bei etwa 50 Prozent der Flächen, rund 800 Hektar, kommt in diesem Jahr ein tschechisches Agrarflugzeug bei der Düngung mit Harnstoff zum Einsatz, weil man dort mit konventionellen Bodengeräten nicht weiter käme. Denn damit würde es aufgrund der Nässe nicht nur zu unerwünschten Bodenverdichtungen kommen - sondern wegen der entstehenden tiefen Spuren womöglich auch zu Folgeschäden an den Maschinen, sagt Joachim Preuß, der Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft ist. Bei dem Betrieb sind ebenfalls enorme Schäden an der Wintersaat entstanden. Teilweise konnten Felder im Herbst gar nicht bestellt werden. Auf rund 100 000 Euro schätzt er den finanziellen Schaden, den man bislang absehen könne. Die Düngung aus der Luft, die zu DDR-Zeiten gang und gäbe gewesen sei, nutze man in Königsborn bei sehr feuchten Ackerflächen bereits seit vielen Jahren. "Das Flugzeug haben wir zusammen mit dem Piloten gemietet."

Düngung zu nächtlicher Stunde

Auch anderswo sind die Bauern erfinderisch: Für Sven Krienitz etwa begann die Arbeit auf den Feldern nach der Winterpause dieser Tage zu nachtschlafender Zeit. "Momentan bringen wir den Dünger aus. Hühnertrockenkot und Biogasgülle", berichtet der Landwirt aus Borgsdorf (Mansfeld-Südharz). Und das funktioniere derzeit nur in den Nachtstunden. "Dann ist der Acker noch gefroren und wir können besser mit den Maschinen darüber fahren", so Krienitz. Wenn indes die Sonne aufgeht und die Temperaturen über den Gefrierpunkt steigen, würden die schweren Fahrzeuge in die Erde einsinken. Denn die ist eben noch immer nass.