Der Bierbauch gilt inzwischen als schickes Accessoire. Dabei sind die darin enthaltenen Fette gefährlich - nicht nur für den Körper. Auch psychische Leiden werden heute mit Bauchfett assoziiert.
bierbauch
© Getty Images
Als "Dad Bod" (Papakörper) ist die gute alte Plauze jetzt salonfähig: Bauch darf sein, das mache Männer sympathisch und sexy, liest man in Styleblogs. Über Ästhetik lässt sich bekanntlich streiten. Doch ein Bierbauch kann gefährlich werden. Fettgewebe nämlich befeuert entzündliche Prozesse im gesamten Körper. Das Risiko, an Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Leiden zu erkranken, steigt. Und nicht nur das: Übermäßiges Fettgewebe mischt sich auch in den Stoffwechsel, die Immunabwehr und sogar in die Psyche ein.

Betroffen sind vor allem Männer, denn sie neigen dazu, apfelförmig Fett anzusammeln. Frauen hingegen gehören meistens zum Fettverteilungstyp Birne und legen am Po und den Oberschenkeln zu. Es gibt allerdings Ausnahmen, sagt Matthias Blüher, Adipositas- und Fettgewebeforscher am Sonderforschungsbereich Mechanismen der Adipositas der Universität Leipzig. Heißt: Manche Frauen bekommen einen Bierbauch, und manche Männer sind eher der Birnentyp.

Mit Bier hat der Bauch übrigens nur bedingt zu tun. Alkohol zählt zu den Lebensmitteln mit den meisten Kalorien und trägt oft maßgeblich zum Übergewicht bei. Außerdem trinken die meisten Menschen Bier zum Essen, nehmen also zusätzliche Kalorien zu sich. Doch auch ganz ohne Bier kann man sich eine stattliche Wampe zulegen: Sie entsteht, wenn man zu viele Kalorien zu sich nimmt und zu wenig verbrennt.


Kommentar: Es werden die Kohlenhydrate an sich sein die gefährlich sind und besonders glutenhaltige Kohlenhydrate.

Der typische pralle Bierbauch besteht aus zwei unterschiedlichen Arten von Fett: dem subkutanen, das direkt unter der Haut sitzt, und dem viszeralen, das sich tief im Inneren des Bauchraums sammelt und sich auch zwischen und an den Organen anlagert. Dieses Fett kann gefährlich werden. Es hat eine andere Zusammensetzung der Fettzellenstruktur als das subkutane, erklärt Richard Raedsch vom Berufsverband Deutscher Internisten. Und es sendet bestimmte Hormone aus. "Die tragen zu einer Appetitsteigerung bei, man isst mehr, und die Fettablagerung nimmt noch zu - ein Teufelskreis."
übergewicht, adipositas
© Infografik In Deutschland sind mehr Männer als Frauen übergewichtig
Adipositasforscher Blüher ergänzt: "Das viszerale Bauchfett sendet Entzündungsstoffe aus, die die Blutgefäße schädigen, Fettstoffwechselstörungen begünstigen und zu Diabetes beitragen können." Außerdem bildet es Stoffwechselprodukte wie Fettsäuren, die direkt und unverdünnt in der Leber landen. Dadurch speichere die Leber zu viel Fett und werde unter Umständen insulinresistent. Zudem steigert das viszerale Bauchfett etwa das Herzinfarktrisiko und die Gefahr koronarer Herzerkrankungen.

Dass der eigene Bauch aus viszeralem Fett besteht, erkennen Betroffene zum Beispiel an der Waist to Hip Ratio, dem Verhältnis zwischen Taillen- und Hüftumfang. Im besten Fall ist bei Frauen die Taille schmaler als die Hüfte, und bei Männern haben Hüfte und Taille etwa den gleichen Umfang.

Ein weiteres Anzeichen: "Der typische Bierbauch mit viszeralem Fett wölbt sich prall wie ein Fußball und hängt wenig", sagt Blüher. Andreas Fritsche vom Lehrstuhl für Ernährungsmedizin und Prävention an der Universität Tübingen ergänzt: "Wenn man mit dem Finger reinpiekst und der Bauch prall-elastisch wirkt oder man zwischen Daumen und Zeigefinger keine Hautfalte zu fassen bekommt, ist das ein Indiz für viszerales Fett." Endgültig klären lässt sich das aber nur durch bildgebende Verfahren wie Kernspintomografie oder Computertomografie.

Wer seinen Bauch wieder loswerden will, muss selbst tätig werden. Das überschüssige Fett einfach abzusaugen bringt nämlich nichts. "Nur subkutanes Fett kann abgesaugt werden", erklärt Fritsche. Dem gefährlichen viszeralen Fett rückt man nur durch eine Umstellung der Ernährung zu Leibe. Die gute Nachricht: Viel Gewicht verlieren muss man nicht.


Kommentar: Am erfolgreichsten scheint eine ketogene Ernährung zu sein um beim Abnehmen zu helfen und gegen andere Krankheiten vorzubeugen:

Hungern ist eher kontraproduktiv, denn zuerst verliert der Körper Wasser und subkutanes Fett. Wer die gefährlichen Depots zum Schmelzen bringen will, sollte sich mediterran ernähren: Viel Gemüse, Nüsse und Pflanzenöle empfiehlt Fritsche. Die wichtigste Rolle spielt Bewegung. Und auch hier gilt: Niemand muss zum Hochleistungssportler werden. Raedsch empfiehlt, sich dreimal pro Woche zu bewegen: etwa beim Schwimmen oder schnellen Spazierengehen.

Damit senken übergewichtige Menschen nicht nur ihr Risiko für Herzerkrankungen und Diabetes - auch die Psyche profitiert nachweislich, wenn der Bierbauch verschwindet. Im Fettgewebe entstehen nämlich vermehrt Zytokine: Eiweiße, die eine wichtige Rolle im Immunsystem spielen.

Weniger Fett hilft der Psyche

Depressive Patienten, die zusätzlich adipös sind, zeigen die höchsten Konzentrationen bestimmter Zytokine. "Die größere Ausschüttung der Zytokine im Fettgewebe könnte also mit erklären, warum adipöse Menschen häufiger an Depressionen erkranken als normalgewichtige", sagt der Psychiater und Adipositasforscher Professor Hubertus Himmerich vom Uniklinikum Leipzig.

Wie eine neue interdisziplinäre Studie der Universität Leipzig zeigt, kann körperliche Bewegung bei adipösen Menschen die Produktion der entzündungsfördernden Zytokine wieder senken.

Diese Forschungsergebnisse machen deutlich, wie vermehrte körperliche Aktivität vor den schweren Folgekrankheiten starken Übergewichts schützen kann. Die Blockierung von Zytokinen durch spezielle Medikamente könnte auch ein neuer Therapieansatz sein - ähnlich wie es heute bereits bei Autoimmunerkrankungen geschieht.

dpa/tna