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Kommentar: Die "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte", auf die sich die Autoren im folgenden Beschwerdebrief beziehen, hat sich tatsächlich als nicht gerade seriöse Quelle erwiesen: Propagandaschleuder? „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ als Werkzeug des Westens



Der ehemalige TAGESSCHAU-Redakteur Volker Bräutigam hat erneut Programmbeschwerde eingereicht. Begründung: Die ARD würde sich regelmäßig in ihrer Berichterstattung auf die 1-Mann-Organisation „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ berufen, selbst wenn diese die einzige Quelle der "Information" ist. Er verweist dabei auf den journalistischen Grundsatz, dass eine Nachricht, deren Wahrheitsgehalt sich nicht überprüfen und nicht anderweitig bestätigen lässt, keine Nachricht ist.


Programmbeschwerde wegen Nutzung obskurer Nachrichtenquellen

Eingabe: „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ Dauerquelle für ARD-aktuell /TS 20 Uhr v. 17.01.2016

Sehr geehrter Herr Marmor,

viele Male haben wir vergeblich dagegen argumentiert, dass sich die Redaktion ARD-aktuell auf die „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ stützt, oftmals sogar dann, wenn diese die einzige Informationsquelle ist.

Neuerdings, so auch in der o.g. Sendung am 17. Januar 2016, relativiert die Redaktion zwar solche Meldungen mit Floskeln wie „Diese Berichte ließen sich bislang nicht von unabhängiger Seite bestätigen,“ doch bewirken derartige Suffixe beim Zuschauer nicht, was sie vorgeblich sollen. Sie wecken keine gravierenden Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Information, sondern geben der ARD-aktuell nur den dünnen Firnis des Bemühens um Objektivität und neutrale Distanz. Diesen Wirkmechanismus kann Ihnen jeder Kommunikationswissenschaftler darlegen. Wir gehen davon aus, dass er auch der Redaktion ARD-aktuell bekannt ist und sie genau weiß, dass sie mit solchen Floskeln ihrer propagandistischen Arbeit nur einen Tarnanstrich verleiht.

Informationsendungen müssen nach § 8 des NDR-Staatsvertrages "unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen." Wie das bei der obskuren syrischen Beobachtungsstelle möglich sein soll, bleibt ein Geheimnis von ARD-aktuell.

Hier gilt wohl die Erkenntnis von Noam Chomsky:
"Aussenpolitisch dienen die Massenmedien der Politik als Propagandainstrument, um deren Feinderklärungen regelmäßig abzusegnen. Innenpolitisch sind sie das Mittel zur Herstellung von Konsens..."
Wir erheben deshalb Programmbeschwerde gegen die regelmäßige Berufung auf eine so vollkommen unqualififizierte Nachrichtenquelle seitens der Redaktion ARD-aktuell.

Die „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ gibt es in London gar nicht mehr, sie hat ihren Sitz in Coventry. Ihr Chef und einziger Beschäftigter ist der Brite Ossama Suleiman. Er ist ein dreimal vorbestrafter Dunkelmann, der im Jahr 2000 aus Syrien nach England übersiedelte, sich den Namen Rami Abdurrahman gab und als „Direktor“ der „Beobachtungsstelle“ firmiert. Der Süddeutschen Zeitung zufolge betreibt er mit seiner Frau einen Kleiderladen und wurde von einer Gruppe, in der er in London für diese ominöse Beobachtungsstelle tätig war, schließlich rausgeworfen; deren Internet-Domain habe Suleiman "geklaut"; 2012 hat sich diese Gruppe aufgelöst.

Suleiman wird mutmaßlich von US-amerikanischen, evtl. auch britischen Geheimdiensten geschmiert. Er behauptet, zuverlässige Informanten in den syrischen Bürgerkriegsgebieten zu haben, die ihn telefonisch über dortige Ereignisse unterrichten. Die meisten seiner Hinweise und Behauptungen haben sich jedoch entweder als falsch oder als übertrieben oder als allenfalls bedingt zutreffend erwiesen. Es ist fachlich nicht erklärbar, weshalb ARD-aktuell sich permanent auf eine solche Quelle beruft - wenn man nicht unterstellt, dass die Redaktion freiwillig und bewusst nach einer propagandistischen Matrix arbeitet.


Was von Mister Suleiman zu halten ist, haben wir mehrmals vorgetragen: Nichts. Hier ist es nochmals aus anderem Blickwinkel nachlesbar.

Für ARD-aktuell sind Moskauer Quellen zwar grundsätzlich irrelevant, Chefredakteur Dr. Gniffke gibt lieber den Washingtoner Heloten. Aber Sie als Intendant und der NDR-Rundfunkrat sollten noch ein Restinteresse daran haben, journalistischen Anstand und Distanz zu undurchsichtigen Figuren wie Herrn Suleiman und seinen Hintermännern zu wahren. Das Restinteresse könnte sich in der Rückbesinnung auf eherne ethische Grundsätze im Journalismus ausdrücken:
"Eine Nachricht, deren Wahrheitsgehalt sich nicht überprüfen und die sich nicht anderweitig bestätigen lässt, ist keine Nachricht."
Und was zusätzlich ins Auge fällt: Die „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ als Nachrichtenquelle zu akzeptieren, eine offizielle russische Nachrichtenagentur von vornherein aber per Dr. Gniffke-Diktum zu ignorieren und zu dämonisieren, ist ein überaus klarer Beweis dafür, wie eindeutig ARD-aktuell im Geschäft der Propaganda verstrickt ist.

Höflich grüßen

Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer