Eine Revision der Geschichte erfolgt üblicherweise lange, nachdem die Ereignisse stattgefunden haben und die Sieger peinliche oder unangenehme Wahrheiten unter den Teppich gekehrt sehen wollen. Im heutigen Zeitalter der Information halten es diese vermeintlichen Sieger aber für immer wichtiger, die Geschichte in Echtzeit zu verändern. Dazu greifen sie zum Mittel der sich rasch wiederholenden Propaganda. Doch die verliert auch immer schneller immer stärker an Wirkung.

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Phase I: Rechtfertigung des Chaos

Erst 2007 war ein Krieg gegen den Iran, gegen Syrien und gegen die libanesische Hisbollah ein offener Bestandteil der amerikanischen Außenpolitik. Gleichzeitig sollten im damals noch von US-Truppen besetzten Irak die proiranischen Gruppen an den Rand gedrängt werden. Da dies nicht direkt gelang, planten die USA einen (nicht wirklich) verdeckten Stellvertreterkrieg. Dazu gehörte es, einen bunten Strauß an Gruppen zu finanzieren, politisch zu unterstützen und gegebenenfalls sogar mit Waffen auszustatten - von der Muslimbrüderschaft bis hin zu Milizen aus dem Dunstkreis von al-Qaida selbst.

Am besten zusammengefasst ist dies wohl in dem hellseherischen Bericht, den der Pulitzer-Preisträger Seymour Hersh 2007 im New Yorker veröffentlichte. In dem Bericht (The Redirection: Is the Administration’s new policy benefiting our enemies in the war on terrorism?) heißt es:
»Um den vorwiegend von Schiiten bewohnten Iran zu unterminieren, hat die Regierung Bush beschlossen, ihre Prioritäten für den Nahen Osten neu auszurichten. Im Libanon hat die Regierung mit Saudi-Arabiens sunnitischer Regierung kooperiert und verdeckt daran gearbeitet, die Hisbollah zu schwächen, die vom Iran unterstützte Schiiten-Organisation. Auch an verdeckten Aktivitäten gegen den Iran und dessen Verbündeten Syrien haben sich die USA beteiligt. Eine Nebenwirkung dieser Aktivitäten besteht darin, dass sunnitische Extremistengruppen gestärkt wurden, die den Islam militant interpretieren, Amerika feindselig und al-Qaida freundschaftlich gegenüberstehen.«
Hersh führte dann auf, wie Amerika die Muslimbrüder politisch und finanziell unterstützte, und zwar noch unter Präsident George Bush. Die vermeintlich spontanen Aufstände, die in westlichen Medien als »Arabischer Frühling« bezeichnet werden, wurden tatsächlich über Jahre hinweg geplant.

Ziel war es keineswegs, friedliche demokratiefreundliche Forderungen zu fördern, sondern eine Tarnung zu liefern für ultrabrutale, vom Ausland finanzierte Aufstände, die eine Schneise der Verwüstung schlagen würden, die sich über Afrikas Nordküste bis hin zu den Grenzen des Iran, Russlands und sogar nach China erstrecken würde.

Phase II: Der Krieg

Sie hatten eine Beteiligung an den Unruhen des »Arabischen Frühlings« dementiert, aber schon bald darauf unterstützten die USA nicht nur offen die Demonstranten auf den Straßen, sie unterstützten auch bewaffnete Milizen, die im Zuge der Proteste auftauchten. Diese Hilfe hatte auch eine militärische Ebene. Milizen in Libyen erhielten Unterstützung aus der Luft und ihnen wurden anfangs Sonderkommandos an die Seite gestellt. Später wurden noch per Flugzeug Waffen, Ausrüstung und Vorräte abgeworfen.

Der republikanische Senator John McCain reiste sogar nach Bengasi, in die Terroristenhauptstadt Libyens, und bot dort persönlich die Unterstützung der USA an. Er stand auf den Stufen des Gerichtsgebäudes in Bengasi, wo kurz darauf Demonstrationen von al-Qaida stattfanden, und versprach Männern, die kurz darauf einen amerikanischen Botschafter abschlachten würden, sie mit Waffen zu beliefern.

Nachdem inmitten der Intervention der NATO die libysche Regierung zerstört worden war, diente Bengasi den Terroristen als Drehkreuz. Hier wurden Waffen, Geld und Kämpfer aufgefahren, bevor es weiter zum NATO-Mitglied Türkei und von dort aus zum Kämpfen in den Norden Syriens ging. Unter den Terroristen waren erfahrene Milizionäre der Libyschen Islamischen Kampfgruppe (LIFG), einem offiziellen al-Qaida-Ableger in Nordafrika. Einer der LIFG-Anführer, Abd Al-Hakim Balhadsch, übernahm nach dem Auseinanderbrechen der libyschen Regierung in Tripolis die Macht und ließ sich sogar gemeinsam mit Senator McCain fotografieren.

Als die NATO Ressourcen und Aufmerksamkeit weg vom Sturz der libyschen Regierung und hin zum Sturz der syrischen Regierung umschichtete, eskalierte, wie nicht anders zu erwarten, der gegen Damaskus gerichtete Konflikt. Er wurde jedoch kein Erfolg. Stattdessen fand sich der Westen in einem langwierigen Stellvertreterkrieg wieder. Dass der Westen sektiererische Hardcore-Extremisten bewaffnete, steuerte und begünstigte, wurde dabei immer offensichtlicher.

Phase III: Der »Aufstieg« von ISIS

Natürlich erfolgte der Aufstieg des sogenannten »Islamischen Staates« (ISIS) nicht über Nacht und auch nicht zufällig. Er war nicht nur die logische Folge dessen, dass die Vereinigten Staaten ihre Strategie der Stellvertreterkriege fortsetzten, die sie gegen Libyen und nun gegen Syrien fuhren. Er war auch das vorsätzliche und dokumentierte Ergebnis dessen, vor dem der erfahrene Journalist Seymour Hersh 2007 gewarnt hatte.

Es ist eine Bedrohung, die nicht nur Syrien allzu gut versteht, sondern auch Syriens Verbündete wie der Irak, der Iran und Russland - eine Bedrohung, gegen die sie mobil machen.

Die USA sind dabei, die Geschichte zu revidieren. Sie versuchen zu erklären, wie ISIS zusammenpasst mit der massiven Unterstützung, die die USA den vermeintlichen »Gemäßigten« in Syriens fortdauerndem Konflikt zukommen ließ.

ISIS sei durch »Spenden« so groß geworden, durch Verkäufe von Öl auf dem Schwarzmarkt und durch Geiselnahmen mit anschließender Lösegeldforderung, behaupten die USA. Wenn es so einfach wäre, eine multinationale Terrorsöldnertruppe hochzuziehen, sollten doch Syrien, der Irak und der Iran innerhalb eines Nachmittags etwas auf die Beine stellen können, das es bequem mit ISIS aufnehmen kann.

Die Realität ist eine andere. Die USA und ihre regionalen Partner haben »gemäßigte Kräfte« mit milliardenschweren Hilfslieferungen versorgt, aber dann kam ISIS und verdrängte diese »gemäßigten Kräfte«? Wir müssen einsehen, dass es überhaupt niemals »gemäßigte Kräfte« gab, sondern dass die USA vorsätzlich Terroristen bewaffnete und finanzierte, genau so, wie Hersh 2007 gewarnt hat. Ziel war es, eine Terrorsöldnerarmee zu erschaffen, die »den Islam militant interpretiert« und die »al-Qaida freundschaftlich gegenübersteht«.

ISIS hat keine »gemäßigten Kräfte« verdrängt, vielmehr hat die Wahrheit der amerikanischen Handlungen im Nahen Osten die Lügen verdrängt, die der Westen der Öffentlichkeit seit 2011 auftischt, seit dem Höhepunkt des »Arabischen Frühlings«.

Die Menschen in aller Welt müssen diese Wahrheit nun schneller verbreiten, als der Westen sein Chaos verbreiten kann.

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