Laut Forschern passiert bei der Sonnenaktivität seit etwa zehn Jahren etwas Seltsames. Die Sonne produziert nun noch rund die Hälfte der erwarteten Sonnenflecken, und die magnetischen Pole sind auf seltsame Weise aus dem Lot geraten.

Sonne
© NASASonne
Die Sonne generiert mit ihrer Drehung riesige Magnetfelder. Sonnenflecken - in ihren Ausmaßen häufig größer als die Erde - markieren Bereiche intensiver magnetischer Kräfte, in denen zerstörerische Sonnenstürme entstehen.

Aus historischen Daten geht ein 11-jähriger Zyklus der Sonnenaktivität hervor - und demzufolge müsste sich unser Heimatstern dem explosiven Höhepunkt des Kreislaufs annähern, das sogenannte Sonnenmaximum. Doch dieser Höhepunkt ist „ein Totalausfall", sagt Jonathan Cirtain, der an einem Projekt mit dem japanischen Satelliten Hinode arbeitet, der magnetische Felder der Sonne aufzeichnet.

Schwächstes Sonnenmaximum seit 20 Jahren

„Meiner Einschätzung nach ist es das schwächste [Sonnenmaximum] seit 200 Jahren", sagt David Hathaway, Chef der Arbeitsgruppe für Solarphysik im Marshall Space Flight Center der Nasa in Huntsville im US-Bundesstaat Alabama.

Sonnenzyklus
© The Wall Street Journal Deutschland, NASA, WDC-SILSO, Royal Observatory of Belgium, BrusselsMechanismen der Sonne
Die Forscher sind verblüfft. Sie wissen nicht, ob es sich um ein vorübergehendes Phänomen handelt oder den Beginn eines jahrzehntelangen Niedergangs markiert, wodurch die Auswirkungen der globalen Erwärmung ein klein wenig vermindert werden könnten, weil sich die Sonnenhelligkeit oder die Wellenlänge des Lichtes ändert.


Kommentar:

Ein "klein wenig vermindert" ist womöglich eine Untertreibung. Wir empfehlen unseren Lesern, sich mit dem sogenannten Maunder-Minimum auseinanderzusetzen. Zitat von Wikipedia:
Als Maunderminimum wird eine Periode stark verringerter Sonnenfleckenaktivität in den Jahren zwischen 1645 und 1715 bezeichnet. Sie ist nach dem englischen Astronomen Edward Walter Maunder benannt, der die geringe Anzahl der Sonnenflecken jener Periode im Nachhinein erkannte. Das Maunderminimum fiel mit den kältesten Jahren der Kleinen Eiszeit zusammen, während der in Europa, Nordamerika und China viele sehr kalte Winter auftraten.

„Es gibt keinen lebendigen Wissenschaftler, der einen derart schwachen Sonnenzyklus wie diesen gesehen hat", sagt Andrés Munoz-Jaramillo, der den solarmagnetischen Zyklus am Smithsonian Center für Astrophysik an der Universität Havard untersucht.

Seltsamste Magnetfeldumkehrungen

Um das Rätsel noch verworrener zu machen, findet derzeit parallel außerdem eine der seltsamsten Magnetfeldumkehrungen seit Beginn der Aufzeichnungen statt. Normalweise tauschen Nord- und Südpol der Sonne in etwa alle 11 Jahre die Seiten. Während der Magnetfeldumkehrung schwächt sich das Magnetfeld der Sonne zunächst ab, fällt dann auf null, um danach mit umgekehrter Ausrichtung wieder zu erscheinen. Forscher gehen davon aus, dass die Magnetfeldumkehrung nur deshalb bemerkenswert ist, weil sie den Höhepunkt der Sonnenaktivität anzeigt, sagt Douglas Biesecker vom Space Environment Center der Nasa.

Doch die magnetischen Pole der Sonne sind aus dem Takt geraten, sagen Forscher. Das Magnetfeld des Nordpols der Sonne hat sich schon vor mehr als einem Jahr umgedreht und besitzt daher nun dieselbe Polung wie der Südpol.

„Die Zeit zwischen beiden Umkehrungen ist ungewöhnlich lang", sagt der Solarphysiker Karel Schrijver vom Lockheed Martin Advanced Technology Center in Palo Alto. Laut Forschern ist die ungewöhnliche Verzögerung zwar verwunderlich aber nicht besorgniserregend. Sie gehen auf Grundlage von Satellitenbeobachtungen davon aus, dass sich der Südpol innerhalb des kommenden Monats umkehren wird.


Kommentar:

Es ist schon seltsam, wie wenig unsere Wissenschaftler sich kosmische Phänomene erklären können, obwohl, wenn es um die Beruhigung der Bevölkerung geht, sie immer sehr definitive Aussagen machen und sagen: "mit Sicherheit nicht besorgniserregend!"


Sonnenflecken sind seltener geworden

Gleichzeitig können sich die Forscher die derzeitige Seltenheit von Sonnenflecken nicht erklären. Zwar geht es auf der Sonne auch derzeit turbulent zu - im Vergleich zum Sonnenmaximum in vergangenen Jahrzehnten erscheint die Aktivität jedoch sehr schwach. „Es ist nicht nur so, dass es weniger Sonnenflecken gibt - diese sind auch weniger aktiv", sagt Dr. Schrijver.

Die Sonne ist allerdings auch nicht völlig untätig: Nach Monaten der Ruhe spie sie im vergangenen Monat große Mengen geladener Partikel in die Atmosphäre aus - fünf Mal so viele wie im Monat davor. Vergangene Woche gab es erneut Eruptionen. Doch noch immer ist die Anzahl der Eruptionen nur ein Bruchteil vorangegangener Solarmaxima.

Zum Vergleich: Der sogenannte Halloween-Sonnensturm von 2003, der um das letzte Maximum herum auftrat, war der größte des Weltraumzeitalters. Auch wenn dieser zum größten Teil an der Erde vorbeizog, hatte er zahlreiche Auswirkungen: Ein japanischer Satellit wurde außer Gefecht gesetzt, Astronauten der Internationalen Raumstation ISS kletterten in einem Strahlungsschutzraum, Öl- und Gasbohrungen in Alaska wurden gestört und wegen Störungen der GPS-Navigation mussten militärische Operationen USA abgesagt werden.

Da die Sonnenaktivität nun in den kommenden Jahren im Zuge des normalen Sonnenzyklus weiter abnimmt, sollten die Eruptionen geladener Partikel noch seltener werden. Unter anderem kühlt und schrumpft dadurch die äußere Atmosphäre der Erde, wodurch die Lebensdauer von Satelliten verlängert werden kann, weil sie weniger Störungen ausgesetzt sind. „Das macht die kommerziellen Betreiber von Satelliten glücklich", sagt Todd Hoeksema vom Wilcox Solarobservatorium der Universität Stanford. „Und auch die Astronauten sind froh, wenn es keine Strahlung gibt."


Kommentar:

Das mag zwar Satellitenbetreiber glücklich stimmen, jedoch könnte die verringerte Sonnenaktivität die Erdveränderungen, die bereits im Gange sind, noch weiter beschleunigen. Neben der Aussicht auf eine kleine Eiszeit (siehe Maunder-Minimum) bedeutet eine geringere Sonnenaktivität auch ein geringeres solares Magnetfeld, das die Erde von kosmischen Strahlungen bzw. Partikelregen schützt. Mit einer intensiveren Bombardierung von hochenergetischen Teilchen werden auch mehr Wolken gesät, was größere Niederschläge und weniger Sonnenstunden bedeutet. In den letzten Jahren sind selbst im deutschsprachigen Raum vermehrt "Jahrhundertfluten" aufgetreten. Die Sonnenaktivität hat daher mehr mit dem Klimawandel zu tun als Menschen-gemachte CO2 Belastungen. Tatsächlich würde eine größere CO2 Konzentration in der Luft dabei helfen, die schnelle Abkühlung der Erde etwas zu lindern.


Verschiedene Solarforscher spekulieren, dass die Sonne nach einer Ära von ungewöhnlich hoher Aktivität ab den 1940er Jahren in eine ruhigere Phase eintreten könnte. „Mehr als die Hälfte der Solarphysiker geht davon aus, dass wir zur Normalität zurückkehren", sagt der Physiker Mark Miesch vom Höhenobservatorium in der US-Stadt Boulder, der die innere Entwicklung von Sternen untersucht. „Wir könnten in eine längere Phase von weniger Aktivität eintreten."

Klimawandel könnte abgeschwächt werden

Sollte das der Fall sein, könnte der Rückgang der magnetischen Aktivität die globale Erwärmung mildern, sagen Forscher. Allerdings würde eine solche geringfügige Änderung der Sonnenaktivität - ein Rückgang der Leuchtkraft um 0,1 Prozent - bei weitem nicht ausreichen, um den Effekt der in der Atmosphäre angesammelten Treibhausgase und Rußpartikel auszugleichen, die laut der Mehrzahl der Forscher für den Anstieg der globalen Temperaturen über die vergangenen rund 100 Jahre verantwortlich sind.

„Das könnte uns eine kleine Atempause vor der globalen Erwärmung verschaffen", sagt Hathaway. „Aber es wird sie nicht aufhalten."