Baby/Stillen
© UnbekanntJunger Vertreter jener Säugetierart, die in Relation zum Gewicht das größte Gehirn hat.
Ein Vergleich von 128 verschiedenen Säugetierarten zeigt: Auch lange Schwangerschaft tut gut

Washington - Säugetiere (wissenschaftlich: Mammalia) müssten nicht notwendigerweise Säugetiere heißen, argumentieren feministische Wissenschaftshistorikerinnen wie Londa Schiebinger. Es gebe nämlich noch eine ganze Reihe weiterer Merkmale, die den Vertretern dieser Tierklasse exklusiv wären wie zum Beispiel ihre Behaarung. Doch Carl von Linné, der große Klassifikator der Natur, habe sich bei der Begriffswahl auch von damaligen politischen Debatten leiten lassen.

Wie wichtig das Stillen und andere körperliche "Investitionen" der Mutter für diese Tierklasse tatsächlich sind, zeigen nun britische Forscher um Robert Barton von der Universität Durham im US-Fachblatt PNAS. Die Anthropologen fanden im Vergleich von 128 verschiedenen Säugetierarten (inklusive Homo sapiens) nämlich eindeutige Zusammenhänge zwischen der Hirngröße und der Dauer der Tragezeit und des Stillens.

Konkret: Je länger die Schwangerschaften dauern und die Kleinen nach der Geburt Muttermilch bekommen, desto größer werden ihre Gehirne, wie Barton an Mensch und Damhirsch veranschaulicht: Bei den Paarhufern, die in etwa gleich schwer sind wie wir, beträgt die Tragezeit nur sieben Monate und die Stillzeit danach höchstens sechs Monate. Ihre Hirne sind aber sechsmal kleiner als jene der Homo sapiens.

Man habe bereits gewusst, dass Tierarten mit größeren Gehirnen sich langsamer entwickeln, später erwachsen werden und länger leben, so Barton. Aber es sei nicht klar, wie und warum Hirn- und Lebensentwicklung zusammenhängen. Die neue Erklärung der Forscher: Die langsame Entwicklung habe mit den aufwändigen "Investitionen" der Mütter zu tun. Ihre Ergebnisse würden im übrigen auch die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigen. Die rät Müttern, ihre Kinder sechs Monate zu stillen und zwei Jahre lang zusätzlich mit Muttermilch zu versorgen. (tasch, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29. März 2011)