Große Temperaturabweichungen von der Norm in Europa. Was das für unseren Winter bedeutet:

Vergleicht man die aktuellen Temperaturen, die in Deutschland herrschen, mit anderen europäischen Ländern, so kommt man zu Ergebnissen, die manch einen überraschen dürften. So ist es heute in einigen Regionen bei uns kälter als am Nordkap und wärmer als am Schwarzen Meer. Wie kommt das?
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Deutschland normal temperiert

Deutschland ist mit Höchsttemperaturen, die heute im Flachland meist zwischen 4 und 9 Grad liegen, dabei allerdings nicht ungewöhnlich aufgestellt. Nur in Alpennähe ist es dabei mit bis zu 12 Grad spürbar zu warm, ansonsten sind die Abweichungen der Höchsttemperaturen im Vergleich zu langjährigen Mittelwerten gering - im Osten etwas darunter, im Westen etwas darüber.

Dieser Witterungsabschnitt mit Durchschnittstemperaturen ist allerdings nur ein Übergangsphänomen. Erinnern wir uns an die letzten Wochen, so wissen wir, dass wir aus einer Phase mit ungewöhnlich lang anhaltenden, hohen Temperaturen heraus kommen. Die kommende, sich nun einstellende Wetterperiode wird dagegen wohl etwas kälter als normal ausfallen.

Was dreht das Temperaturkarussell?

Der Grund für diese häufig deutlich von den Mittelwerten abweichenden Temperaturen ist in der großräumigen atmosphärischen Zirkulation zu suchen. Dabei schauen wir uns den polaren Jetstream genauer an, das ist ein Starkwindband, das in großer Höhe von West nach Ost um unsere Erde reicht an der Grenze zwischen polarer Luft im Norden und gemäßigt wärmerer Luft im Süden. Er beeinflusst gerade für uns in Mitteleuropa maßgeblich unser Wetter.

Verläuft dieser Polarjet recht "glatt", so bekommen wir bei uns in Mitteleuropa einen wechselhaften und oft milden Winter, bei dem mit westlicher Strömung häufig Tiefs milde Atlantikluft heran bringen. Doch bereits seit längerer Zeit zeigt dieses Windband große Auslenkungen nach Norden und Süden. Das bedeutet, dass hier die polare Kaltluft sehr weit nach Süden vorankommt (jüngstes Beispiel: der extreme Wintereinbruch in den USA) und dort Warmluft sehr weit nach Norden (wie in den letzten Wochen bei uns in Deutschland mit vielen neuen Wärmerekorden).

Wetter Dez 2014
© Unbekannt
So wundert es auch nicht, dass aktuell die Temperatur auch in anderen europäischen Ländern deutlich von den Durchschnittswerten abweicht. Wie man anhand der Temperaturverteilung bei MeteoEarth.com gut selbst nachvollziehen kann, hat beispielsweise kontinentale Kaltluft von Nordosten her die Schwarzmeerregion erreicht. Dementsprechend tritt zum Beispiel an der dortigen Goldküste bereits häufig Frost auf. Aber auch in höheren Regionen der Mittelmeer-Provinz Antalya in der Türkei fiel Schnee, der anhand lokaler Medien in vielen Bildern dokumentiert ist.

Andererseits ist es auf der Vorderseite von kräftigen Tiefs deutlich zu warm vom östlichen Grönland über weite Teile des Nordatlantiks bis in den Norden Skandinaviens. Dementsprechend gelangt verstärkt milde Meeresluft auch ans Nordkap, was dazu führt, dass aktuell dort (in Abwesenheit von Tageshelligkeit) ähnliches Wetter herrscht wie in Köln: Dichte Wolken und zeitweise etwas Regen bei Höchsttemperaturen um 6 Grad.

Jetstream für Winter entscheidend

Dass der polare Jetstream auch weiterhin so starke Auslenkungen aufzeigt, ist sehr wahrscheinlich. Dementsprechend ist es ebenso wahrscheinlich, dass wir in diesem Winter weiterhin einige Wetterperioden erleben werden mit größeren Abweichungen von den Durchschnittswerten, nur: in welche Richtung? Denn problematischer ist es dabei für eine Winterprognose, die Lage von diesen Höhentrögen und -keilen vorherzusagen, also die Regionen, in denen die Kaltluft nach Süden bzw. die Warmluft nach Norden gelangt. Dementsprechend ist auch zum jetzigen Zeitpunkt jede genauere Winterprognose bis Februar mit größter Skepsis wahrzunehmen.