London/ England - Seit nunmehr 1888, also 123 Jahren, halten die britischen Polizei- und Justizbehörden die Akten rund um die Morde des Serienmörders "Jack the Ripper" unter Verschluss. Auch gegen die aktuellen Bemühungen moderner Ermittler um unzensierte Akteneinsicht führt Scotland Yard derzeit einen Kampf vor Gericht.
Whitechapel-High-Street; Jahrhundertwende
© Public DomainBlick in die Whitechapel-High-Street um die Jahrhundertwende.
Wie der britische Telegraph berichtet, handelt es sich um vier in Leder gebundene Aktenordner, die 1888 von der "Special Branch" zusammengetragen wurden. Drei Jahre lang hat sich der ehemalige Kriminalbeamte und Ripper-Forscher Tervor Marriott nun schon vergeblich um die Freigabe dieser Dokumente bemüht.

Grund für die wiederholte Absagen, so die Behörden, sei der Umstand, dass aus den Akten auch die Identitäten der damaligen Polizei-Informanten hervorgehe und die Veröffentlichung dieser und anderer Informationen auch noch heutige Bemühungen um derartige Informationen untergraben würde.

In der vergangenen Woche wurde nun ein erneutes Gerichtsverfahren um die Ripper-Akten eröffnet, aus welchen - da ist sich Marriott sicher - auch die wahre Identität des Mörders herausgelesen werden könne.

Anhand eines zensierten Auszugs der Ripper-Akten, wie sie im Rahmen des Prozesses intern veröffentlicht wurden, seien nun vier weitere Verdächtige und weitere bislang unbekannte Beweismittel bekannt geworden, zitiert die Zeitung den Ripper-Forscher.

Mindestens fünf Frauen fielen im August und November 1888 dem Serienkiller zum Opfer. Experten vermuten bis heute, dass auch weitere frühere und spätere Morde in der Gegend rund um den Londoner Stadtbezirk Whitechapel (s. Abb.) auf das Konto des Rippers gehen.

Nach zahlreichen Untersuchungspannen und aufgrund der damaligen noch sehr einfachen Untersuchungsmethoden, zu denen weder die Fingerabdruckanalyse noch die Fähigkeit der Unterscheidung zwischen menschlichem und tierischem Blut zählten, endeten die Ermittlungen ohne konkrete Beweise und Hinweise auf die Identität des Mörders und der Fall wurde zu einem der großen Kriminal- und Verschwörungsmythen des 19. Jahrhunderts. Neben zahlreichen anderen Verdächtigen wurde auch schon früh der Enkel von Queen Victoria, der Duke of Clarence, als Ripper ins Gespräch gebracht. Gerade dieser Verdacht nährt seither Verschwörungstheorien rund um die Ripper-Morde und die bis heute verschlossenen Untersuchungsakten.

Da Marriotts Antrag zur unzensierten Akteneinsicht trotz seiner Berufung auf das britische Informationsfreiheitsgesetz schon in früheren Instanzen abgelehnt wurde, befindet sich der Forscher und Autor derzeit in der letzten möglichen Instanz seiner Bemühungen.

Gerade vor dem Hintergrund des Kampfs gegen den internationalen Terrorismus, so eines der aktuellen Argumente der Polizeibehörden gegen die Veröffentlichung der Akten, könne man sich es nicht leisten, in dem Ruf zu kommen, seine Informanten zu verraten - auch nicht 123 Jahre nach den eigentlichen Ereignissen. "Solche Leute vertrauen sich uns nur dann an, wenn sie sicher sein können, dass ihre Identität auf keine Fall bekannt wird", wird ein Polizeibeamter aus der Verhandlung zitiert. Marriott hingegen verweist auf schon zuvor freigegebenen Polizeiakten zu anderen historischen Kriminalfällen, aus welchen ebenfalls die Namen von damaligen Informanten hervorgingen. In diesen Fällen, so erläutert der Forscher, wurde entschieden, dass die Nachkommen der genannten Personen durch die Veröffentlichung keinen Schaden nehmen würden - sollte dies in diesem Fall nun vielleicht anders sein?

Eine richterliche Entscheidung über den Antrag zur Freigabe der Untersuchungsakten im Fall "Jack the Ripper" erwarten Beobachter noch in diesem Jahr.

- Ausführliche Informationen zum Fall Jack The Ripper finden Sie hier.