Bild
© rz
Geruchsbelästigung oder Gefahr? Menschen im Taunus haben Chlorgestank satt

Die Angst kommt aus dem Wasserhahn. Angst vor Hautreizungen. Angst vor Asthmaanfällen. Schuld daran ist offenbar verchlortes Taunus-Trinkwasser, das sensible Menschen nicht vertragen. Doch die Wasserversorger sehen keine Alternative und chloren munter weiter. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Den Menschen im Taunus stinkt das jetzt.

Dreht man den Wasserhahn auf, riecht es nach Chlor. Feine Nasen nehmen es immer wahr, manche nur, wenn es wieder besonders schlimm ist. Vor allem an trüben Tagen. Dann riecht es wie im Schwimmbad. Hans-Jürgen Hildebrandt aus Nieder-Josbach stinkt das. Er fordert die Wasserversorger auf: „Hört endlich auf, unser Wasser zu verchloren!“ Oft sei die Belastung so extrem, dass er nur noch mit stillem Wasser aus dem Supermarkt seinen Kaffee oder Tee zubereiten könne. „So schlimm ist es.“

In vielen Taunus-Gemeinden ist die Lage noch wesentlich dramatischer. Dort wird das Wasser grundsätzlich gechlort. Horst Zeiger, bei den Stadtwerken Oberursel verantwortlich für die Wasser-Überwachung, gibt zu: „Wir desinfizieren dauerhaft mit Chlordioxid.“ Das sei dringend nötig, weil die Bodenbeschaffenheit des Taunus so durchlässig und dünn sei, dass nicht alle Keime auf natürliche Weise herausgefiltert würden. Dennoch würde der Grenzwert für das Chlordioxid immer eingehalten.

Den Menschen im Taunus schmeckt das trotzdem nicht. Das weiß auch Zeiger: „Wir haben immer wieder Beschwerden über den Chlorgeruch im Trinkwasser. Zeitweise sogar massiv.“ Dennoch sieht er keinen Ausweg: „Es gibt zurzeit keine wirkliche Alternative.“ Man sei allerdings mit dem Problem beschäftigt.

In Bad Homburg ist man sich offenbar der Dauerchlorung nicht bewusst. Beim dortigen Wasserversorger heißt es: „Unser Wasser wird nicht mit Chlordioxid desinfiziert.“ Dass allerdings der Teil des Bad Homburger Wassers, der vom Versorger Hessenwasser dazugekauft wird, immer wieder mit Chlordioxid versetzt ist, erwähnt der Versorger nicht.

Hubert Schreiber von der Hessenwasser bestätigt, dass das Wasser regelmäßig zu Testzwecken mit Chlordioxid desinfiziert werde. In der Wassergewinnungsanlage in Kohden bei Nidda sogar dauerhaft. „Das Wasser aus Kohden wird aber mit anderen Wässern vermischt. Am Ende ist das Chlor nicht mehr nachzuweisen.“

Das hört sich zwar beruhigend an, ist aber Auslegungssache. Denn die Tests gibt es in unterschiedlichen Genauigkeiten. Hubert Schreiber räumt das ein: „Unsere Maßgabe ist der in der Trinkwasserverordnung angegebene Höchstwert. Und der wird nicht überschritten.“

Dennoch können offenbar auch geringere Mengen Chlordioxid für empfindliche Menschen eine Gefahr darstellen. Natascha Freier aus Frankfurt etwa klagte im EXTRA TIPP schon im November über Stink-Wasser, das aus dem Taunus nach Frankfurt geleitet wird. Sie hatte davon Atemnot bekommen und ihre Tochter Lara Hautjucken. Eine Wissenschaftlerin bestätigte damals die Symptome als typisch.

Hans-Jürgen Hildebrandt hat die Augenwischerei der Wasserversorger deshalb satt: „Trinkwasser ist ein Lebensmittel. Und da gehört kein Chlor hinein. Also lasst es endlich weg!“