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Die Fundstelle ist keineswegs neu, doch trotzdem weitgehend unbekannt. Vor 11.500 Jahren, also 6.500 Jahre vor Stonehenge, wurde in Südostanatolien eine gewaltige Tempelanlage errichtet. Der größte der bisher freigelegten Steinquader wiegt 50 Tonnen. Auch wenn es zum gegebenen Zeitpunkt noch wesentlich mehr Fragen als Antworten gibt, so steht eines fest:
Die Geschichte der Menschheit muss neu geschrieben werden. Beim Nabelberg, auf türkisch Göbekli Tepe genannt, handelt es sich um den mit Abstand ältesten Tempelbau der Welt. Als Schöpfer dieses gigantischen Bauwerks gelten steinzeitliche Jäger.
Geleitet werden die Ausgrabungsarbeiten vom deutschen Archäologen Klaus Schmidt, der übrigens schon im Jahr 2008 ein Buch über diesen überaus bedeutenden Fund veröffentlichte. Titel:
Sie bauten die ersten Tempel: Das rätselhafte Heiligtum der Steinzeitjäger. Umso mehr überrascht es, dass sich die bisher sensationellste archäologische Entdeckung keiner größeren Bekanntheit erfreut. Zwar gibt es wesentlich ältere Spuren von Zivilisationen, Bilder an den Wänden der
Chauvet-Höhle, deren Alter auf 32.000 bis 35.000 Jahre geschätzt wird, oder die
Venus von Willendorf, eine 11 cm große Statue aus Kalkstein, die 1908 im Donautal ausgegraben wurde und etwa 25.000 Jahre alt sein soll, doch eine Tempelanlage dieses Ausmaßes führt zu einem völlig neuen Geschichtsbild.
Während der Bau der
Cheops-Pyramide in Ägypten in die Zeit um 2.500 v. Chr. fällt, sollen die mächtigen Steinformationen von
Stonehenge vor etwa 5.000 Jahren errichtet worden sein. Auch in Göbekli Tepe finden sich aufrechte Steinquader, die noch dazu von eingemeißelten Tierreliefs geziert sind. Das Zentrum der bisher vier ausgegrabenen kreisförmigen Tempel bilden jeweils zwei Steinpfeiler, die von mehreren kleineren umringt werden. Erst später, so wird vermutet, wurden die äußeren Quader durch Mauerwerk verbunden.
Nach bisherigen Vermutungen,
ernährten sich die Menschen dieser Epoche als Jäger und Sammler. Auch in Göbekli Tepe gibt es
keinerlei Anzeichen einer Siedlung, keine Spuren von Ackerbau oder Viehzucht. Nicht einmal jene Werkzeuge, mit denen der Stein bearbeitet wurde, konnten bisher gefunden werden. Lediglich die Anordnung und die reiche Symbolik lässt vermuten, dass es sich um eine Tempelanlage handelte. Und noch dazu um eine Anlage gigantischer Ausmaße.
Zwar wurden bis jetzt erst vier der Bauwerke mit Durchmessern von 10 bis 30 Metern freigelegt, geophysikalische Untersuchen verweisen jedoch auf die Existenz von zumindest 16 weiteren. Der Estrich besteht aus geschliffenem Kalk und erinnert an Terrazzoböden der römischen Antike, lässt sich bei Wikipedia
nachlesen. Auch die bestens ausgearbeiteten Reliefs, ausschließlich Tiere wie Wildkatzen, Stiere, Wildschweine, Gazellen, Schlangen und andere Reptilien sowie Vögel darstellend, führen zu größter Bewunderung der künstlerischen Fähigkeiten unsere Vorfahren, die in einer Epoche lebten, die wir als den Übergang von der Jungsteinzeit in die Kupfersteinzeit kennen.
Der Umstand, dass es sich bei den ältesten Ausgrabungen nicht um Siedlungen, sondern um Kultstätten handelt, wurde vom Leiter des Projekts, Klaus Schmidt, mit einem Satz treffend formuliert: „Zuerst kam der Tempel, dann die Stadt!“ Dies führt wiederum zu dem Schluss, dass die Vorstellung (oder Kenntnis) einer geistigen Komponente unserer Existenz wesentlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Zivilisation ausübte.
Neben seltenen Erwähnungen in Zeitungen und Magazinen, strahlte der ZDF im Jahr 2007 eine kurzen Bericht über Göbekli Tepe aus, der zumindest einen gewissen Überblick über die Bedeutung dieses revolutionierenden Fundes erlaubt.
(Video auf
YouTube.)
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