In Argentinien wird seit 1996 ununterbrochen das Pflanzengift Glyphosat gespritzt. Die Folge könnten Missbildungen sein

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© ap/DAN GILLKorn des Anstoßes: Für das Herbizid Roundup Ready maßgeschneiderte Sojabohnen auf einer US-Farm
Ein Wirkstoff im Spritzmittel Roundup Ready des US-Konzerns Monsanto soll für kraniofaziale Fehlbildungen - Missbildungen von Gesicht und Schädel - bei Embryos verantwortlich sein. Das Pflanzengift heißt Glyphosat und wird zur Unkrautvernichtung bei Soja und Mais weltweit verwendet. Das sagte der argentinische Mediziner Andrés Carrasco auf einer Tagung in Wien. Getestet hat Carrasco die Wirkung an Kaulquappen des Krallenfroschs und an Hühnerembryonen.

Negative Folgen treten laut der Studie bereits bei geringer Dosierung auf - bei Konzentrationen, die unter jenen lägen, die in der Landwirtschaft üblich seien. "Die Ergebnisse geben ausreichend Anlass zur Sorge über die Nachkommen von Menschen, die dem Einsatz von Roundup auf Feldern ausgesetzt sind", sagte Carrasco.

Gentechnisch verändertes (GV) Soja wird in Argentinien im großen Stil ausgepflanzt. Die Jahresproduktion beträgt 50 Millionen Tonnen. Wie das ARD-Magazin "Plus/Minus" in einer Reportage zeigte, ist die Menge an Spritzmittel in den Jahren 1996 bis 2003 um das 56-Fache gestiegen, während die Erntemenge sich nur um das 35-Fache vermehrte. Viele Felder reichen in Argentinien bis an die Gartenzäune. Zum Vergleich: Österreich, immerhin drittgrößter Soja-Produzent der EU, erzeugt im Jahr ca. 100.000 Tonnen - ohne Gentechnik.

Was ist von diesen Vorwürfen zu halten? Carrasco ist Leiter des Labors für Molekulare Embryologie an der Medizinischen Universität Buenos Aires. Die Studie wurde ins Leben gerufen, weil die Forscher von den zahlreichen Geburtsfehlern in landwirtschaftlichen Gebieten alarmiert waren, in denen Gentech-Soja angebaut wird. "Die von uns im Labor festgestellten Ergebnisse passen exakt zu den Fehlentwicklungen, die bei Menschen, die während der Schwangerschaft Glyphosat ausgesetzt sind, beobachtet werden. Die Studie wurde von der Arge Gentechnik-frei mitfinanziert, wie deren Sprecher Florian Faber auf KURIER-Anfrage erklärte. Mitglieder der Arge sind u. a. die Handelsketten Hofer, Lidl Austria, Rewe International und Spar Österreich (www.gentechnikfrei.at).

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit bewertet in einer Stellungnahme den Wirkstoff Glyphosat so: Er sei von geringer akuter Giftigkeit, hautreizende Eigenschaften seien nicht bekannt, Glyphosat sei aber augenreizend. Ein Rückschluss auf den Menschen sei nicht zulässig, da die Embryonalentwicklung bei Fröschen und Hühnern völlig anders verlaufe, hieß es. Bei Untersuchungen an Mäusen und Ratten wurden keine Hinweise auf krebsfördernde Wirkung entdeckt. Bedeutet? Der
Wirkstoff Glyphosat ist bei "sachgerechter Anwendung toxikologisch weitgehend unbedenklich". Aber: Die flächendeckende Anwendung eines Herbizids über viele Jahre hinweg berge hohe Risiken, nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Artenvielfalt.

Andrés Carrasco
© unbekanntARGE Gentechnik-frei Andrés Carrasco: „Ergebnisse passen exakt zu Fehlentwicklungen bei Schwangeren“, sagt der Mediziner