In Proben, die britische Astrobiologen mit einem Höhenballon in der Stratosphäre isolieren konnten, haben die Wissenschaftler unter anderem Zellhüllen von Kieselalgen sog. Diatomeen - entdeckt, deren Herkunft sie nicht auf der Erde sondern im wässrigen Innern eines Kometen vermuten.
© Wainwright, Wickramasinghe et al. / Journal of CosmologyElektronenmikroskopaufnahme der aus der Stratosphäre "biologischen Einheiten".
Sheffield (England) - Wie die Astrobiologen um Milton Wainwright vom Department of Molecular Biology and Biotechnology an der University of Shefield und Chandra Wickramasinghe von der
University of Buckingham aktuell in zwei Artikeln (
1,
2) im
Journal of Cosmolgy berichten, wurden die Proben am 31. Juli 2013 mit einem Ballon von Chester aus in Höhen zwischen 22 und 27 Kilometern mit Hilfe steriler Mikroskopträgerplatten genommen, die ihrer Umwelt erst innerhalb der hiesigen Stratosphäre ausgesetzt wurden.
Wie die Forscher erläutern, konnte zwar schon durch frühere Experimente nachgewiesen werden, dass überlebensfähige Mikroben von der Erdoberfläche sowohl bis in die unteren als auch in die oberen Stratopshärenschichten (20-60 Kilometer) transportiert werden können; "Innerhalb dieser hohen und zugleich kalten Biosphäre ist es jedoch unwahrscheinlich, dass diese Organismen hier weiterhin wachsen.
Stattdessen überstehen sie die widrigen Bedingungen vielmehr in einer Art Kälteschlaf und können dann später - obwohl sie des extrem harten Bedingungen der Stratosphäre ausgesetzt waren - wieder zum Leben erweckt werden."
In ihrem aktuellen Experiment sei es nun jedoch gelungen, unter anderem ein Fragment einer Diatom-Frustel aus der Stratosphäre zu isolieren (s. Abb. o.). Die Forscher zeigen sich in ihrem
ersten Artikel überzeugt, dass dies der erste Fall überhaupt sei, dass diese Zellhüllen von Kieselalgen bzw. Diatomeen (Bacillariophyta) in der Stratosphäre isoliert werden konnten. Zugleich stelle der Fund ein Beweis dafür dar, dass dieser und andere in den Proben gefundene Partikel nicht von der Erdoberfläche
sondern aus den All stammen.
© Wainwright, Wickramasinghe et al. / Journal of CosmologyElektronenmikroskopaufnahme der Kieselalgen-Zellhülle.
In der Struktur sehen die Forscher Ähnlichkeiten zu Diatomeen der irdischen Nitzschia-Kieselalgen. Anhand der Probe handele es sich jedoch nur um ein Fragment einer solchen - zudem leeren - Zellhülle. Auch könne nicht gesagt werden, ob dieses Diatom die Stratosphäre ursprünglich als Ganzes oder selbst schon nur noch als Fragment erreicht habe.
Der Kritik, dass es sich bei diesem Fund es sich lediglich um eine Verunreinigung von der Erdoberfläche handeln könne, entgegen Wainwright und Wickramasinghe, dass entsprechende Zellhüllen von Kieselalgen in der Regel weder auf neuen Forschungsballons, noch in Laborluft oder auf Laborarbeitern zu finden seien und die Methoden, mit denen die Instrumente und ins besondere die Mikroskop-Trägerplatten gereinigt und sterilisiert wurden, wissenschaftlichen Standards genügen. Somit steht für die Autoren fest, "dass der hier diskutierte Partikel (s. Abb.) ein Fragment einer Diatomsfrustel darstellt, die erst innerhalb der Stratosphäre zwischen 22 und 27 Kilometern Höhe isoliert wurde."
Ähnliches gelte auch für weitere Strukturen, die bei dem Experiment in der Stratosphäre isoliert werden konnten, wie sie die Forscher in ihrem
zweiten Artikel beschreiben und diskutieren.
Hierbei wurden neben eindeutig anorganischem Material auch
"stratosphärischer kosmischer Staub" isoliert, in dem "kokon- und stabförmige Partikel" gefunden wurden, bei denen es sich laut den Forschern
"um Bakterien handeln könnte."
© Wainwright, Wickramasinghe et al. / Journal of CosmologyNeben eindeutig anorganischem 'kosmischem Staub' (l.) konnten in der Stratosphäre auch Partikel isoliert werden, von denen die Forscher glauben, dass es sich um außerirdische Bakterien handeln könnte (r.).
© Wainwright, Wickramasinghe et al. / Journal of CosmologyNahaufnahme der "Bakterien" unter dem Elektronenmikroskop.
Hinzu fanden die Astrobiologen auch
bislang gänzlich "unidentifizierte biologische Einheiten" und weiterführend als "komplexe Organismen von eindeutig biologischer Herkunft" interpretiert werden.
© Wainwright, Wickramasinghe et al. / Journal of CosmologyEine weitere Nahaufnahme
Diese seien "eindeutig zu groß, als dass es sich dabei um Bakterien handeln könnte." Stattdessen könnte es jedoch eine Algenform oder Protozoen (Urtierchen) sein. Der Organismus (Abb. 3) sei jedoch "zu klein, als dass es sich dabei um ein Angiosperm-Samen handeln könnte." Die Tatsache, dass der Hauptkörper eine dünne Wand/Haut aufweise, schließe auch die Möglichkeit aus, dass es ein Pollenkorn sei, "da diese allgemein eine starre Außenschicht besitzen, die nicht in vergleichbarer Art und Weise kollabiert, wenn sie niedrigem Druck ausgesetzt wird."
© Wainwright, Wickramasinghe et al. / Journal of Cosmology
Ebenfalls als von "eindeutig biologischer Natur" interpretieren Wainwright, Wickramasinghe und Kollegen einen weiteren Fund, dessen "ballon-artige" Struktur ebenfalls unter dem niedrigen Druck in der Stratosphäre kollabiert sei (Abb. 4), einen rüsselartigen Fortsatz und nüstern- und schließmuskelartige Öffnungen aufweise. "Obwohl es eindeutig kein Bakterium ist, könnte es sich um eine Algen- oder ein Protozoenart handeln." Wainwright und Wickramasinghe zeigen sich überzeugt davon, dass die Strukturen eindeutig genug seien, "dass es Taxonomie-Experten nicht schwer fallen sollte, diese Organismen noch genauer zuzuordnen".
Grundsätzlich seien nur zwei Szenarien vorstellbar, durch welche etwa die Kieselalgen-Zellhülle in besagte untere Stratosphärenschicht gelangt sein könnte: "Entweder wurde sie von der Erdoberfläche nach oben getragen oder sie gelangte von ober- bzw. außerhalb in diese Atmosphärenschicht."
In ihrem Artikel diskutieren die Forscher sodann, dass nur vulkanische Aktivität den vergleichsweise großen und schweren (Diatom-)Partikel auf besagte Höhe hätte tragen können und dass eine solche Aktivität aufgrund der Absinkrate solcher Partikel wenige Tage vor der Probenentnahme den britischen Luftraum beeinflusst haben müsste. Da keinerlei entsprechende vulkanische Aktivität zu diesem Zeitpunkt oder ein alternativer Mechanismus bekannt sei, der einen derartigen Partikel auf diese Höhe transportieren könne, müsse die zudem auffallend staubfreie Zellhülle nicht von unten sondern von oben - also aus dem Weltraum - auf die Flughöhe des Experiment-Ballons gelangt sein.
Während aufgrund des Datums zunächst der jährliche Meteor-Schauer der Perseiden als mögliche Quelle in Frage käme, der zu dieser Zeit auf seinen Höhepunkt zusteuerte (...
wir berichteten), erläutern die Autoren des Artikels, dass zwar bekannt sei, dass meteoritischer Staub bis hinab in die tiefere Stratosphäre auf rund 20 Kilometer Höhe nachgewiesen werden konnte, dass darin bislang aber noch nie biologische Strukturen gefunden wurden. Allerdings verweisen die Forscher vor diesem Hintergrund auf eine aktuelle Studie von Wickramasinghe und Wallis, mit der diese
ganz ähnlichen Strukturen im Innern eines Meteoriten des Meteor-Schauers der Tauriden nachgewiesen haben wollen, der 2012 in Sri Lanka niedergegangen war (...
wir berichteten).
Weitere Untersuchungen (beispielsweise eine Isotopenanalyse) sollen nun genau bestimmen, woher die in der Stratosphäre entdeckte Zellhülle kam. Derzeit, so die Wissenschaftler abschließend, sei man aber zuversichtlich, dass sie tatsächlich "außerirdischer Herkunft" sei. Hinzu deutet für die Autoren schon jetzt der Umstand, dass die in der Stratosphäre isolierten Partikel gänzlich frei von kosmischem Staub seien, auf eine wässrige Herkunft der "Organismen".
Für die Forscher kommt somit vor allem ein Komet als Frage.Erneut ist zu erwarten, dass Chandra Wickramasinghe mit dieser Behauptung auf heftigen Gegenwind in der Wissenschaftsgemeinde stoßen wird. Schon seit Jahren sorgt der Astrobiologe mit einer Vielzahl vergleichbarer Fachartikel über den Nachweis außerirdischen mikrobiologischen Lebens, dass mit Asteroiden, Kometen und Meteoriten auf die Erde gekommen sein soll, für Kontroversen (...wir berichteten, s. Links). Auch in der aktuellen Entdeckung sieht der 72-jährige Astrobiologe einen Beweis für seine gemeinsam mit Fred Hoyle und Richard B. Hoover neu formulierten Theorie der sogenannten Panspermie, nach der die Saat des Lebens außerirdischen Ursprungs ist und im Innern von Asteroiden und Kometen die junge Erde erst befruchtet hatte. Neben Kritik an der Interpretation der beschriebenen Strukturen als von außerirdischer Herkunft, beschwören Wickramasinghes Kritiker immer wieder auch die angebliche Unwissenschaftlichkeit des
Journal of Cosmology selbst hervor, bezweifeln, dass es sich tatsächlich nicht um ein Peer-Review-Journal handelt, sondern unterstellen, es handele sich um kaum mehr als um ein Online-Publikationsmedium im Eigenverlag für einen kleinen Personenkreises um Wickramasinghe.
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GreWi-Meldungen zu Wickramasinghes Arbeiten zum "Roten Regen":
Erneut Blutregen in Kerala 4. Juli 2012
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Erneut roter Regen in Indien - Keine DNA dennoch Replikation bei 300°C 26. Oktober 2007
Quelle: buckingham.ac.uk, journalofcosmology.com
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