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© ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS-TeamForscher rätseln über einen am 12. März 2015 entstandenen Staubstrahl aus der unteren Schattenseite des Kometen Churyumov-Gerasimenko.
Darmstadt (Deutschland) - Kometen sind eigentlich dafür bekannt, dass sie Gas und Staub ins All schleudern. Nicht zuletzt entsteht so durch die Erhitzung der sonnenzugewandten Seite in zunehmender Sonnennähe der charakteristische Schweif der Schweifsterne. Die europäische Kometensonde "Rosetta" hat nun jedoch auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko, den sie umkreist, erstmals ein unerwartetes Phänomen dokumentiert: Auch aus der Schattenseite des Kometen tritt seit Mitte März ebenfalls ein neuer Staubstrahl aus, dessen Ursache bisher ungeklärt ist und der hier nach bisherigem Wissensstand eigentlich nicht sein sollte.

"Zum ersten Mal wurde dabei auch direkt der Moment der Geburt eines neuen Staubstrahls beobachtet", erläutert der Kometenforscher Dr. Ekkehard Kührt, der die wissenschaftlichen Beteiligungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) an der ESA-Mission Rosetta leitet. "Diese Beobachtungen werden helfen, die bisher nicht vollständig verstandene kometare Aktivität zu entschlüsseln."

Die Aktivität des Kometen hat sich durch seine zunehmende Annäherung an die Sonne erwartungsgemäß kontinuierlich verstärkt. Grund hierfür ist, dass sich die Oberfläche aufheizt und so zunehmend Gas in den umgebenden Weltraum austritt und Staubpartikel mit sich reißt. Obwohl der Komet erst in vier Monaten seinen sonnennächsten Punkt erreichen wird, ist er schon jetzt von einer sogenannten Kometenkoma umgeben, die überall auf der Tagseite von fortwährend entweichendem Staub genährt wird und sich auf den Aufnahmen der OSIRIS-Bordkamera deutlich abzeichnet (s.Abb.).

Der nun entdeckte Staubstrahl auf der Schattenseite des Kometen stellt die Wissenschaftler vor ganz neue Fragen, erläutert die Pressemitteilung des DLR. "Es ist schon sehr spannend darüber nachzudenken, wie denn Kometen auch auf der Schattenseite aktiv werden können", sagt Dr. Jörg Knollenberg, DLR-Kometenforscher und Wissenschaftler im OSIRIS-Team. "Allerdings ist es gut möglich, dass erste Sonnenstrahlen auf bisher im Schatten versteckte Bergklippen fielen. Es sind weitere Beobachtungen und Berechnungen notwendig, um hier eine plausible Antwort zu finden."

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© ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS-TeamNur zwei Minuten vor der obigen Aufnahmen, war der Staubstrahl noch nicht zu sehen.
Die einmalige Beobachtung gibt den Wissenschaftlern auch Gelegenheit, die Staub-Ausbreitungsprozesse besser zu studieren. "Wir analysierten die Helligkeitsschwankungen entlang des unerwarteten Staubstrahls und konnten dabei abschätzen, dass sich die Partikel mit mindestens acht Metern pro Sekunde vom Kometen entfernen", erklärt Knollenberg. Damit bestätigten sich vorangegangene Messungen zur Staubausbreitung auf der Tagseite.