Urinierender Hund.
© Dean Beeler, CC by 2.0 (via WikimediaCommons)Symbolbild: Urinierender Hund.
Tomsk (Russland) - Trotz zahlreicher bisheriger Versuche hatten Hunde bislang noch nie den sogenannten Spiegeltest bestanden und sich selbst in einem Spiegel erkannt. Russischen Verhaltensforschern ist es nun sozusagen mit einer Geruchs-Variante dieses Bewusstseins-Experiments gelungen nachzuweisen, dass auch Hunde und wie die Forscher selbst hinzufügen, „wahrscheinlich auch zahlreiche andere Tierarten“, ein Bewusstsein von sich selbst haben. Was wahrscheinlich die meisten Hundebesitzer und Tierfreunde schon lange ahnen, kann somit erstmals auch experimentell bestätigt werden.

In der klassischen Variante des Spiegel-Experiments wird den Tieren im schlafenden oder betäubten Zustand ein farbiger, geruchsloser Punkt auf eine für das Tier uneinsehbare Körperstelle (etwa die Stirn) gemalt. Wird beim Blick in einen Spiegel dieser Punkt als ungewohnter Teil des eigenen Körpers erkannt (indem das Tier etwa versucht, mit Hilfe seines Spiegelbildes den Punkt zu berühren, zu entfernen oder zu untersuchen) gilt dies als Beleg dafür, dass das Tier sich selbst im Spiegel erkennt und sich somit von anderen Tieren zu unterscheiden weiß. Bislang haben nur Menschen und wenige Tierarten wie Menschenaffen, Delfine, Elefanten und Elstern diesen klassischen Test bestanden. Versuche mit Hunden und Wölfen verliefen, trotz der sonstigen nachweislich komplexen kognitiven Fähigkeiten der Tiere, bislang stets ergebnislos.

Für das Team um den Evolutionsbiologen Roberto Cazzolla Gatti von der Staatlichen Universität Tomsk liegt der Grund für das Nichtbestehen der Hunde aber nicht in einem fehlenden Selbst-Bewusstsein der Tiere, sondern in der Art und Weise, wie Hunde ihre Umwelt hauptsächlich wahrnehmen: Statt sich auch visuelle Eindrücke zu konzentrieren, verlassen sie sich eher auf ihre dem Menschen weit überlegene Nase, also auf Gerüche.

Aus diesem Grund entwickelten die Wissenschaftler eine Geruchs-Variante des Spiegel-Tests und beschreiben die Ergebnisse ihrer Studie aktuell im Fachjournal Ethology Ecology & Evolution (DOI: 10.1080/03949370.2015.1102777): Mit Urinproben halbwilder Hunde und entsprechenden Proben des eigenen Urins konfrontiert, zeigte sich, dass die Tiere sehr viel stärker an den jeweils fremden Gerüchen interessiert waren als am eigenen.

Für Gatti und Kollegen ist dies ein Beleg dafür, dass die Tiere ihren eigenen Geruch und somit sich selbst (er-)kennen. Auch zeigte sich, dass jüngere noch länger als ältere Tiere an den eigenen Urinproben schnupperten. Für die Forscher ist dies ein Beleg dafür, dass sich deren Selbst-Bewusstsein noch nicht stark genug ausgeprägt hat. Auch für letztere Beobachtung gibt es Parallelen zum Spiegel-Experiment mit Menschen und Großaffen.

Angesichts ihres Ergebnisses appellieren die Wissenschaftler für eine Anpassung des doch sehr stark am Menschen orientierten Spiegel-Experiments auf die jeweils den untersuchten Tierarten eigenen Wahrnehmungsfähigkeiten. Schließlich erwarte man ja auch nicht von natürlich blinden Tieren wie etwa Fledermäusen und Maulwürfen, dass sie sich in einem Spiegel wiedererkennen.