Bei Fukushima fließt kontaminiertes Grundwasser ins Meer. Jetzt kritisiert die Regierung die Betreiberfirma scharf und ordnet eigene Maßnahmen an. Denn: "Das Krisenbewusstsein bei Tepco ist gering."
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© ReutersStaatliche Inspekteure auf dem Gelände einer Baustelle in der Nähe des havarierten Kernkraftwerks Fukushima. Eine Barriere am Ufer sollte das radioaktiv verseuchte Grundwasser daran hindern, ins Meer zu sickern. Bislang offenbar ohne Erfolg
Die japanische Regierung hat den Betreiber des Unglückskraftwerkes Fukushima scharf kritisiert und beim Kampf gegen atomar verseuchtes Grundwasser Sofortmaßnahmen angeordnet. Offiziell hieß es zunächst japanisch-zurückhaltend, "das Land müsse dem Energiekonzern Tokyo Electric Power (Tepco) seine Hilfe anbieten".

Chefkabinettssekretär Yoshihide Suga wurde allerdings rasch deutlicher. Er glaube zwar, dass Tepco alles tue, was dem Unternehmen möglich sei. Aber aus Sicht der von der Atomkatastrophe und ihren Folgen betroffenen Menschen scheine es bedauerlicherweise "keine besonders raschen Fortschritte" zu geben. Bereits unmittelbar nach der Katastrophe hatte es starke Kritik am Krisenmanagement von Tepco gegeben.

Im Atomkraftwerk Fukushima, das gut 200 Kilometer nördlich von Tokio steht, gab es im Jahr 2011 nach einem verheerenden Tsunami eine Kernschmelze, weil die Kühlsysteme der Anlage versagten. Nach Erkenntnissen der japanischen Atombehörde steigt inzwischen das hochradioaktiv verseuchte Grundwasser an und sickert auch in den Stillen Ozean.

Nach Angaben der Regierung fließen schon seit zwei Jahren jeden Tag 300 Tonnen belastetes Wasser ins Meer. Die Kontaminierung sei jedoch auf Bereiche nahe dem Kernkraftwerk beschränkt, hieß es nach Angaben der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo.

Probleme erst nach langem Zögern zugegeben

Umweltorganisationen warnen vor enormen Auswirkungen auf die maritimen Lebensräume. Tepco hatte erst nach längerem Zögern zugegeben, dass es Probleme mit dem radioaktiv verseuchten Grundwasser gebe. Zunächst hatte man erfolglos versucht, den Anstieg mit einer Barriere aus Chemikalien aufzuhalten. Shinji Kinjo, Chef der japanischen Atombehörde, hatte der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, das Bewusstsein für die Krise sei bei Tepco "nur gering ausgeprägt".

Erwogen werde nun der mehrere Milliarden Euro teure Bau einer Abschottung rund um die Atomruine, um das auslaufende Wasser zu stoppen, hieß es.

Zuvor hatte die japanische Regierung bestätigt, dass seit gut zwei Jahren täglich etwa 300 Tonnen kontaminiertes Wasser in der Nähe des zerstörten Kraftwerks ins Meer strömen. Am Dienstag hatte der Betreiber Tepco erklärt, dass das Wasser auch unter oder über eine im Boden eingelassene Barriere in der Nähe des Kraftwerks fließt.

Am Wochenende hatte Tepco erstmals Zahlen genannt. Seit der Katastrophe im japanischen Fukushima vor knapp zweieinhalb Jahren sind demnach 20 bis 40 Billionen Becquerel des radioaktiven Stoffs Tritium ins Meer gelangt. Tepco teilte weiter mit, es werde derzeit auch ermittelt, wie viel des Krebs verursachenden Stoffs Strontium aus dem Atomkraftwerk entwichen sein könnte.

Tepco hätte Medienberichten zufolge jeden Tag 100 Tonnen Wasser abpumpen müssen, um den Abfluss in den Ozean zu verhindern. Das Unternehmen wisse aber nicht, wohin mit der Menge. Die Speicher, die 380.000 Tonnen Wasser aufnehmen können, seien zu 85 Prozent gefüllt, hieß es.

Japan will AKW im Juli 2014 wieder hochfahren

Vor der Fukushima-Katastrophe im März 2011 erzeugte Japan ein Drittel seiner Elektrizität aus Atomkraft. Nachdem zunächst ein völliger Verzicht auf die Technik erwogen wurde, hat sich die neue Regierung zur Weiternutzung entschieden - ungeachtet der Gefahr, die vom Katastrophenreaktor in Fukushima ausgeht.

Gut drei Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima könnten einer Regierungsbehörde zufolge die ersten modernisierten Reaktoren wieder ans Netz gehen. Nach Überprüfung und Aufrüstung gemäß der neuen Sicherheitsstandards sei mit einem Wiederanfahren der Kraftwerke im Juli 2014 zu rechnen, teilte Japans Institut für Energiewirtschaft mit.

Allerdings würden bis zum Frühjahr 2015 wohl nur vier der insgesamt 50 AKW-Blöcke wieder Strom produzieren. Damit bleibt Japan auf lange Zeit weiter vom Import von Kohle und Gas abhängig, um den Strombedarf zu decken. Derzeit laufen zwei Reaktoren, die aber im September zur Modernisierung abgeschaltet werden, so dass Japan dann bis Juli ohne Atomstrom auskommen muss.

Parallel zum Wiedereinstieg in die Atomkraft treibt Japan auch den Ausbau von Wind- und vor allem Solarenergie nach einem ähnlichen System wie in Deutschland voran. Analysten erwarten, dass Japan 2013 so zum weltgrößten Markt für Solaranlagen wird. Allerdings kann in den nächsten Jahren damit der Ausfall der Atomkraft nicht annähernd ausgeglichen werden.

Reuters/dpa/cat