Gerhard Blank
© Gerhard Blank
Michael Grandt hat sich als Wirtschafts- und Finanzbestsellerautor einen Namen gemacht. Was der eine oder andere Leser aber vielleicht nicht weiß: Er ist auch Experte im Bereich Zeitgeschichte. Für seine Forschungen über die letzten KZs auf der Schwäbischen Alb wurde ihm 2005 die Staufermedaille, das ist die höchste Auszeichnung des Landes Baden-Württemberg, verliehen. Jetzt will er seine brisanten Recherchen über das Dritte Reich weiterführen und enthüllt Pläne zu einem sensationellen Projekt. KOPP Online führte ein spannendes Interview.

KOPP Online: Herr Dr. Grandt, in den letzten Jahren publizierten Sie ausschließlich zu den Themen Wirtschaft und Finanzen. Jetzt wollen Sie sich wieder verstärkt um Zeitgeschichte kümmern. Wie kamen Sie überhaupt darauf, auch Bücher über die Zeit des Dritten Reichs zu schreiben?

Interesse an dem Thema habe ich schon sehr lange. Ende der 1970er Jahre habe ich meinen Geschichtslehrer gefragt, warum in den Schulbüchern nichts davon steht, dass deutsche Frauen und Kinder auf der Flucht aus den Ostgebieten - im wahrsten Sinne des Wortes - abgeschlachtet wurden. Meine Familie väterlicherseits wurde nämlich aus Ostpreußen und Danzig vertrieben, wobei die Hälfte meiner Verwandtschaft ermordet wurde. Meine kleinen Nichten wurden mit an den Kopf gehaltenen Pistolen gezwungen, die Massenvergewaltigung meiner Tante mitanzusehen. Später ereilte die kleinen Mädchen dasselbe Schicksal.

KOPP Online: Und was antwortete Ihr Geschichtslehrer?

Dass diese Gräueltaten nicht auf dem Lehrplan stünden und somit auch nicht interessant seien. Das durfte und darf man bis heute in der Schule nicht erfahren. Genau das war der Grund, warum ich mich dann für die Zeit des Dritten Reiches interessierte und schnell feststellte, wie hier gelogen und manipuliert wird.

KOPP Online: Ist das wirklich so?

Meine Erkenntnisse nach 32 Jahren Recherchen und Forschungen: Wir sind nach wie vor massiven Geschichtsverfälschungen ausgesetzt. Besonders eifrig in der Geschichtsmanipulation sind dabei viele deutsche Historiker, die die Aussagen und Wertungen, die von den Alliierten in den Medien aus der Sicht der Sieger geschrieben wurden, immer noch eifrig verbreiten. Da frage nicht nur ich mich: Wirkt die Re-education, also die Umerziehung der Sieger über die Besiegten, immer noch nach? Angelsächsische Vertreter der Zunft sind bei weitem objektiver und veröffentlichen Bücher, mit denen ein deutscher Autor schon längst als Revisionist oder gar Rechtsradikaler stigmatisiert worden wäre.

KOPP Online: Sie meinen, die heimische Historikerzunft geht anders mit unserer Geschichte um, als das in anderen Ländern geschieht?

Genau das meine ich. Die moralische Selbstgeißelung in einem Klima pathologischer Selbstbezichtigungssucht gegen alle Aufklärungsarbeit ist bei uns besonders ausgeprägt. So wurde mir einmal ernsthaft erklärt, die Deutschen seien das einzige Land, das ihre Geschichte fälsche, auch wenn die Fakten zu ihren Gunsten sprächen, während alle anderen Staaten ihre Geschichte für sich manipulierten, wenn es gelte, Ansprüche zu erheben oder abzuwehren. Wir sind damit das einzige Land, das seine Geschichte zu seinen Ungunsten fälscht - und zwar vorsätzlich.


Kommentar: Die Verfälschung der Geschichtsschreibung ist nicht auf Deutschland begrenzt, sie ist im Gegenteil gängige Praxis, und das schon seit Hunderten von Jahren. Einen sehr aufschlussreichen Einblick bietet Marc Blochs Apologie der Geschichtswissenschaft oder Der Beruf des Historikers.


KOPP Online: Was genau sind Ihre Vorwürfe?

Dass immer noch Lügen als Wahrheit verkauft werden, dass unsere Geschichte - ausgerechnet von uns Deutschen selbst - manipuliert wird. Ferner, dass immer noch wichtige Dokumente und Akten unter Verschluss gehalten werden, die die Einordnung der Geschehnisse, die zu diesen Katastrophen führten, in ein völlig anderes Licht tauchen würden. Solange aber die aktive Auseinandersetzung mit der NS-Zeit nichtauch das Diskutieren und das Kritisieren der wissenschaftlichen Forschung beinhaltet, so lange wird man den Rechten Vorschub leisten.

Müsste ein objektiver Wissenschaftler aufgrund dieser desolaten Quellenlage beispielsweise ein juristisches Gutachten über die Entstehung des Zweiten Weltkrieges schreiben, würde er wohl zögern, sich genau festzulegen. Es gibt zwar keine Halbwahrheiten und doch besteht unser revidiertes, invalides Geschichtsbild in weiten Teilen genau aus diesen. Ich werde die nationalsozialistische Zeit nicht aus politischen Gründen umdeuten, sondern so darzustellen versuchen, wie sie anhand von Quellen und Fakten belegbar ist, auch wenn das nicht politisch korrekt ist.

KOPP Online: Im Mittelpunkt steht dabei die Person Adolf Hitler?

Nicht nur. Man kann die Weltgeschichte nicht einseitig, nicht nur aus einem Blickwinkel heraus betrachten: Kann ein Mann wirklich für alles verantwortlich gemacht werden, was Politiker anderer Länder in rund 30 Jahren für sich und ihre Nation entschieden haben, obwohl andererseits auch die ganze Welt Einfluss auf die Geschehnisse in Deutschland nahm? Es gibt aber Beweise dafür, dass ausländische Unternehmen die Nationalsozialisten unterstützten, obwohl sich diese bereits im Krieg mit ihren eigenen Regierungen befanden, und dafür, was sie über den Holocaust gewusst, wie sie zugesehen, geschwiegen und davon profitiert haben. In diesem Zusammenhang interessieren mich weitere Fragen:

Wieso wurde Hitlers Aufstieg nicht verhindert? Sein Buch Mein Kampf wurde schon Mitte der 1920er Jahre vertrieben, jeder der lesen konnte, wusste über seine Pläne Bescheid. Wieso wurde er toleriert? Wieso brachten ihn die Konservativen an die Macht? Wieso schlossen die katholische Kirche und der Papst ein Konkordat mit Hitler? Wieso unterstützten viele ausländische Unternehmen Adolf Hitler mit Geld? Wieso wurde der deutsche Widerstand von den Alliierten nicht unterstützt? Wieso wurde Hitler durch die alliierte Außenpolitik gar noch ermuntert? Er hätte durch eine energische Reaktion bereits 1936 bei der Besetzung des Rheinlands gestoppt werden können und bei einer Kriegserklärung im Jahre 1938 wären die Alliierten zweifellos in einer militärisch günstigeren Lage als das Deutsche Reich gewesen. Das Ausland wusste bereits sehr früh über den Holocaust Bescheid. Wieso wurde er nicht verhindert? Wieso wurden die Gleise nach Auschwitz nicht bombardiert? Wieso verbot Stalin 1943 das von Pawel Sudoplatow geplante Attentat auf Hitler? Wieso geschah all dieses nicht?

Sie sehen also, jede Menge Fragen für einen objektiven Historiker, deren Beantwortung sich aber unsere Wissenschaftler weitgehend verweigern.

KOPP Online: Dann sehen Sie in Ihrer Arbeit die Bereiche Wirtschaft, Finanzen und Geschichte als eine Einheit?

Genau. Es gibt viele Finanz- oder Wirtschaftsexperten. Aber ich kenne nur sehr wenige, die diese Themen ganzheitlich sehen. Historische Ereignisse aber erzeugten die Ökonomie und die Ökonomie wiederum bringt Geschichtsträchtiges hervor - wir sehen das gerade jetzt in den Umbrüchen der arabischen Welt, aber auch in den EU-Südstaaten. Man kann also Wirtschaft, Finanzen und Geschichte nicht einzeln betrachten, sondern nur im Zusammenhang. Nur so lassen sich bestimmte Handlungsweisen historischer Protagonisten erklären.

KOPP Online: Es wird also in Zukunft mehr zeitgeschichtlichen Content von Ihnen auf KOPP Online geben?

Ja. Ich agiere dabei als Journalist und fühle mich nichts anderem als der objektiven Recherche verpflichtet. Der Leser kann sich so ein eigenes Bild machen. Kritikern sei angeraten, nicht polemisch zu reagieren, sondern meine Quellen zu widerlegen. Nicht jeder, der andere Tatsachen recherchiert als die politisch korrekten, ist gleich in die rechtsradikale Ecke zu drängen. Wahrheit tut weh, aber sie zu äußern ist niemals ein Verbrechen. Dennoch gebe ich Folgendes zu bedenken: Wie groß ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Diktatur und einer Demokratie, wenn man doch nur sagen und schreiben darf, was momentan erlaubt ist?


Kommentar: Das ist ein wichtiger Punkt. Demokratie ist nur ein schön klingendes Wort, das mit der Realität nichts gemein hat, wenn die Mainstreampresse tagtäglich zensierte Nachrichten und ausgemachte Lügengeschichten verbreitet. Auf diese Weise wird mit jedem neuen Tag eine falsche Geschichtsschreibung betrieben - zumindest für all jene, die den 'offiziellen Versionen' blind vertrauen.


KOPP Online: Im Vorgespräch deuteten Sie ein gigantisches Projekt an, an dem Sie arbeiten. Was hat es damit auf sich?

Es ist ein Projekt, an dem ich seit mehr als sieben Jahre arbeite. Es hat den Titel »Das Hitler-Tribunal«. Mich interessierte, wie wohl ein Prozess verlaufen wäre, wenn Adolf Hitler tatsächlich in Nürnberg vor einem internationalen Militärtribunal gestanden hätte. Diese Frage ließ mich nicht mehr los. Mehr als 50 000 Seiten Akten, Dokumente und Beweismaterial des Internationalen Militärgerichtshofs (IMT) zu Nürnberg mussten gesichtet und durchgearbeitet werden. Dazu kamen Hunderte zeitgeschichtlicher Bücher, Artikel, Interviews, Briefanfragen, wissenschaftlicher Abhandlungen und endlose Recherchestunden in Archiven. Ich interviewte viele Zeitzeugen, ob nun ehemalige Soldaten, Zivilisten, Bombenopfer, KZ-Häftlinge oder Kriegsgefangene. Milieustudien, Spurensuche, Zeitzeugenbefragungen und Recherchen führten mich an die Orte des Geschehens: Berlin, München, Nürnberg, Dresden, Wien, London, Paris, Rom, Jerusalem, Amsterdam, Lüttich, Lissabon, Zürich, Warschau, Budapest, Prag; in den Vatikan, auf den Obersalzberg, in die ehemaligen Konzentrationslager auf der Schwäbischen Alb, nach Dachau und nach Auschwitz.

KOPP Online: Wie gliedert sich dieses Projekt?

Die Gerichtsverhandlung unterscheidet sich vom wahren Prozess darin, dass sich »mein« Militärtribunal neutral verhält. Dies war im realen Prozess nicht möglich und die Verteidiger durften Argumente, die die Angeklagten entlasten könnten, nicht vorbringen. Auch Beweismaterial dazu wurde vom Gericht nicht anerkannt. Mein Ziel ist es, einen fiktiven Prozess gegen Adolf Hitler aufgrund von zeitgeschichtlichen Fakten darzustellen. Die Geschehnisse der Jahre 1914 bis 1945 sollen durch Dialoge und rhetorische Auseinandersetzungen vor Gericht anschaulich gemacht werden.

KOPP Online: Das »Hitler-Tribunal« ist also eine Doku-Fiktion?

Das »Was-wäre-wenn« Adolf Hitler den Krieg überlebt und tatsächlich in Nürnberg vor Gericht gestanden hätte, habe ich so nahe wie möglich an die tatsächlichen Gegebenheiten angelehnt. Ich habe alle Hitler-Reden genau studiert und analysiert, um wortgetreue Dialoge schreiben zu können. Alles, was Hitler sagt, ist authentisch, alles, was sein Verteidiger vorbringt, historisch verbürgt und mit seriösen Quellen belegt.

KOPP Online: Worin liegt die Besonderheit?

Wie schon erwähnt: Alles, was Hitler sagt, hat er tatsächlich von sich gegeben oder geschrieben. Ich will Adolf Hitler selbst sprechen lassen. Bedenken Sie: Es gibt Tausende von Büchern über seine Person, aber nur sehr wenige, in denen er selbst das Wort ergreift. Wir müssen, fast 70 Jahre nach seinem Tod, einfach den Mut dafür aufbringen, ihn zu hören. Kritik an dieser Herangehensweise spricht meiner Meinung nach gegen die Fähigkeit, historische und auch psychologische Zusammenhänge im Kontext der damaligen politischen Weltgeschichte deuten zu können.

Wir müssen Adolf Hitler, auch wenn es weh tut, auch wenn man sich dagegen sträuben möchte, als »Menschen« begreifen, mit Fehlern, Vorurteilen und Vorlieben. Alles andere ist nicht professionell. Aber nicht Geschichtsverfälschung oder -kittung ist mein Anliegen, sondern eine möglichst objektive Beschreibung der Menschen und Umstände jener unheilvollen Zeit.


KOPP Online: Das klingt sehr interessant, wann wird das Projekt fertiggestellt sein?

Es ist ein großes Projekt, an dem ich sicherlich noch Jahre arbeiten werde. Aber so viel sei schon verraten: Es soll eine Buchreihe werden und der erste Band mit dem Thema »Wege zur Macht«, bei dem es um Hitlers Aufstieg geht, könnte schon nächstes Jahr realisiert werden. Wenn genügend Interesse besteht und sich viele Leser beim Kopp-Verlag melden. (Michael Grandt lächelt.)

KOPP Online: Wie würden Sie Ihre Intention beschreiben?

Mein Bestreben ist es nach wie vor, nicht wie ein verblendeter Historiker zu agieren, sondern ein sachlicher Analytiker zu sein, dem vorgestanzte Meinungen egal sind und der stattdessen Dokumente und Beweise sprechen lässt. Ich werde mich auch weiterhin nicht dazu hinreißen lassen, eine ideologische Manipulation der historischen Hintergründe vorzunehmen, nur um den medialen »Gutmenschen« zu gefallen. Denn mit unserer Geschichte müssen wir verantwortungsvoll und nicht manipulativ oder verlogen umgehen. Die heimische Geschichtsschreibung krankt an einer erschreckenden Einseitigkeit, die mit den realen Geschehnissen nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Alles muss auf den Tisch, alle Fakten, alle Beweise, alle Dokumente, um ein objektives Bild über Hitler und den Nationalsozialismus zu erhalten. Ich mag Verteufelungen genauso wenig wie Verherrlichungen - mag das dem einen oder anderen passen oder nicht.