Die Medien geraten immer weiter in die Kritik. Ein Hauptgrund ist ihre Ukraine-Berichterstattung. Sie ist einseitig, voller Fehler und oft einfach nur Propaganda. Inzwischen leben ganze Seiten im Netz nur vom Aufdecken. Denen möchte das ZDF jetzt das Wasser abgraben. Nach dem Motto: Wenn wir schon was falsch machen, berichten wir wenigstens selbst darüber. Ein erster Check zeigt jedoch, dass es nur Alibi-Fehler auf den Beichtstuhl schaffen.

Bild
»Korrektur-Rubrik«, so nennt Peter Frey seine Transparenz-Offensive bei den ZDF-Nachrichten. Versteckt wird der kleine Beichtstuhl seit Mittwoch auf der heute.de-Startseite - kaum sichtbar, ganz unten rechts. Der ZDF-Chefredakteur verharmlost also weiter die massiven Fehler, Einseitigkeiten und die oft auch klare Propaganda. Objektivität und Wahrheit haben in den Nachrichten einen schweren Stand. Besonders, seit Russland und die USA einen Stellvertreterkrieg in der Ukraine führen.


Die schiere Menge an aufgedeckten Fehlern kann nicht nur das Ergebnis von pedantischen, überkritischen Zuschauern sein. Die Manipulationen haben System. Während die NATO selbst einen Medienkrieg gegen Russland führt, füttert sie die Medien mit einseitigen Informationen. Auch die EU arbeitet an einem »Anti-Propaganda-Aktionsplan«, der die Meinungsfreiheit der Medien lenken soll.

Wie das ZDF mit einem toten Kind Propaganda macht

Es ist also längst überfällig, die Unstimmigkeiten in der Berichterstattung nicht weiter klein zu reden. Bisher ignorierte das ZDF seine Fehler. Etwa die 50 falschen russischen Panzer, die angeblich in die Ukraine eindrangen. Das verwendete Bildmaterial stammte von einem koreanischen Blog, ist sechs Jahre alt und zeigt russische Panzer in Georgien.

In der heute-Sendung vom 19. Februar 2015 übernimmt der Sender Propagandabilder des radikalen Asow-Bataillons und zeigt in Deutschland verbotene NS-Symbolik. Am 3. Februar berichtet ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf unter der Anmoderation: »Die pro-russischen Separatisten sind auf dem Vormarsch - den Menschen dort bleibt nur die Flucht.« Sie zeigt das Begräbnis eines vier Jahre alten Jungen. Der Zuschauer muss denken, dass dieser gerade in Uglegorsk ermordet wurde und pro-russische Rebellen die Täter sind. In Wahrheit fand das Begräbnis schon am 18. Januar statt. Nicht in Uglegorsk, sondern in Donezk. Der Gipfel: Dieser Junge starb bei einem Angriff der Gegenseite - der ukrainischen Armee.k


»Als Beitrag zur Offenheit gegenüber dem Beitragszahler«

Derartige Fehler hat das ZDF bislang nicht selbst gebeichtet. Internetseiten wie die Propagandaschau machen sie öffentlich. Natürlich auch Kopp Online - nicht so reißerisch, dafür aber objektiver. Besonders aktiv ist aber der medienkritische Verein Ständige Publikumskonferenz. Er überflutet das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit Programmbeschwerden und nutzt einen einfachen Trick: Bürokratie. Als Anstalten des öffentlichen Rechts müssen ARD, ZDF und ihre vielen Sender auf die Beschwerden reagieren; sie zumindest erst einmal abarbeiten, bevor sie abgelehnt werden. Das ist wenigstens mal eine Beschäftigungstherapie, die vielleicht auch zum Nachdenken anregt.


Aber diese bitteren Zeiten sind für die Sender ja nun vorbei, oder? Das ZDF trägt alle seine Fehler freiwillig selbst zu Markte: »Als Beitrag zur Offenheit gegenüber dem Beitragszahler und zur internen Fehlerkultur«, schreibt Chefredakteur Frey. Bisher nahm er die organisierte, öffentliche Kritik nicht wirklich ernst. Das ist etwas, das Journalisten gerade erst kennenlernen.

Auf dem ZDF-Beichtstuhl: Lauter Nichtigkeiten

Also, los geht es, die Seite aufgerufen und hinein in den neuen, öffentlichen Beichtstuhl des ZDF: Yoko Ono und John Lennon. Sie haben ihr »Bed-in« nicht vor 25 Jahren, sondern schon vor 45 Jahren abgehalten. Pennen als Protest. In einer heute-Sendung vom 12. März heißt es in der Anmoderation: »14 Millionen syrische Kinder und Jugendliche«.

Politisch korrekt muss das lauten: »14 Millionen Kinder und Jugendliche in Syrien und in den Nachbarländern«. Keiner darf vergessen werden! Ein Beitrag vom 10. März berichtet über »die russische Exklave Königsberg«. Auch das ist ein fürchterlicher Fauxpas: Seit 1945 sagt man in Deutschland »die russische Exklave Kaliningrad«.

Das ist sie also, die gut versteckte Transparenz-Offensive des ZDF? Lauter Nichtigkeiten. Abseits der Realität. Ein Alibi-Pranger nach dem Motto: »Seht her, wir stehen zu unseren Fehlern. Zum Glück sind wir so gut, es gibt ja überhaupt keine wirklichen Patzer. Die Korrektur-Rubrik heißt unter uns deshalb ›Gelesen, gelacht, gelocht‹.« Das ZDF macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt.

Innerlich haben Journalisten ihr Publikum längst abgeschrieben

Kein Vergleich zu Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD aktuell. Bei dem merken die Kritiker wenigstens, was die Tagesschau vom Publikum hält. Nämlich nichts. Im Tagesschau-Blog schreibt Gniffke, dass sich da draußen massive Kritik an seiner Nachrichtensendung formiert. So weit, so realistisch.

Wie er allerdings darauf reagiert, das hat schon Unterhaltungswert. Der Chefredakteur wettert gegen die »Verschwörungstheoretiker« da draußen. Zeigt sich maximal uneinsichtig und rechthaberisch. Er will die Kritiker mit Worten bekämpfen.

Innerlich scheint er aber zu kapitulieren. Die Tagesschau wird nie wieder das sein, was sie einmal war: eine Sendung mit dem Monopol, die Welt in 15 Minuten zu erklären. Und alle glauben es. »Es ist einfacher geworden für Leute, sich nicht nur zu informieren, sondern sich auch zu formieren.« Zensiert Gniffke die Online-Kommentare auf tagessschau.de deshalb?

Warum ARD und ZDF nicht wirklich auf die Kritik eingehen können

Gniffkes Taktik erinnert an das Japan des 16. Jahrhunderts. Vor der Zukunft verschließen wir einfach die Tür. Lasst sie doch draußen bleiben. »Die Tagesschau bietet eine Dienstleistung für all die Menschen, die nicht die Zeit oder die Muße haben, sich durch diesen Informationsdschungel des Internets und der verschiedenen Angebote zu wühlen.« Eine Resterampe der Informations-Verlierer. Gniffke will seine Nachrichten nur noch für die machen, die nichts hinterfragen können oder wollen.

ARD und ZDF. Zwei Sender, zwei Strategien, aber nur ein Ziel: Sie gehen inhaltlich nicht auf die Journalismus-Kritik ein, weil sie es nicht können. Sonst müssten die Journalisten etwas Unangenehmes erklären: Viele Fehler sind keine Fehler, sondern Absicht. Bei der ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf wird das deutlich, genauso macht es aber auch ARD-Korrespondent Udo Lielischkies: einseitig berichten, verschweigen, Fakten verzerren oder Dinge in einen falschen Zusammenhang bringen. Alles für die Tendenz. Damit er am Ende in die Kamera sagen darf, dass die »fürchterlichen Folgen die westlichen Staaten zwingen« werden, »ihren Druck auf Moskau weiter zu erhöhen«.

Das ist eine Einseitigkeit, die sich selbst entlarvt. Wenn Staaten kämpfen, tun sie das nicht nur auf dem Schlachtfeld. Es geht auch um die Deutungshoheit in den Köpfen und dafür sind Journalisten die Frontkämpfer. Für die Länder der EU gibt es im Kampf gegen die russische Propaganda offenbar nur ein Mittel - eigene Propaganda.