Rehabilitative Maßnahmen und Ausräumung von Mythen rund um das Ei

„Das weiß ein jeder, wer's auch sei, gesund und stärkend ist das Ei" (Wilhelm Busch, Der Geburtstag oder Die Partikularisten). Wilhelm Buschs Lobeshymne auf das Ei findet nicht immer Zustimmung, hat doch die Angst vor dem bösen Cholesterin das Ei in Verruf gebracht. Die vorösterliche Zeit bietet Anlass für rehabilitative Maßnahmen und Ausräumung von Mythen rund um das Ei. Der Text ist unter der ernährungswissenschaftlichen Beratung von Sabine Bisovsky entstanden.

Was steckt drin im Ei?

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Neben 74 Prozent Wasser enthält das Hühnerei unter anderem 13 Prozent Eiweiß, 11 Prozent Fett, sowie je ein Prozent Kohlenhydrate und Mineralstoffe (Kalzium, Selen, Eisen). Darüber hinaus finden sich im Ei essentielle Aminosäuren, Vitamine (A, B2, B12, D, K und Folsäure). Im Übrigen ist der überwiegende Anteil der Proteine (Eiweiß) nicht im „Eiweiß" (Eiklar) sondern im Eidotter enthalten. Ein Ei von 60 Gramm besitzt einen Energiewert von circa 96 kcal.

Was macht das Ei so wertvoll?

Neben den erwähnten Mikronährstoffen die hohe Eiweißqualität. Es besitzt die höchste biologische Wertigkeit, die ein Einzellebensmittel haben kann. Sprich aus 100 Gramm Hühnereiweiß kann der Mensch 100 Gramm körpereigenes Eiweiß herstellen.

Der hohe Cholesteringehalt hat das Ei in Verruf gebracht. Verdientermaßen?

Zweifelsohne gehört das Ei zu den cholesterinreichen Lebensmitteln unserer Ernährung. Konkret geht es im 200 bis 300 mg Cholesterin pro Stück. Und es stimmt auch, dass Nahrungscholesterin bei erhöhtem Blutcholesterin eine - wenn auch untergeordnete - Rolle spielt. Eine Analyse von 17 Interventionsstudien kommt zu dem Schluss, dass der Verzehr von 100mg Nahrungscholesterin pro Tag das Gesamtcholesterin im Blut um nur 2,2 mg/dl steigert.

Das heißt, auch Menschen mit erhöhten Blutfettwerten müssen nicht gänzlich auf Eier verzichten?

Das Ei ist nicht der Haupt-Übeltäter für erhöhte Blutfette. Es gilt daher im Einzelfall abzuklären, welche Ernährungsmaßnahmen zu treffen sind. In aller Regel ist das Weglassen oder das rigide Einsparen der Eier jedoch nicht ziel-führend, sondern vielmehr machen der Abbau von Übergewicht und die Reduktion von gesättigten Fettsäuren im täglichen Essen Sinn. Große Portionen fetter Wurstsorten, üppige Fleischsaucen und Plunder- wie Blätterteiggebäck richten in den Blutgefäßen größeren Schaden an, als das Frühstücksei am Sonntag. Zwei bist drei Eier pro Woche sind daher auch für Menschen mit Hypercholesterinämie unbedenklich.

Wie viele Eier sind in den Osterfeiertagen für gesunde Menschen aus gesundheitlicher Sicht tolerabel?
An den wenigen Osterfeiertagen im Jahr sind für gesunde Menschen ohne weiteres drei bis vier Eier pro Tag akzeptabel. Das eine oder andere Osterei darf man sich in dieser Zeit aber auch bei erhöhtem Cholesterinspiegel mit gutem Gewissen gönnen.

Ist das tägliche Frühstücksei auch für gesunde Menschen zu viel?

Es kommt darauf an, was sonst noch auf dem Speiseplan steht. Ein schlanker Vegetarier verträgt auch täglich ein Ei problemlos. Ein übergewichtiger Fleisch- und Wurstliebhaber bringt mit dem täglichen Frühstücksei das Fass vielleicht zum Überlaufen. Anhand der Ernährungsgewohnheiten lässt sich individuell abwägen, wie viele Eier für welche Person tolerierbar sind.

Was kann das Lecithin im Hühnerei?

Lecithin befindet sich im Eidotter und wird im Dünndarum aus der Nahrung aufgenommen. Der Organismus kann Lecithin auch selbständig bilden. Es ist ein wichtiger Bestandteil jeder Zellhülle, so auch der Nevenzellen. Als Bestandteil der Galle beteiligt es sich aufgrund seiner emulgatorischen Eigenschaften an der Fettverdauung.

Eine Studie mit Ratten hat gezeigt, dass Lecithin den Mechanismus hemmt, der für die Aufnahme des Cholesterins durch die Darmwand verantwortlich ist. Ob auch gesunde Menschen das aufgenommen Nahrungscholesterin problemlos wieder ausscheiden, ist bislang noch unbewiesen.

Welche Wirkungen besitzen die Inhaltsstoffe Eisen, Selen, Vitamin D, Eiweiß und Folsäure?

Ein Ei liefert ungefähr 12 Prozent der täglich empfohlenen Eisenmenge. Es ist an der Bildung der roten Blutkörperchen beteiligt und sorgt auf diese Weise für einen funktionierenden Sauerstofftransport von der Lunge in verschiedene Organe und Gewebe bis hin zum Gehirn.

Das Ei gilt als Hauptlieferant für Selen. Ein Ei trägt 10-20 Prozent zum empfohlenen Menge bei. Selen ist ein Radikalfänger und besitzt eine wichtige Funktion beim Zellschutz.

Vitamin D ermöglicht den Einbau und die Speicherung von Kalzium in den Knochen. Ein Ei der Klasse Large kann circa 35 Prozent der täglich wünschenswerten Vitamin D-Menge abdecken.

Folsäure dient der Blutbildung und Zellteilung - auch schon in der Schwangerschaft. Ein Mangel betrifft daher besonders die Entwicklung eines ungeborenen Kindes, kann aber auch in späteren Jahren die Herzgesundheit beeinträchtigen.

Das Eiweiß ist für den Aufbau der Muskelmasse von Bedeutung.

Sind abgeschreckte gekochte Eier leichter schälbar?

Nein. Gekochte frische Eier lassen sich so oder so kaum schälen. Bei älteren Eiern ist die Schale leicht entfernbar, weil sich zwischen der Eischale und der Eihaut mehr Luft befindet.

Verändert das Abschrecken mit kaltem Wasser zu einer kürzeren Haltbarkeit?

Ja. Die Haltbarkeit wird auf wenige Tage verkürzt, weil Wasser in das Ei eindringen kann.

Sind Salmonellen nur bei rohen Eiern eine mögliche Gefahr?

Nur bei rohen beziehungsweise halb rohen (weichen) Eiern kann es zu einer Infektion mit Salmonellen kommen. Wer auf Nummer Sicher gehen will, kocht das Ei mindestens fünf Minuten lang.

In den ersten zehn Tagen nach dem Legedatum sorgt zunächst ein Enzymsystem dafür, dass sich Salmonellen nicht vermehren können. Nach diesem Zeitraum verliert dieser Schutzmechanismus seine Wirkung. Dieser Verlust geht umso schneller von statten, je höher die Lagerungstemperatur ist und je geringer die Luftfeuchtigkeit ist. Den besten Schutz vor Salmonellen bieten der Kauf von möglichst frischen Eiern und deren baldiger Verbrauch. Grundsätzlich wird empfohlen Eier im Kühlschrank aufzubewahren.

Wie sieht es mit der Haltbarkeit von Eiern aus?

Im Eiklar befinden sich antibakterielle Substanzen, die für eine gute Haltbarkeit sorgen. Bis zu 28 Tage nach dem Legedatum sind rohe Eier für den Verzehr geeignet.
Nach einer Kochzeit von circa 10 Minuten halten Eier, nicht abgeschreckt, im Kühlschrank bis zu vier Wochen. Bunt gefärbt aus dem Supermarkt sind ungekühlt bis zu drei Monate genießbar. Ein Speziallack sorgt für diese lange Haltbarkeit.

Wie erkennt man, ob ein Ei frisch ist?

Ein frisches Ei sinkt im Wasser zu Boden und bleibt auf der Seite liegen. Zwei bis drei Wochen alte Eier richten sich im Wasser zur Gänze auf. Eier die an der Oberfläche schwimmen sind für den Verzehr nicht mehr geeignet.

Auch das Alter gekochter Eier kann man erkennen: Der Dotter frischer Eier liegt in der Mitte, der älterer am Rand. Die größere Luftkammer älterer Eier ist auch nach dem Kochen noch erkennbar.

Frische Eier müssen nicht gekühlt werden. Die Eier im Handel befinden sich oft in Kühlregalen. Werden die Eier nicht mehr ganz frisch verkauft?

Nein. Es handelt sich dabei um eine Hygienemaßnahme, denn Salmonellen vermehren sich bei Temperaturen unter sechs Grad Celsius nur sehr langsam, bei Zimmertemperaturen dagegen explosionsartig. Auf der Eier-Verpackung muss das Mindesthaltbarkeitsdatum angegeben sein. Der Konsument kann das Legedatum zurückrechnen.

Muss das Mindesthaltbarkeitsdatum auch auf jedem Ei stehen?

Nein. Das Mindesthaltbarkeitsdatum kann aber muss nicht auf dem Ei selbst angegeben werden.

Was bedeuten alle die anderen Ziffern auf dem Ei?

Seit 2004 ist jedes Ei in der EU mit einem einheitlichen Code gekennzeichnet. Die erste Ziffer erklärt, wie das Huhn gehalten wurde: 0 steht für ökologische Haltung, 1 für Freilandhaltung, 2 für Bodenhaltung und 3 für Käfighaltung. Der darauf folgende Buchstabe informiert über das Herkunftsland. Anhand der anschließenden Nummern lässt sich die Herkunft der Eis bis in den Stall zurückverfolgen.

Was verrät die Farbe des Eis?

Über Hühnereier braun oder weiß sind, ist abhängig von Rasse des Legehuhns. Manche Experten behaupten Hühner mit roten Ohrläppchen legen braune Eier und Hennen mit weißen Ohrläppchen legen weiße. Das trifft allerdings nur für Rassen zu, die in Legebatterien gehalten werden. Die Farbe der Eischale sagt nichts darüber aus ob ein Ei „bio" und damit auch gesünder ist.

Je kräftiger das Orange des Dotters, desto mehr Carotinoide waren im Futter der Henne. Der Konsument hat gerne kräftig gelbe Dotter, deshalb wird bei der Fütterung darauf Rücksicht genommen. Carotinoide werden dem Futter gezielt beigemengt. Ausnahme sind Bioeier. Über die Qualität eines Eis verrät die Dotterfarbe absolut nichts.

Wie lange sollte das Osterei gekocht werden?

Das perfekte Osterei entsteht nach 9 Minuten Kochzeit. Das Eiweiß ist fest. Das Eigelb ist fest und noch feucht. Voraussetzung: Das Ei der Größe M ist vor dem Kochen frisch (bis zu zehn Tage nach dem Legedatum) zimmerwarm und wird unmittelbar ins kochende Wasser gegeben.
Wer im Kern flüssiges Eigelb bevorzugt, muss die Kochdauer auf acht Minuten reduzieren.
Für andere Größenklassen eine halbe Minute dazugeben, bzw. abziehen. Gekühlte Eier müssen 30 Sekunden länger gekocht werden.

Warum ist der Dotter am Rand bei manchen Ostereiern bläulich-grün gefärbt?

Werden Eier länger als 13 Minuten gekocht, entsteht aufgrund des frei werdenden Eisens zusammen mit Schwefelwasserstoff aus den schwefelhältigen Eiweißbausteinen des Dotters ein grüner Rand aus Eisensulfid. Der Eidotter wird außerdem zäh, trocken, mehlig und die Eier besitzen einen unangenehmen Geruch. Aus gesundheitlicher Sicht sind solche Eier jedoch bedenkenlos zu verzehren.

Unterscheidet sich dieser Geruch von einem verdorbenen Ei?

Hier darf man sich auf seine Sinne durchaus verlassen. Ein verdorbenes Ei riecht beziehungsweise schmeckt leicht faulig, fischig oder ranzig. Vorsicht ist geboten, wenn die Schale vor dem Verzehr bereits verletzt war. (derStandard.at, 21.04.2011)

Abstract:
Dietary cholesterol from eggs increases the ratio of total cholesterol to high-density lipoprotein cholesterol in humans: a meta-analysis1,2,3