Nach dem Ausbruch des japanischen Vulkans Ontake werden dutzende Tote befürchtet. Rund 250 Wanderer und Pilger sind von der Aschewolke und den giftigen Dämpfen überrascht worden. Laut Behörden sollen die Eruptionen nicht vorherzusehen gewesen sein

Ontake Eruption
© foto: reuters/kyodoDie Besucherstation ist wie alles unter dem Gipfel des japanischen Vulkans Ontake mit Asche bedeckt.
Tokio - Es gab keine Vorwarnung: Als der Vulkan Ontake in der japanischen Präfektur Nagano am Samstag ausbrach, sollen sich rund 250 Wanderer und Pilger unter dem Gipfel in rund 3000 Meter Höhe aufgehalten haben. Auf sozialen Online-Netzwerken verbreitete Handyvideos zeigen Menschen auf der Flucht vor dicken Rauchwolken, die sich sehr schnell den Berghang herunterwälzen. Die Besucherstation samt Berghütte war zentimeterdick von Asche bedeckt. Am Sonntag ging man davon aus, dass dutzende Menschen in den giftigen Schwaden erstickt sein könnten und rund 40 teils schwere Verletzungen erlitten haben.

Hunderte Rettungskräfte haben am Montag ihren Bergungseinsatz fortgesetzt. Zwölf Leichen haben die Bergungskräfte bereits vom Berg geholt. Die Bergungsarbeiten waren am Sonntag wegen der Gefahr weiterer Eruptionen und starker Schwefelschwaden abgebrochen worden.

Lebendig begraben

540 Bergungskräfte kämpften sich inzwischen am Montagmorgen erneut auf den Berg vor, der weiter bebte und Rauch ausstieß. Das Marschieren ist für die Einsatzkräfte wegen der dicken Ascheschicht auf den Hängen des 3067 Meter hohen Vulkans extrem anstrengend, wie der Fernsehsender Nihon TV berichtete. Um leichter voranzukommen, tragen die Männer keine schweren Sauerstoffflaschen mit sich.

Augenzeugen berichteten, manche der Opfer seien lebendig begraben worden. Andere hätten verzweifelt versucht, sich einen Fluchtweg durch die kniehohe Asche zu bahnen. Mehr als drei Dutzend Menschen kamen Behördenangaben zufolge mit Verletzungen davon. Über die Nationalität der Opfer lagen zunächst keine Angaben vor.

Quelle: youtube/Kuroda Terutoshi
Am Sonntag musste die Rettungs- und Bergeaktion, an der auch Hubschrauber des japanischen Militärs beteiligt waren, wegen starker Schwefelschwaden immer wieder unterbrochen werden. Wegen der Gefahr andauernder Eruptionen konnten mehrere Hundert Rettungskräfte ihren Einsatz überhaupt erst am Sonntagmorgen beginnen. Viele Wanderer hatten die Nacht auf dem Berg ausharren müssen.

Der plötzliche Ausbruch des aktiven Vulkans förderte zwar keine Lava zutage, doch mehrere Personen sollen durch aus der Caldera geschleuderte Gesteinsbrocken verletzt worden sein. Auf die Menschen fielen Asche und Gesteinsbrocken nieder. "Einige waren so groß wie Autos", schilderte Sayuri Ogawa, die eine Gruppe von Wanderern auf den Gipfel geführt hatte.

Brennende Rucksäcke

"Unter uns waren welche, deren Rucksäcke zu brennen begannen", schilderte ein anderer Überlebender. "Ich wurde von Steinen am Rücken und den Füßen getroffen. In dem heißen Wind konnte ich kaum atmen", sagte der 60-jährige Takao Kamata in einem NHK-Interview. Er selbst habe überlebt, weil er mit den Händen einen Hohlraum vor dem Mund bildete, um nicht zu ersticken. Wäre er direkt in einen sogenannten pyroklastischen Strom geraten, hätte er keine Überlebenschance gehabt. Diese Lawinen aus heißer Asche und Luft können bis zu 300 km/h schnell werden.

Der 3067 Meter hohe Ontake-Vulkan erhebt sich zwischen den Zentralprovinzen Nagano und Gifu. Bei der letzten großen Eruption im Jahr 1979 spie der Berg mehr als 200.000 Tonnen Asche. Eine weitere kleinere Eruption ereignete sich 1991, gefolgt von mehreren vulkanischen Beben im Jahr 2007. Die etwa 200 Kilometer westlich von Tokio gelegene Region ist ein beliebtes Wandergebiet. Vor allem im Herbst, wenn sich das Laub färbt, kommen viele Besucher. Für bestimmte Shinto-Gruppierungen hat der Berg außerdem eine zentrale religiöse Bedeutung.

Ring of Fire

Bei der meteorologischen Behörde in Tokio hieß es, der Ausbruch sei nicht vorherzusehen gewesen. Zwar seien Mitte September Erschütterungen gemessen worden, das sei jedoch nicht ungewöhnlich. Nun wurden Bewohner in einem Umkreis von vier Kilometern vor weiteren Eruptionen gewarnt.

In Japan gibt es rund 265 Vulkane, etwa 100 davon gelten als aktiv. Der bekannteste und höchste ist der Fuji mit 3776 Metern. Die japanischen Vulkane gehören zum sogenannten Ring of Fire, einem Vulkangürtel im Pazifischen Ozean. Auf den westpazifischen Inselbogen, zu dem auch die Feuerberge Japans zählen, entfällt fast die Hälfte aller Vulkane auf der Erde.

Galt bis 1979 als nicht aktiv

Der Vulkan Ontakesan liegt rund 200 Kilometer westlich von Tokio auf der japanischen Hauptinsel Honshu. Mit 3.067 Meter ist er nach dem Fuji der zweithöchste Vulkan Japans. Der am Samstag erneut ausgebrochene Feuerberg galt bis zu seiner von Oktober 1979 bis April 1980 dauernden Eruption als nicht aktiv.

1984 gab es am Südhang des Ontakesan bei einem Erdrutsch nach einem Erdbeben mehr als 30 Tote. Kleinere Ausbrüche gab es zudem 1991 und 2007. In einem Umkreis von fünf Kilometern um den Gipfel leben nur rund 180 Menschen. Viele Japaner kommen aber als Pilger zu Shinto-Schreinen oder als Bergwanderer auf den Ontakesan.

(AFP, APA, simo)