Was als Medikament erlaubt ist, kann doch als Droge nicht verkehrt sein. Denken junge Menschen in den USA so? Nein, wer wie viel kifft, hängt wohl von anderen Dingen ab.
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Für einige Schwerkranke ist der Joint die beste Therapie. Cannabinoide lindern vor allem Schmerzen, zudem können die Hanf-Inhalte womöglich die Therapie vieler weiterer Krankheiten fördern. Doch Kritiker befürchten, die Legalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken könnte sich zu positiv auf das Image der Droge auswirken. Sie könnte dadurch zu harmlos erscheinen und gerade von Jugendlichen häufiger konsumiert werden.
In den USA, wo Cannabis inzwischen in 23 Bundesstaaten zu medizinischen Zwecken verkauft werden darf, wird darüber seit Jahren diskutiert. Nun haben Forscher im Magazin
The Lancet Psychiatry in einer umfassenden Studie untersucht, wie sich die Hanf-Gesetzgebung auf das Konsumverhalten von Jugendlichen auswirkt (
Hasin et al., 2015). Für junge Menschen, deren Körper sich noch in der Entwicklung befindet,
ist Kiffen besonders gefährlich: Sehr früher und regelmäßiger Cannabis-Konsum kann bei ihnen zu Entwicklungsstörungen sowie psychischen und kognitiven Schäden führen.
Die Wissenschaftler werteten Angaben zum Cannabis-Konsum von rund einer Million Jungen und Mädchen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren aus. Die Daten stammen aus der
Monitoring-the-Future-Studie, für die jedes Jahr Schüler an etwa 400 Schulen in den USA zu unterschiedlichsten Themen befragt werden.
Die Forscher untersuchten, wie sich die Angaben der Jugendlichen von 1991 bis 2014 geändert haben. Im Jahr 1996 erlaubte Kalifornien als erster Staat die medizinische Nutzung von Cannabis. Bis 2014 hatten 20 weitere Staaten nachgezogen. Seit 1991 wurden Jugendliche unter anderem gefragt: Hast Du in den vergangenen 30 Tagen gekifft? Oder in den vergangenen 12 Monaten?
In den Staaten, in denen heute medizinisches Cannabis erlaubt ist, kiffen Jugendliche tatsächlich häufiger - allerdings war das in diesen Staaten auch schon so, bevor die entsprechende Regelung eingeführt wurde.
Es kann also nicht das Gesetz sein, welches das Verhalten der Jugendlichen beeinflusst. Vielmehr scheint es abhängig vom Bundesstaat Faktoren zu geben, die sich sowohl auf die Cannabis-Gesetzgebung als auch auf die Gewohnheiten der Jugendlichen auswirken.
Denkbar sei, dass die Normen und Vorstellungen im Hinblick auf das Kiffen von Staat zu Staat unterschiedlich seien, schreiben die Autoren der Studie. Auch die Verfügbarkeit von Marihuana vor Ort könne eine Rolle spielen. Diese Faktoren müssten weiter untersucht werden.
Unter den 13- bis 14-Jährigen stellten die Forscher sogar fest, dass sie weniger häufig kifften, wenn Marihuana zuvor zu medizinischen Zwecken legalisiert worden war. Anders als die älteren Jugendlichen sind die jüngeren in ihrer Ansicht noch formbarer; einen Stoff, der als Medikament zugelassen ist, nehmen sie daher weniger als Freizeitdroge wahr, vermuten die Wissenschaftler. Vielleicht würden sich auch Eltern bei ihren Jüngsten stärker um Prävention bemühen, wenn Marihuana zu medizinischen Zwecken erlaubt sei.
In den USA ist der Cannabis-Konsum insgesamt seit Mitte der 2000er Jahre gestiegen. Und auch in Deutschland ist Marihuana die beliebteste illegale Droge. Im
Global Drug Survey 2015, der Grundlage des ZEIT-ONLINE-Drogenberichts ist, gab gut die Hälfte der mehr als 32.000 Befragten an, im Jahr vor der Umfrage gekifft zu haben. Und auch der
Drogenbericht der Bundesregierung kommt zu dem Schluss: Cannabis ist "nach wie vor die mit Abstand am weitesten verbreitete illegale Droge in Deutschland". Fast jeder Vierte im Alter zwischen 18 und 64 Jahren habe Erfahrungen mit der Substanz.
Viele Menschen kiffen, um sich zu entspannen und Spaß zu haben. Und nicht jeder, der ab und zu kifft, wird süchtig. Daher wird auch in Deutschland weiter über den richtigen Umgang mit dem Rauschmittel debattiert. Hanf-Mittel zu medizinischen Zwecken gibt es mittlerweile in der Apotheke auf Rezept. Bisher müssen Patienten das therapeutische Marihuana jedoch selbst bezahlen. Noch in diesem Jahr will die Bundesregierung aber die Kostenübernahme durch die Krankenkassen auf den Weg bringen.
Kommentar: Viele - wenn nicht alle Menschen - die drogenabhängig sind, hatten bestimmte Erlebnisse in ihrer Kindheit, die das Gehirn (emotional) so verdrahteten, dass sie heute Drogen nehmen, um die emotionalen Löcher zu stopfen. Die abhängigen Menschen werden durch Verbote niemals erreicht und können kriminell werden, damit sie ihre Drogenbedürfnisse befriedigen können. In den Niederlanden, wo Cannabis erlaubt ist, ist der Drogenkonsum weltweit am niedrigsten. Das wäre zumindest ein Beispiel, dass die Legalisierung von Drogen nicht zu einem Mehrkonsum führt. Dennoch sind die Auswirkungen von Drogen nicht zu unterschätzen, denn sie richten eindeutig Schäden an.
Allgemein betrachtet ist die Drogensucht ein gesellschaftliches Problem, sei es zum Beispiel durch die Vergabe von Antidepressiva, und es fehlt ein gleichwertiger und menschlicher Ansatz gegenüber Drogenabhängigen und eine Suche nach alternativen Lösungen und einer grundlegenden Ursachenforschung.