wladimir putin
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Kurz vor dem G-20-Treffen stecken die Hauptakteure ihr Territorium ab - und sticheln kräftig: US-Präsident Obama spricht sich demonstrativ für die Rechte von Homosexuellen aus. Kreml-Chef Putin bezichtigt Außenminister Kerry der Lüge.

Moskau/Washington - Noch ist nicht einmal klar, ob Wladimir Putin und Barack Obama beim G-20-Gipfel überhaupt zu direkten Gesprächen zusammentreffen. Schließlich war das Verhältnis zwischen Russland und den USA zuletzt reichlich angespannt. Sollte es zu einem Treffen kommen, dürfte die Atmosphäre entsprechend geladen sein. Die Aussagen beider Spitzenpolitiker im Vorfeld der Konferenz in St. Petersburg trugen wenig zur Deeskalation bei.

Kurz vor seiner Reise zum Gipfel in Russland sprach sich Obama am Mittwoch demonstrativ für die Rechte von Homosexuellen aus. "Wir glauben an die Würde und die Gleichheit aller Menschen", sagte Obama in Stockholm. Dazu gehöre, "dass unsere Töchter dieselben Chancen verdienen wie unsere Söhne und dass unsere homosexuellen Brüder und Schwestern vor dem Gesetz gleich behandelt werden müssen".

Es war eine kaum verschleierte Kritik an dem umstrittenen Homosexuellen-Gesetz in Russland. Dieses stellt "Homosexuellen-Propaganda" vor Minderjährigen unter Strafe - und hatte international für Aufsehen gesorgt.

Von Donnerstag an treffen sich die 20 wichtigsten Staats- und Regierungschefs im russischen St. Petersburg. Dabei wird es auch um die angespannte Lage in Syrien gehen - auch wenn das Thema nicht auf der offiziellen Tagesordnung steht. Vor Beginn des hochkarätigen Gipfels machte Russlands Präsident Putin noch einmal in deutlichsten Worten klar, dass er wenig von einem militärischen Einschreiten des Westens unter Führung der USA hält.

Dem Kongress in Washington stehe es nicht zu, über eine Militäraktion in Syrien zu entscheiden, erklärte Putin am Mittwoch. Ein solches Einschreiten ohne Legitimierung durch den Uno-Sicherheitsrat wäre laut Putin ein "Akt der Aggression". Obama hatte die Entscheidung über einen Militärschlag zuletzt auf den Kongress übertragen.

Schwere Vorwürfe gegen Kerry

Damit war Putin in seiner US-Schelte jedoch noch nicht am Ende - und ging den amerikanischen Außenminister John Kerry scharf an. Dieser verbreite "Lügen über die Rolle von al-Qaida im syrischen Konflikt", so der russische Präsident.


Kommentar: Putin wird leider nicht direkter und "hängt" sich nur an dieser Aussage auf und nicht, dass der Rest von Kerry ebenso Lügen sind.


"Ich habe mir die Kongressdebatte angeschaut", sagte Putin. "Ein Kongressabgeordneter fragte Kerry: 'Gibt es in Syrien al-Qaida?' Und Kerry antwortete: 'Nein, sie sind nicht da.'" Das sei eine klare Lüge, sagte Putin bei einem Treffen mit Menschenrechtsvertretern in Moskau. "Er lügt, und er weiß, dass er lügt", sagte der russische Präsident weiter. "Das ist traurig." Kerry wolle so eine mögliche Intervention in dem Bürgerkriegsland vorantreiben.

Tatsächlich war Kerry in Washington von einem Senator gefragt worden, ob es "im Wesentlichen wahr" sei, dass die syrische Opposition im Laufe der Zeit von al-Qaida unterwandert worden sei. Kerrys Antwort: "Nein, das ist eigentlich im Wesentlichen nicht wahr. Es ist im Wesentlichen falsch."

Obama spricht von "Barbarei", Putin von "Unsinn"

Bisher ist eine Resolution des Uno-Sicherheitsrates zu Syrien stets am Widerstand Russlands und Chinas gescheitert. US-Präsident Obama erklärte beinahe zeitgleich mit Putins Aussagen, er habe diesen direkt um eine Neuausrichtung in der Syrien-Frage gebeten - allerdings bisher ohne Erfolg. Die Gewalt in dem Land könne mit der Unterstützung Russlands "sehr viel schneller" beendet werden.

Die internationale Gemeinschaft dürfe "angesichts einer solchen Barbarei nicht schweigen", so Obama. Auf diese "entsetzliche Gewalt" nicht zu reagieren, würde das Risiko weiterer Giftgasangriffe nur erhöhen, sagte der US-Präsident mit Blick auf den mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Armee weiter.


Kommentar: Bis jetzt ist noch nicht klar, wer überhaupt diesen Angriff gestartet hat.


Nicht minder deutlich äußerte sich Putin, der die Giftgasvorwürfe erneut als "Unsinn" bezeichnete. "Chemiewaffen sind für eine Armee immer das letzte Mittel in der Not, aber in Syrien ist das Militär doch derzeit im Aufwind", sagte Putin am Mittwoch. Es sei viel logischer, dass die "in Bedrängnis geratenen" Aufständischen Giftgas angewendet hätten.

jok/Reuters/dpa