Für deutsche Mittelständler ist es schwer eine Genehmigung für den US-Markt zu erhalten. Je nach Bundesstaat können sich die Anforderungen unterscheiden. Das birgt ein finanzielles und rechtliches Risiko für deutsche Unternehmen, so die Wirtschaftsinitiative „KMU gegen TTIP“.
Merkel Obama
© dpaDie USA und die EU streiten beim Freihandels-Abkommen TTIP darüber, wer sich an wessen Vorschriften halten muss.
TTIP stößt selbst bei Unternehmen derselben Branche auf unterschiedliche Urteile. Während der Verband der deutschen Maschinen- und Anlagebauer (VDMA) sich für das Freihandelsabkommen ausspricht, kritisieren viele kleinere Mittelständler das Abkommen scharf. „TTIP ist die einmalige Chance für die EU und die USA, gemeinsame Standards für morgen zu setzen“, so Ulrich Ackermann, Leiter VDMA-Außenwirtschaftsabteilung, im vergangenen Jahr. „Wir erleben einen zunehmenden Wettbewerb, vor allem aus dem asiatischen Raum. TTIP wird dadurch immer wichtiger“. Wenn TTIP nicht zustande käme, wäre das eine vertane Chance.

Der VDMA argumentiert, dass TTIP Standards bringen würde und so Mehrkosten für deutsche Unternehmen einsparen. Die Wirtschaftsinitiative „KMU gegen TTIP“ geht jedoch davon aus, dass es gerade im Maschinenbau und der Elektronikindustrienicht gelingen wird, gemeinsame Standards zu finden. So sei beispielsweise die europäische Elektronikindustrie bereits jetzt mit der International Organisation for Standardization (ISO) und der International Electrotechnical Commission (IEC) harmonisiert. Doch in den USA selbst fehlt auf nationaler Ebene ein gemeinsamer Standard. Je nach Bundesstaat können die Produktanforderungen erheblich variieren. Beim Brandschutz etwa gibt es keine gesetzliche Regelung. Vielmehr übernehmen Labore, die der Verischerungswirtschaft zuarbeiten, die Anerkennung der Produkte.

„Mit TTIP besteht nicht nur die Gefahr, dass das sehr erfolgreiche Europäische Normierungssystem untergraben wird“, heißt es in einer Studie der Wirtschaftsinitiative. „Sondern auch, dass amerikanische Unternehmen zwar einen einfachen Zugang zum europäischen Markt bekommen, europäische Unternehmen aber nach wie vor regionale und nicht vereinheitlichte Besonderheiten im amerikanischen Markt berücksichtigen müssen.“ Das ist für kleine und mittlere Unternehmen kaum zu stemmen und würde aufgrund zunehmender Konkurrenz aus den USA auf dem heimischen Markt zu einem drängenden Wettbewerbsnachteil führen.

Zusätzlich dazu könnte sich durch diese unterschiedlichen Anforderungen und Zulassungsvoraussetzung ein erhöhtes Haftungsrisiko für Mittelständlerergeben, so die Initiative. „Denn selbst wenn Produkte mit dem europäischen CE-Kennzeichen in den USA zugelassen werden, ist nicht geklärt, ob damit auch Haftungssicherheit gegenüber amerikanischen Gerichten und Versicherungen gegeben ist.“

Dass es sich dabei um ein grundsätzliches Problem handelt, zeigt eine Parlamentarische Anfrage der EU-Abgeordnete Quisthoudt-Rowahl (CDU) am 6. August 2015. Auf die Frage:

„Kann durch bestimmte Formulierungen im TTIP ausgeschlossen werden, dass europäischen Herstellern, deren Produkte „nur“ den europäischen Produktanforderungen, also gegebenenfalls nicht 1:1 damit kollidierenden US-Anforderungen entsprechen, hieraus Rechtsnachteile, insbesondere — im Vergleich zur Vermarktung der Produkte in der EU — erhöhte Haftungsrisiken erwachsen?“

Daraufhin heißt es von der EU-Handelskommissarin Malmström:

„Mit TTIP werden weder die Rechtssysteme der EU und der USA, die die Produkthaftung regeln, geändert noch die Zuständigkeiten der EU‐ bzw. US-Behörden beeinträchtigt. Unterschiede zwischen den jeweiligen Rechts‐ und Justizsystemen müssen berücksichtigt werden, damit ein ausgeglichenes Ergebnis sowohl bei den Regulierungsfragen als auch bei TTIP insgesamt erzielt werden kann. Die gegenseitige Anerkennung technischer Vorschriften bzw. die gegenseitige Anerkennung von Produktnormen und Zulassungsanforderungen wird nur in einer sehr begrenzten Anzahl von Branchen wie beispielsweise der Automobilindustrie (z. B. Gleichwertigkeit einiger Vorschriften im Bereich der Kraftfahrzeugsicherheit) oder der Pharmaindustrie (gegenseitige Anerkennung der Kontrollen der guten Herstellungspraxis) in Erwägung gezogen. (...)“