Man müsse davon ausgehen, dass die Züge ungebremst aufeinander prallten, sagt der Verkehrsminister. Das Sicherheitssystem auf der Strecke wurde erst kürzlich überprüft.
zugunglück bad aibling
© Peter Kneffel/dpa
Stunden nach dem Zugunglück in Bad Aibling ist weiter unklar, warum die beiden Nahverkehrszüge aufeinanderprallten. Jeder Zug habe drei Blackboxes, zwei seien bereits gefunden worden, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf einer Pressekonferenz. Mitarbeiter des Eisenbahnbundesamts seien vor Ort, um die Blackboxes zu untersuchen.

An Spekulationen über die Ursachen wollte sich Dobrindt nicht beteiligen. Man müsse klären, wo technisch oder menschlich die Ursache liege, sagte Dobrindt. Es handele sich um eine schreckliche Katastrophe. Ein Zug habe sich in den anderen hineingebohrt und ihn auseinandergerissen. "Das sind Bilder, die einen natürlich auch sehr stark emotional belasten."

Dobrindt war am Nachmittag an die Unglücksstelle gereist. Er zeigte sich tief erschüttert über die Szenen. Man müsse davon ausgehen, dass die Züge "weitestgehend ungebremst aufeinandergeprallt" seien, sagte er. Die Unfallstelle liegt auf einer eingleisigen Strecke zwischen Kolbermoor und Bad Aibling. Das Unglück ereignete sich in einer Kurve, die Lokführer konnten vor dem Aufprall daher keinen Sichtkontakt gehabt haben.

Die Rettungskräfte seien innerhalb weniger Minuten am Unfallort gewesen, sagte Dobrindt. Die Belastung für die Einsatzkräfte sei sehr hoch, teils müssten sie von Kollegen abgelöst werden, einige von ihnen seien noch vor Ort betreut worden, sagte der Minister. Er dankte den rund 500 Rettungskräften für ihren schnellen und guten Einsatz.

Sicherheitssystem erst kürzlich überprüft

Eigentlich soll eine "Punktförmige Zugbeeinflussung" Unfälle wie bei Bad Aibling verhindern. Überfährt ein Zug ein Haltesignal sollte er automatisch gebremst werden. Warum das heute Morgen nicht funktioniert hat, ist derzeit noch offen.

Nach Angaben der Deutschen Bahn (DB) ist das System auf der Strecke erst vor rund einer Woche technisch überprüft worden. Dabei habe es keine Probleme gegeben, sagte der Konzernbevollmächtigte der DB für Bayern, Klaus-Dieter Josel.

Am Morgen waren bei Bad Aibling zwei Nahverkehrszüge des französischen Bahnbetreibers Meridian frontal zusammengeprallt. Die Bergungsarbeiten vor Ort dauern an. Bislang wurden neun Tote geborgen, darunter die beiden Lokführer und zwei Zugbegleiter. Mehr als 80 Menschen wurden verletzt, 18 davon schwer. Alle Verletzten konnten am Morgen aus den Trümmern befreit und versorgt werden. Jedoch: "Wir wissen nicht, ob nicht noch mehr Tote in den verkeilten Zügen gefunden werden. Das ist wirklich schrecklich", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Der Unfall sei eines der "großen Eisenbahnunglücke in der jüngeren Vergangenheit in Deutschland und speziell bei uns in Bayern".

Nach Angaben des bayerischen Innenministers hätten sich die Züge fahrplanmäßig in dem Ort Kolbermoor begegnen sollen. "Warum es eine Abweichung vom Fahrplan gab, muss jetzt ermittelt werden", sagte er.

Herrmann dankte den Rettern für ihre professionelle Hilfe vor Ort. "So tragisch das Unglück ist, so großartig ist die Hilfsbereitschaft all dieser Rettungskräfte."

Auf der eingleisigen Bahnlinie, die vor allem im regionalen Personenverkehr genutzt werde, habe es bisher keine Störungen gegeben, sagte Herrmann. In den vergangenen Jahrzehnten habe es zudem "massive Verbesserungen in der Zugsicherungstechnik" gegeben, so dass "was geltende Technik und geltende Vorschriften sind, ein solches Unglück, wo sich zwei gegenläufige Züge auf dem gleichen Gleis befinden, eigentlich nicht mehr vorkommen kann".

ZEIT ONLINE, dpa, AFP, Reuters, sk, sah