In Paris sind die bisher tödlichsten Angriffe in der Geschichte Frankreichs verübt worden. Frankreichs Präsident Hollande spricht davon, dass Frankreich sich im "Krieg" befindet und Sicherheitsexperten debatieren mit Verweis auf 9/11, ob die Vorfälle in Paris zum NATO-Bündnisfall führen.


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Mindestens 128 Menschen sollen getötet und etwa 257 weitere verletzt worden sein. Sieben der bisher bekannten acht Attentäter jagten sich selbst in die Luft, einer wurde von Sicherheitskräften getötet.

Schwerpunkt der Terroraktion war die Konzerthalle „Bataclan“. Dort war erst von einer Geiselnahme die Rede, mittlerweile ist bestätigt, dass sich drei Terroristen dort im Augenblick des Zugriffs der Polizei mit Sprengstoffgürteln in die Luft gesprengt haben. Insgesamt sollen etwa 100 Personen alleine in der Konzerthalle getötet worden sein.

Darüber hinaus soll es Augenzeugenberichte geben, wonach die Angreifer „Allahu Akbar“ gerufen und in die Menge geschossen hätten, andere hätten Bezug auf Präsident François Hollande und den - bis dato weltweit eher weniger beachteten - Militäreinsatz Frankreichs in Syrien genommen.

Neben dem Konzertsaal im 10. Arrondissement nahmen die Terroristen auch drei Cafés und Restaurants in der Nähe des Konzertsaales ins Visier. Im Café „Le Carillon“ gab es demnach mindestens 14 Tote, beim Café „La Belle Equipe“ mindestens 18. Weitere Ziele waren das Restaurant „Le Petit Cambodge“ und „La Cosa Nostra“.


Die Attentäter haben zudem jedoch ihre Anschläge auch bewusst so inszeniert, dass sie live von einem größeren Publikum wahrgenommen werden. Mehrere Explosionen ereigneten sich um etwa 21.20 im Umfeld des Stade de France, wo zwanzig Minuten zuvor das Fußball-Testspiel zwischen Frankreich und Deutschland angepfiffen worden war. Im Laufe des Spiels waren auch im Wege der Fernsehübertragung zwei Detonationen von außerhalb des Stadions zu hören. Der dort anwesende Staatspräsident François Hollande verließ zur Pause die Sportstätte, während dieselbe vorübergehend abgeriegelt wurde und das Publikum ebenso wie die Mannschaften noch mehrere Stunden im Stade de France ausharren mussten.

In Frankreich wurde unter dem Eindruck der Ereignisse der Ausnahmezustand ausgerufen. Es handelt sich um den zweiten schweren Terroranschlag in Paris in nur einem Jahr nach den Angriffen auf die Zeitschrift „Charlie Hebdo“ im Januar und um die verheerendste terroristische Tat in Westeuropa seit den Bombenanschlägen in Madrid im Jahre 2004.

Präsident Hollande kündigte nach einer Sondersitzung des Kabinetts in einer Rede an die Nation an, einen „erbarmungslosen Kampf“ gegen den Terrorismus zu führen und rief die Bevölkerung dazu auf, stark und standhaft zu bleiben. Aus zahlreichen Ländern der Welt, wie den USA, Großbritannien, Deutschland, der Russischen Föderation, der Türkei oder Saudi Arabien, kamen Botschaften der Anteilnahmen, in denen zudem Hilfe bei der Versorgung der Verletzten oder bei der Bekämpfung von Terroristen angeboten wurde.


Die Polizei ging BBC-Berichten davon aus, dass alle Terroristen tot sind - sieben sollen sich mit Sprengstoffwesten selbst getötet haben, einer soll erschossen worden sein. Es sei aber noch nicht klar, ob sich noch Komplizen auf der Flucht befinden würden. Der US-Sender Fox 6 sprach auf Twitter davon, dass ein in Paris verhafteter Mann erklärt hätte, er wäre Syrer und zusammen mit zwei anderen für eine IS-Mission rekrutiert worden. Die Anschläge wären eine „IS-Mission“.

Mittlerweile geht auch Hollande davon aus, dass die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hinter den Anschlägen stehe. Es hatte auch im Vorfeld kryptische Andeutungen auf IS-nahen Accounts über bevorstehende Anschläge in Europa gegeben, diese waren aber eher allgemein gehalten. Gestern Mittag wurde das Mannschaftquartier der deutschen Nationalmannschaft nach einer Bombendrohung kurzzeitig geräumt.

Es spricht zudem vieles dagegen, dass ausschließlich nicht ortskundige Personen die Tat geplant haben könnten. Zwar hat die Vorgehensweise etwas an sich, das bereits von terroristischen Akten im Kaukasus oder in Mumbai bekannt ist.

Dennoch spricht vieles von der Symbolsprache für einen örtlichen Bezug zumindest einiger der Urheber. So ist die mit chinesischen Elementen im Baustil angereicherte Konzerthalle „Bataclan“ aus dem 19. Jahrhundert außerhalb des Großraumes Paris und der kunstinteressierten Gemeinde wenig bekannt, vor allem dürfte sie im Nahen Osten oder Zentralasien nicht annähend den Bekanntheitsgrad erreichen, den etwa ein Louvre oder Trocadéro international aufweisen.

Auch muss es den Tätern bekannt gewesen sein, dass die Sicherheitsvorkehrungen im Umfeld eines relativ unbedeutenden Fußball-Testspiels geringer wären als im Fall eines Qualifikations- oder Endrundenspiels, sodass es leichter ist, dieses als Kulisse auszuwählen.

Auch, dass der Angriff an einem Freitag, dem 13. stattfand, könnte eine Bedeutung haben, die eine Beteiligung in Westeuropa aufgewachsener Terroristen als wahrscheinlich erscheinen lässt. Dass dieser einem Volksaberglauben zufolge ein Unglückstag sein soll, ist eine Vorstellung, die im Nahen Osten oder im asiatischen Raum völlig unbekannt ist.

Etwa 1.500 Soldaten sollen vom heutigen Samstag an bis auf Weiteres Paris vor möglichen weiteren Anschlägen schützen. Alle Schulen, Museen, Bibliotheken, Bäder und Märkte sowie das Disneyland Paris bleiben geschlossen.