Bild
Größtes, schwimmendes Konstrukt wird 2016 im Pazifischen Ozean ausgesetzt, um diesen zu reinigen. Unsere Weltmeere haben einiges auszuhalten. Geschätzte 300 Millionen Tonnen Plastikmüll werden im Jahr produziert. Nicht wenig davon landet in den Weltmeeren. Momentan schwimmen grob geschätzt 5 Billionen Stücke Plastik auf den Meeren dieser Welt herum.

Der Ursprung einer der revolutionärsten Ideen geht zurück auf das Jahr 2011, als dem damals 17-jährigen Niederländer Boyan Slat im Tauchurlaub in Griechenland mehr Plastikteilchen als Fische begegneten und er sich fortan Gedanken darüber machte, wie er die Weltmeere von der Plastikverschmutzung erlösen könne.

Im Jahre 2013 wurde aus der Idee eine konkrete Erfindung, die für sich beansprucht, die Weltmeere innerhalb von fünf Jahren aufzuräumen und somit 7.250.000 Tonnen Plastik zu beseitigen. Indessen gab der mittlerweile 21-jährige Boyan Slat, Gründer und Firmenchef von The Ocean Clean Up, letzte Woche bekannt, dass dieses sagenhafte Projekt 2016 an den Start geht.

Doch wie soll „The Ocean Clean Up” funktionieren?

Slats Erfindung besteht aus statischen, im Meeresboden verankerten Plattformen von denen schwimmende, kreisförmig angelegte jeweils zwei 50 km lange Fangarme ausgehen, die als Leitplanken fungieren und überall auf der Welt an Müllflickenteppichen ausgesetzt werden kann.

Das Konstrukt bedient sich dabei der natürlichen Strömung mit dem Effekt, dass der an der Oberfläche treibende Müll in die ausgebreiteten Leitplanken getrieben wird. Der 120 Grad Winkel der Ausleger bewegt dann das Plastik in Richtung der Plattformen, an denen unterhalb ein Kunststofffilter angebracht ist, auf denen es getrennt, gefiltert und für das Recycling aufbewahrt wird.

Zudem wird die Anlage mit 162 Solarpanelen betrieben und erweist sich als Hochseefest, da sich bei großem Sturm die Fangarme von den Plattformen lösen, um nicht beschädigt zu werden. Das Problem des Beifangs wird angegangen, indem keine Netze benutzt werden und es den Meerestieren erlaubt, da nur in bis zu drei Metern Tiefe gefischt wird, unberührt drunter durch zu schwimmen, mit dem weiteren positiven Effekt, dass das weltweite Meerestiersterben nachhaltig reduziert werden kann. Auch dem Plankton ergeht es gut, denn es wird größtenteils unter dem Filter hindurch getrieben.
Bild
Dieses Konstrukt ist als Absperrung zu verstehen, in der sich der Müll fängt, denn aufgrund von ständiger Meeresströmung erweist es sich als schwierig und kostenaufwändig, diesen auf konventionelle Weise, wie etwa durch Schiffe aufzusammeln. Das System sammelt passiv den Müll, und ohne sich einen Zentimeter zu bewegen.
Natürlich weist dieses Vorhaben auch Nachteile auf, denn ein Großteil des Mikroplastiks treibt in den Tiefen der Meere umher und kann somit gar nicht durch die Anlage aufgefangen werden. Allerdings ist Slats Projekt dennoch als revolutionär zu bezeichnen, da es die Beseitigung des Müllproblems, wenn auch nur an der Oberfläche, endlich durch eine kreative Lösung angeht.
Die Anlage soll 2016 nahe des Great Pacific Garbage Patch, einer 2009 entdeckten Müllansammlung, die im Nordpazifik zwischen China und den USA treibt und auf eine Größe vergleichbar mit Zentraleuropa geschätzt wird, ausgesetzt werden. Es wird wohl zwei Jahre einsatzfähig sein, die Plastik Verschmutzung auffangen bevor es die Küste des geplanten Stationierungsorts von der Insel Tsushima (zwischen Japan und Südkorea) erreicht.

Tsushima evaluiert, ob das Plastik als eine alternative Energiequelle genutzt bzw. anderweitig wiederverwertet werden kann.
Bild
Verschmutzung der Weltgewässer ist eine der ernsteren Herausforderungen, mit der sich unsere Spezies auseinandersetzen muss. Und kreative Lösungen sind notwendig, um dieses Problem zu anzugehen. Menschen auf der ganzen Welt haben das Problem erkannt und an eigenen Ideen getüftelt, um die Ozeane und andere Gewässer vom Müll zu befreien.
„Sich um das Müllproblem der Ozeane zu kümmern ist eines der größten ökologischen Herausforderungen, mit der sich die Menschheit auseinander setzen muss. Die Säuberungsaktion wird nicht nur zu sauberem Wasser und Küsten beitragen, sondern gleichzeitig unserem Ziel den großen pazifischen Flickenteppich zu reinigen einen entscheidenden Schritt näher kommen. Diese Stationierung wird es uns ermöglichen, die Effizienz und Haltbarkeit der Anlage zu erforschen“, sagt Slat.


DER GRÜNDER VON „THE OCEAN CLEAN UP” IM INTERVIEW: BOYAN SLAT
Frage: Denken Sie, dass Ihr Projekt die plötzliche Aufmerksamkeit ausgelöst hat?
Boyan Slat: Vielen Dank. Ich denke schon. Was aber viel wichtiger ist, dass die Menschen, die sich vorher nicht mit dem Problem beschäftigt haben, dieses nun im Blickfeld haben.
Frage: Was genau tun Sie jetzt mit zwei Millionen US-Dollar?
Boyan Slat: Mit einer Reihe von Tests zur Hochskalierung werden wir direkt in die Pilotphase gehen, die wahrscheinlich drei bis vier Jahre dauern wird. Mit dem Crowdfunding-Geld können wir zumindest erstmal die nächsten zwölf Monate finanzieren, in denen wir das Pilotmodell in nennenswertem Umfang auf die Meeresoberfläche bringen.
Zudem werden wir ozeanographische Untersuchungen machen, um verbleibende Unsicherheiten in der Konstruktion zu beseitigen.
Frage: Wird „The Ocean Clean Up” der Umwelt helfen?
Boyan Slat: Die Kombination aus Bewusstseinsbildung, der Beseitigung des Plastikmülls, der sich momentan in den Meeren befindet und der Entwicklung von Technologien, wie der Müll präventiv abgefangen werden kann - diese drei Dinge werden hoffentlich signifikant zur Verminderung von Kunststoff-Verschmutzungen beitragen.
Frage: Kritiker behaupten, Sie hätten Mikroplastik nicht bedacht. Stimmt das?
Boyan Slat: Unsere Studien zeigen, dass die Minimalgröße des gesammelten Plastiks zwischen zwei und 20 Millimetern liegt. Die formale Größenordnung von Mikro-Partikeln liegt unter fünf Millimetern. Aber selbst wenn unser Modell nur Partikel, die größer als 20 Millimeter sind filtern würde, wären das allein über 90 Prozent des Plastikmülls. Und weil kleine Plastikpartikel meist durch die Zersetzung großer Müllteile entstehen, würden wir im Grunde den Anstieg von Mikroplastik um das Zehnfache verringern.
Frage: Was ist Ihr größer Wunsch für die Zukunft?
Boyan Slat: Ich wünsche mir, tauchen zu gehen und durch Fische zu schwimmen anstatt durch Plastik.
Quelle:Handelsblatt vom 21.10.2014