Die Meereserwärmung verdrängt Islands Nationalvogel. Das hat zur Folge, dass ein ganzer Brutjahrgang ausfällt, weil die Vögel nicht mehr genug zu fressen finden.
Papageientaucher
© Getty ImagesPapageientaucher.

Die Felsen am Breidafjord sind Islands Naturhüter hochgekraxelt, und was sie sahen, hat sie erschüttert. Dort, wo die Papageientaucher sonst zu Zehntausenden nisteten, saß ein einsames Brutpaar in der Höhle und hielt ein Ei warm. Drei weitere, erkaltete Eier fanden die Forscher verwaist, ein paar Dutzend Nester leer. „In den letzten Jahren war der Zustand der Vogelkolonie schlecht, in diesem ist er entsetzlich“, berichtete der Ornithologe Ævar Pedersen im Isländischen Rundfunk. Auch das Vorkommen der arktischen Seeschwalbe erreicht nur noch 20 Prozent der üblichen Zahlen.

Auf den Westmänner-Inseln südlich von Island ist der Papageientaucher mit dem schwarz-weißen Gefieder und dem charakteristischen roten Schnabel das Nationalsymbol. Früher kam er zur Nistzeit in Millionen zu den Bergwänden und legte seine Eier in die Felshöhlen. Jetzt erlebt der Bestand den „schlimmsten Kollaps, den wir je sahen“, sagt der Vogelexperte Erpur Snær Hansen. „90 Prozent der Tiere überspringen die diesjährige Brutsaison.“ So graut den Ornithologen jetzt schon vor dem kommenden Sommer, wenn wohl ein ganzer Jahrgang ausgefallen sein wird.

Die Lage sei „bedrückend“, sagt Pedersen. Der Bestand ist so stark zurückgegangen, dass eine normale Saison nicht mehr ausreicht, um ihn zu retten. Schon im Vorjahr überlebten wegen Futtermangels weniger Jungvögel als zur Bestandserhaltung nötig.

Konkurrenz von den Makrelen

Die Experten geben der Meereserwärmung die Schuld am Vogelsterben, denn die Sprotten und Sandaale, die die bevorzugte Nahrung der Papageientaucher sind, laichen im wärmeren Wasser inzwischen zu früh.

Außerdem lockt die gestiegene Temperatur Makrelenschwärme an die isländischen Küsten, die früher dort nicht heimisch waren - Konkurrenz also, denn auch die Makrele ernährt sich von den kleinen Fischen. Das ökologische Gleichgewicht ist gestört, und den Jungvögeln fehlt die Nahrungsgrundlage.

Die Jagd auf die Vögel und das Sammeln der Eier wurde in diesem Sommer auf den Westmänner-Inseln erstmals völlig verboten, nachdem die Behörden die Saison schon im Vorjahr von normal 55 auf nur fünf Tage einschränkten. 123 der Seevögel mussten damals das Leben lassen, in (für die Jäger) guten Jahren waren es bis zu 100000 gewesen.

Mit dem großen Festschmaus beim traditionellen Sommerfest Anfang August, bei dem die Papageientaucher gesotten als Delikatesse gelten, wird es nichts in diesem Jahr. Doch im Unterschied zum Federvieh mangelt es den menschlichen Inselbewohnern nicht an Alternativen auf dem Speiseplan.