Plastik Flaschen plastic bottles
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Um Plastik biegsam und Thermodruckpapier bedruckbar zu machen, müssen dem Mix bestimmte Chemikalien zugesetzt werden, die laut wissenschaftlichen Untersuchungen das Hormonsystem angreifen und andere gesundheitliche Schäden verursachen können. Eine neuere Untersuchung warnt, dass eine beliebte Alternative zu Bisphenol A (BPA), der berüchtigten Plastik-Chemikalie, auf die die Hersteller bei ihren Produkten inzwischen verzichten, die Entwicklung von Gehirnzellen hemmen und Hyperaktivität fördern könnte.

Forscher der University of Calgary in Kanada haben entdeckt, dass Bisphenol S (BPS), eine Chemikalie, auf die viele als sicherere Alternative zu BPA gehofft hatten, zu abnormem Wachstum von Gehirnneuronen führt. Bei Tests der Substanz an Zebrafischen, die 80 Prozent ihrer Gene mit dem Menschen teilen und als geeignetes Modell zur Einschätzung einer möglichen Schädigung bei Menschen dienen, zeigte sich, dass BPS spezifisch männliche Hormone angreift, ähnlich wie BPA.

In der Studie, die in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht wurde, wird betont, dass es bei Fischembryos, die BPS ausgesetzt wurden, zu abnormem Wachstum von Gehirnzellen kam. Ähnlich wie BPA hemmte BPS die gesunde Bildung männlicher Hormone; das Ergebnis waren neurologische Entwicklungsstörungen wie Hyperaktivität und Autismus, die besonders kleine Kinder treffen.

BPS schädlicher als BPA

BPS erwies sich nicht nur als schädlich, sondern die Zahlen deuten darauf hin, dass es vermutlich noch schädlicher ist als BPA. Die biologischen Auswirkungen, insbesondere auf Schwangere, zeigen, dass durch dauerhaften Kontakt - selbst in geringer Konzentration - bleibende Schäden angerichtet werden können. Das erkennt man erst jetzt, weil, so unglaublich es klingen mag, BPS vorher nie auf seine Sicherheit beim Menschen überprüft wurde.

»Viele der alternativen Chemikalien sind nicht hinreichend untersucht worden, weil das nicht Pflicht ist«, mit diesen Worten wird Studienleiterin Deborah Kurrasch in der Washington Post zitiert.
»Eine Substanz gilt bei der (US-Nahrungsmittelsicherheits- und Arzneimittelzulassungsbehörde) FDA bis zum Beweis des Gegenteils als sicher.«

BPA und BPS in geringen Dosen anscheinend gefährlicher


Ähnlich wie BPA findet sich BPS heute fast in und auf allen Dingen, darunter Quittungen, Papiergeld, Recyclingpapier - auch Papierhandtücher und Toilettenpapier - , Trinkgefäße, Baby-Lerntassen und viele andere Konsumartikel. Mit anderen Worten: Man kann ihm kaum aus dem Weg gehen.

Schlimmer ist, dass niedrige Dosen von BPS unter Umständen schädlicher sind als höhere, wie es auch bei BPA der Fall ist.

In einem 2012 veröffentlichten Bericht, »Hormone und chemische endokrine Disruptoren: Wirkung niedriger Dosen und nicht-monotone Reaktionen« erklären Wissenschaftler der Tufts University, wie chemische endokrine Disruptoren (EDC, nach dem englischen »endocrine-disrupting chemicals«) die herkömmlichen Konzepte der Toxikologie infrage stellen.

Entgegen der Ideologie: »Die Dosis macht das Gift« zeigen EDC bei niedrigen Dosen schädliche Wirkungen, die nicht notwendigerweise auch bei höheren Dosen beobachtet werden. Diese gesundheitlichen Auswirkungen werden in der wissenschaftlichen Literatur ausführlich behandelt, sie unterstreichen die Tatsache, dass niedrig dosierte EDC nicht ignoriert werden dürfen, wenn es um die gesundheitlichen Folgen ihrer Anwendung geht.

»Ich halte die Arbeit für sehr wichtig, sie liefert Beweise dafür, dass Substanzen wie BPA und BPS bei niedriger Dosierung erkennbare Auswirkungen auf Wirbeltiere im Entwicklungsstadium haben«, erklärte George Bittner, Professor für Neurobiologie und Pharmakologie an der University of Texas in Austin. Dem stimmen die Tufts-Wissenschaftler offenbar zu, die in ihrer früheren Studie erklärt hatten:
»Dass niedrige Dosen endokriner Disruptoren Störungen beim Menschen hervorrufen, ist keine Vermutung mehr, da epidemiologische Studien zeigen, dass Umweltbelastungen mit Krankheiten und Behinderungen beim Menschen in Verbindung stehen.«

Quellen:

washingtonpost.com
environmentalhealthnews.org
endocrine.org