Maschine noch in der Luft zerborsten - Keine Angaben über möglichen Raketenbeschuss - Brüchige Waffenruhe: Fünf Soldaten getötet - EU berät am Mittwoch erneut über Sanktionen
MH17
© onderzoeksraad.nl Durchlöchertes Wrackteil der MH17
Den Haag/Kiew - Rund zwei Monate nach dem Absturz der Passagiermaschine der Malaysia Airlines in der Ostukraine (Flug MH17) haben niederländische Experten am Dienstag einen ersten Ermittlungsbericht vorgelegt. Darin kommen sie zur Erkenntnis, dass das Flugzeug von "mehreren Objekten mit hoher Energie" durchsiebt wurde und bereits in der Luft auseinanderbrach. Wodurch dies geschah, blieb vorerst unklar.

Der Absturz der Boeing 777-200 sei "wahrscheinlich auf strukturelle Schäden zurückzuführen, die von einer großen Zahl an Objekten verursacht wurden, die das Flugzeug mit hoher Geschwindigkeit von außen durchdrangen", heißt es in dem in Den Haag vorgelegten Bericht. Die Schlussfolgerungen der Ermittler, Objekte hätten den Flugzeugrumpf von außen durchbohrt, stützen die These, dass das Flugzeug abgeschossen worden sei. Womit dies geschehen ist - eine Rakete der Separatisten, wie vom Westen vermutet, oder ein Kampfflugzeug der ukrainischen Armee, wie von den Separatisten und von Russland behauptet -, geht aus dem Bericht nicht hervor.


Kommentar: Das ist nicht überraschend angesichts der Tatsache, dass der Westen Russland die Schuld für den Absturz der MH17 gab. Hier eine sehr lesenswerte Analyse zum Thema:

Asymmetrische Kriegsführung: MH17 Terror unter falscher Flagge und der "Krieg" gegen Gaza und Putin


Um genau zu bestimmen, was den Absturz verursachte, müssten weitere Details erforscht werden, berichtete die niederländische Zeitung "de Volkskrant" (Online). Ähnlich äußerte sich der russische Experte Oleg Stortschewoj. "Der Bericht ist erst der Beginn einer langwierigen Arbeit. Die objektive Untersuchung muss fortgesetzt werden", sagte Stortschewoj der Agentur Interfax. "Leider ist viel Zeit verstrichen - es wird kompliziert sein, alle Ursachen zu ermitteln", so Stortschewoj, der den Report als wenig aussagekräftig bezeichnete. Die Leichen der Passagiere seien lange ohne Untersuchung an der Absturzstelle gelegen, und die Wrackteile seien in der ukrainischen Kampfzone möglicherweise in Mitleidenschaft gezogen worden.

Tatsächlich hatten die Experten des niederländischen Sicherheitsrates (VOO) kaum Zugang zu den Wrackteilen vor Ort. Bei ihrer Auswertung mussten sie sich auf die Auswertung von Fotos stützen, die vor Ort gemacht wurden. Die Bilder gäben jedoch eindeutige Hinweise darauf, dass der Flugzeugrumpf von außen durchbohrt wurde. Radar-Aufzeichnungen, Stimmenrekorder und der Flugschreiber wurden ebenso ausgewertet wie der Wetterbericht. Das Wetter soll aber keinen Einfluss auf den Absturz von Flug MH17 gehabt haben. Auch technisches Versagen oder Fehler der Besatzung wurden als Grund für den Absturz ausgeschlossen. Die Flugschreiber und die Daten der Luftverkehrsleitung wiesen dem Bericht zufolge auf einen normalen Flugverlauf hin.

Die Boeing war am 17. Juli auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur abgestürzt, alle 298 Insassen kamen dabei ums Leben - die meisten davon waren Niederländer.

Die am Freitag beschlossene Waffenruhe für die Krisenregion bleibt indes brüchig. Seit Beginn der Feuerpause seien bei vereinzelten Kämpfen fünf ukrainische Soldaten getötet und 33 weitere verletzt worden, erklärte ein Militärsprecher in Kiew. Zuvor hatte das Verteidigungsministerium von vier toten Soldaten gesprochen. Seit Freitag hätten die prorussischen Rebellen außerdem rund 650 gefangene ukrainische Soldaten freigelassen. Kiew bemühe sich um die Freilassung weiterer 500 Gefangener. Präsident Petro Poroschenko hatte am Vortag erklärt, die Rebellen hätten rund 1.200 Gefangene übergeben. Der Militärsprecher sagte dazu, Poroschenko habe sich auf die Gesamtzahl der Menschen bezogen, die in der Gewalt der Rebellen vermutet würden.

Moskau drang indes auf baldige Gespräche über die Zukunft der Ostukraine. Entsprechende Verhandlungen müssten rasch beginnen, forderte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Die am Freitag in Weißrussland erzielte Vereinbarung sehe vor, dass über den "Status des Südostens der Ukraine" verhandelt werde. Die Separatisten gaben am Sonntag an, dass binnen einer Woche über den Status gesprochen werden solle.

Angesichts des Vorgehens der russischen Führung in der Ukraine-Krise verschärfte die Europäische Union am Montagabend erneut ihre Sanktionen. Sie treten allerdings erst in einigen Tagen in Kraft - dies gebe Zeit, um die Umsetzung des Friedensplanes bzw. der am Freitag vereinbarten Waffenruhe zu beurteilen, so die Begründung. Erst mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU werden die Strafmaßnahmen wirksam. Wann dies erfolgen werde, war zunächst unklar. Eine Sprecherin der Kommission erklärte, die EU-Staaten würden zu entscheiden haben, ob die beschlossenen Sanktionen, die in den nächsten paar Tagen in Kraft treten könnten, überhaupt veröffentlicht werden. Die EU-Botschafter der Staaten treffen am morgigen Mittwoch neuerlich in dieser Frage zusammen. Dabei geht es auch um die Einschätzung der Situation rund um Waffenstillstand und Friedensplan in der Russland-Ukraine-Krise.

Österreichs Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) machte nach dem Ministerrat zwar klar, "keine Freude mit den Sanktionen" zu haben, es gehe aber um die Solidarität mit der EU. Die Ukraine sei ein souveräner Staat, und es sei nicht akzeptabel, dass der Nachbar dort Soldaten habe, unterstrich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Die FPÖ empörte sich und ortete eine weitere Eskalation nach Beschluss neuer Strafmaßnahmen. Die Regierung habe "tausende österreichische Arbeitsplätze auf dem Altar der EU-Hörigkeit" geopfert, so Parteigeneralsekretär Herbert Kickl in einer Aussendung. Beim morgigen Sozialpartner-Gipfel berät die Regierung über die Auswirkungen der Russland-Sanktionen auf die österreichische Wirtschaft.

(APA)

Preliminary report: Crash involving Malaysia Airlines Boeing 777-200 flight MH17 (pdf)