Mit Unterwassermikrofonen nahmen Meeresbiologen eine häufige Tonfolge auf, die sich bisher keiner bekannten Walspezies zuordnen ließ. Die Forscher gehen zwar nicht davon aus, dennoch ist ein möglicher Fund einer neuen Art noch nicht ausgeschlossen. Insgesamt wurde dieser Ruf schon etwa 1.000 Mal in der Antarktis aufgenommen.

schnabelwal
© Jörg Mazur
Mit vier Unterwassermikrofonen gewappnet, fuhren die Forscher durch antarktische Gewässer. In insgesamt 14 verschiedenen Aufnahmen fanden sie den seltsamen Ruf, den sie keiner Spezies exakt zuordnen konnten. Das Signal - genannt BW29 - ähnelt einem Zwitschern und ähnliche Signale wurden schon häufig aufgenommen. Bei der eigentlichen Studie geht es um die bisher nicht ganz begriffene Verhaltensweisen der Schnabelwale in der antarktischen See. Die Forscher veröffentlichten ihre Studie in Marine Mammal Science.

Die Meeresbiologen vermuten, das Signal BW29 stamme von einer Art aus der Familie der Schnabelwale. Die Schnabelwale umfassen 22 Arten - somit sind sie nach den Delfinen die zweitgrößte Walfamilie. Dennoch ist ausgesprochen wenig über diese Gruppe der Säugetiere bekannt. Aufgrund ihres sehr schwer erfassbaren Verhaltens und ihren tiefen und langen Tauchgängen gestaltet sich die Sichtung dieser Tiere sehr schwer.

In ihrer Studie nennen die Forscher fünf Schnabelwalarten, die auch das „Gezwitscher“ erzeugt haben könnten. Die Arten Südlicher Schwarzwal, Cuvier-Schnabelwal, Camperdown-Wal, Südlicher Entenwal und Layard-Wal treten alle in den ozeanischen Gewässern südlich von Südamerika auf. Allerdings wurden bisher nur vom Cuvier-Schnabelwal schon belegbare Tonaufnahmen gemacht - die anderen Arten ließen sich zum Teil nur anhand gestrandeter Individuen erforschen.

Man geht davon aus, dass jede Art einen eigenen, artspezifischen Ruf besitzt, mit dem sich die Wale orientieren. Sie nutzen den Schall, der von Hindernissen zurückgeworfen wird, um sich ein Bild von ihrer Umgebung zu machen - dasselbe Prinzip nutzen auch Fledermäuse.

Gerade weil über die Schnabelwale und ihr Verhalten so wenig bekannt ist, werden laufend neue Arten beschrieben. Zuletzt wurde im vergangen Jahr die Art Deraniyagala-Zweizahnwal wiederentdeckt. 1965 wurde sie aufgrund unzureichender Belege mit dem Japanischen Schnabelwal synonymisiert - quasi zu einer Art vereinigt. Jedes der sieben bekannten Exemplare des Deraniyagala-Zweizahnwals wurde an der Küste aufgefunden.

Dr. Simone Baumann-Pickering ist eine der Forscherinnen, die an der Studie beteiligt war. Sie forscht am Scripps Whale Acoustics Lab der University of California in San Diego. „Es ist ungünstig, dass die Presse davon ausging, es handele sich hierbei um eine neue Spezies der Schnabelwale“, äußerte sie sich gegenüber redOrbit. Zuvor hatte beispielsweise die BBC berichtet, man habe vermutlich eine neue Spezies entdeckt.

„Es besteht diese sehr unwahrscheinliche Möglichkeit und wir mussten sie in unserem Manuskript erwähnen um alles abzudecken, allerdings ist sie eher nicht die Antwort“, erklärte sie in einer E-Mail an redOrbit. „Ich glaube beispielsweise, dass BW29 vom Südlichen Entenwal stammt - das können wir jedoch nicht sagen, da wir keinen absoluten Beleg dafür haben. Ich begründe diese These mit Daten, die wir zuvor aus einer Aufnahme eines Unterwassermikrofons sammelten, das fünf Monate lang an einem Bodenanker befestigt war. Der Laut tritt in dieser Aufnahme ziemlich häufig auf - an einem Ort wo ein regelmäßiges Auftreten von Südlichen Entenwalen dokumentiert wurde.“

Die Forschungsergebnisse resultierten aus einer Zusammenarbeit mit argentinischen Forschern als gemeinsames Projekt der Southern Ocean Research Partnership. Dr. Baumann-Pickerings Meinung über die Untersuchung, die in diesem Rahmen im Antarktischen Meer durchgeführt wurde: Es sei eine großartige Möglichkeit Spezies akustisch zu beobachten, die sonst außerordentlich schwierig anzutreffen sind. Insbesondere in einem Gebiet, das so abgelegen und die meiste Zeit des Jahres unerreichbar ist, wie die Antarktis.

Die Aufnahme von BW29 war jedoch nicht die Intention der Forschung, genauso wenig wie der eventuelle Fund einer neuen Spezies. Es ging darum „einen ersten Eindruck“ vom saisonalen Verhalten dieser Wale zu gewinnen und „mit genügend räumlicher und zeitlicher Abdeckung besser die Population abschätzen zu können.“ Dr. Baumann-Pickering ergänzte, man könne mit dieser Art der Beobachtung zukünftig Änderungen im Verhalten der Wale beobachten, die aus Veränderungen der Umwelt folgen.

Es ist noch unklar, von welcher Art die Geräusche erzeugt werden. Weil die Forscher das Signal keiner Spezies genau zuordnen konnten, besteht weiterhin die Chance auf eine noch nicht entdeckte Art. Möglich wäre es - denn schließlich werden Schnabelwale bisweilen so selten beobachtet, dass Meeresbiologen noch vielen offenen Fragen gegenüberstehen.