Immer mehr Indizien deuten darauf hin, dass „versehentliche“ Waffenabwürfe seitens der „Anti-IS-Koalition“ in Syrien, die in die Hände des Islamischen Staates (IS) fallen, vielleicht gar nicht so unbeabsichtigt sind. Der Status Quo eines dauerhaften Bürgerkriegs in Syrien, in dem die Rebellen stets gerade mit so vielen Waffen versorgt werden, wie nötig sind, um den Krieg nicht zu verlieren, nützt jedenfalls den USA und ihren Verbündeten vor Ort am meisten.

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Zweifel an der Ehrlichkeit der Empörung über dschihadistische Terroristen und der Instrumentalisierung fremder Konflikte für eigene Interessen kommen immer wieder dann auf, wenn Verstrickungen westlicher Staaten und ihrer Verbündeter bekannt werden, die zeigen, dass man nicht nur selbst eifrig seine Hände in Konflikten und Bürgerkriegen von Drittstaaten hat, sondern auch an der Entstehung terroristischer Bedrohungen, die man nun energisch zu bekämpfen vorgibt, selbst beteiligt war.

Und manchmal werden solche Zusammenhänge, die im Regelfall immer gerne reflexartig ins Reich der „Verschwörungstheorien“ verwiesen werden und auch oft nur von damit assoziierten Medien wiedergegeben werden, auch durch ranghohe Regierungsvertreter bestätigt.

So geschehen bei CNN, wo der frühere Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) und Oberbefehlshaber im Kosovo-Krieg der Nato 1999, Wesley Clark, erklärte, dass die djihadistische Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) zuerst von „unseren Freunden und Verbündeten“ unterstützt und finanziert worden wäre.


Als Begründung dafür gab Clark an, man könne, wenn man wirklich Leute haben wolle, die bereit seien, bis zum Tod gegen Hisbollah zu kämpfen, nur „Zeloten“ und „religiöse Fundamentalisten“ für diese Aufgabe rekrutieren.

Den Aussagen weiterer Beobachter der Szenerie vor Ort zufolge sollen sich die USA trotz der im Herbst des Vorjahres gegründeten Anti-IS-Allianz, die mit Luftangriffen Gegner des IS bei deren Bekämpfung unterstützen sollte, auch jetzt noch eine Hintertüre offen halten, um den IS nicht gänzlich von der Bildfläche verschwinden zu lassen.

Auch das geistliche Oberhaupt der Islamischen Republik Iran, Ayatollah Ali Khamenei, will von seinen Geheimdiensten verlässliche Informationen darüber erhalten haben, dass es den Amerikanern gar nicht darum gehe, den IS im Irak oder in Syrien zu besiegen, sondern lediglich eine Pattsituation herzustellen, in denen zwar der Konflikt als solcher aufrecht bleibe, aber keiner der Akteure einen entscheidenden Vorteil erlangen könne.

Die angeblich „irrtümlichen“ Abwürfe von Waffenkisten, die sich seit Beginn der Luftangriffe seitens der Anti-IS-Koalition immer wieder ereignet haben sollen und im Zuge derer angeblich für kurdische und andere Verteidigungskräfte gegen den IS bestimmte Waffen in die Hände des IS gelangten, sollen demnach gar nicht so sehr auf Nachlässigkeit oder unklare Situationen auf dem Boden zurückzuführen sein.


„Wir verfügen über Informationen, wonach ein amerikanisches Transportflugzeug exakt die Munition abwarf, die von dieser Gruppe, die wir als DAESH [IS] kennen, gebraucht hat“, erklärt Khamenei auf seiner Webseite und führte weiter aus:
„Das wurde gemacht, um ihnen zu helfen. Wir meinten erst, vielleicht sei dies ein Fehler gewesen. Aber dann sahen wir dies noch weitere Male geschehen, den Berichten zufolge, die man mir gegeben hatte, fünf Mal. Machen sie etwa fünf Mal den gleichen Fehler?
Khamenei, dessen Staatsspitze eigene Ziele im Irak und Syrien verfolgt, hält die Anti-IS-Koalition für eine Farce. Ihr Ziel sei es, die Spaltung unter den Muslimen aufrechtzuerhalten, zwei Seiten aufeinanderzuhetzen und den internen Krieg unter den Muslimen zu prolongieren.

Auch der Chef der irakischen Badr-Organisation, einer radikalen pro-iranischen Schiiten-Miliz, der nachgesagt wird rücksichtslos gegen ihre Widersacher vorzugehen, Hadi al-Ameri, will die gleiche Beobachtung gemacht haben wie die iranischen Geheimdienste. Auch in der nordirakischen Provinz Salahuddin sollen Flugzeuge der Koalition Waffen und Hilfsgüter für die Extremisten abgeworfen haben. Auch Israel scheint gegenüber extremen Djihadistengruppen im Nachbarland bei weitem nicht so starke Vorbehalte zu hegen, wie man annehmen könnte.

Die vierteljährlichen Berichte über die UNDOF-Mission am Golan lassen zumindest den Schluss zu, dass Israel die Al-Qaida-nahe Al-Nusra-Front, die in der gemeinsamen Grenzregion zu Syrien operiert, nicht wirklich für ein Sicherheitsproblem für das eigene Land hält.

Den darauf aufbauenden Berichten des Uno-Generalsekretärs Ban Ki Moon an den Uno-Sicherheitsrat zufolge ergab sich für 2014 folgendes Bild: Israel reagierte mindestens fünf Mal auf Anschlagsversuche und aus der Pufferzone heraus über die Grenze gefeuerte Raketen oder Geschosse, die insgesamt einen Toten und zwei Verletzte unter israelischen Zivilisten zur Folge hatten.

Dabei beschoss oder bombardierte Israel aber nie Al-Nusra-Stellungen, sondern jedes Mal jene die syrische Armee und ihre Verbündeten. Die Uno-Berichte beschreiben zudem, dass syrische Aufständische mit israelischen Soldaten „interagieren“, wenn es darum gehe, Verwundete nach Israel zur Behandlung zu bringen. Einmal wollen die Uno-Soldaten auch eine israelische Lieferung von „Kisten“ an die syrischen Aufständischen beobachtet haben. k



In Teheran geht man davon aus, dass es dem Westen nicht um den Sturz des syrischen Regimes geht, sondern lediglich um die Schwächung desselben. Die westliche Unterstützung an die Rebellen vollziehe sich Experten zufolge nur in dem Umfang, der erforderlich ist, um das innersyrische Kräfteverhältnis ausgeglichen zu halten. Assad soll auf diese Weise daran gehindert werden, seine volle Kontrolle über das Land wiederherzustellen, andererseits soll eine Machtübernahme von Muslimbrüdern oder gar Salafisten verhindert werden. Dies soll Syrien als potenzielle Bedrohung Israels und als Verbündeten des Iran de facto neutralisieren.

Auch Experten, die der syrischen Opposition nahe stehen, wie jene von der Vereinigung Naame Shaam diagnostizieren, dass der Westen, insbesondere die USA, die so genannten „moderaten Rebellen“ in Syrien nur so weit unterstützen, wie dies erforderlich sei, um nicht den Krieg zu verlieren, aber auch nicht mit annähernd jenen Mitteln, die erforderlich wären, um ihn zu gewinnen.

Eine Einschätzung, die auch in einem Artikel der Zeitschrift The Nation anklingt, und in dem zudem US-Präsident Barack Obama mit folgenden Worten zitiert wird:
„Die Behauptung, Iran habe irgendwie in Syrien gesiegt, lässt mich immer mit schwarzem Humor antworten. Ich meine, man hört manchmal Leute sagen: ‚Die gewinnen in Syrien‘. Und man sagt ihnen daraufhin: ‚Das war ihr einziger Verbündeter in der arabischen Welt als Mitglied der Arabischen Liga, und jetzt wird er vom Bürgerkrieg erschüttert‘. Es schadet dem Iran, weil sie Milliarden Dollar reinstecken müssen. Ihr wichtigster Partner, die Hisbollah, die im Libanon ein ruhiges Hinterland hat, sieht sich plötzlich von sunnitischen Extremisten angegriffen. Das ist nicht gut für den Iran. Sie verlieren so viel wie alle anderen auch. Und auch die Russen sehen, wie ihr einziger Freund in der Region in Scherben liegt und delegitimiert wird.“