Unglaublich, aber wahr: Während der Entführung der Egypt-Air-Maschine wollte eine britische Geisel eine Aufnahme zusammen mit dem Entführer - und setzte die Idee prompt in die Tat um.
paul innes
© SCREENSHOT TWITTER/PAUL SMITH/BEN INNES
Flugangst haben viele. Was macht man, wenn es einen Strömungsabriss gibt oder die Elektronik ausfällt? Wie verhält man sich, wenn jemand das Flugzeug entführt oder für terroristische Anschläge missbraucht? Die Vorstellung, dass tausende Meter über dem Erdboden etwas passiert, und man als Flugzeugpassagier seinem Schicksal vollkommen ausgeliefert ist, dürfte beim einen oder anderen Fluggast zu kaltem Schweiß auf der Stirn beim Start führen. Ganz zu schweigen, was mit einem Menschen passiert, wenn ein Schreckensszenario, das gerade in seinem Kopfkino stattgefunden hat, wirklich eintrifft.

So dürfte es am Dienstag 80 Passagieren an Bord eines ägyptischen Passagierflugzeugs von Alexandria nach Kairo ergangen sein, als ihre Maschine von einem Mann mit Sprengstoffgürtel entführt wurde. Der 81. Passagier indes blieb cool: Ben Innes bat statt dessen eine Stewardess, ein Foto von sich und dem Entführer zu machen.

Über das Motiv seines Gedankenblitzes lässt sich nur spekulieren. Fühlte er sich mit dieser verrückten Tat in der Rolle des Helden, wie ihn Liam Neeson als Air Marshall im Action-Thriller Non-Stop verkörpert, als ein Flugzeug in die Macht von Terroristen gerät? Oder wollte er die Berühmtheit eines Social Media-Stars erlangen, indem er das „beste Selfie überhaupt“ in die Welt setzt? So ähnlich lautete gemäß Daily Mail zumindest die Anweisung für die Stewardess, welche das Foto schoss.

„Ich hatte nichts zu verlieren“

Waghalsig war es allemal, da die Insassen des Fliegers nicht wissen konnten, dass es sich bei der Sprengstoffweste des Entführers um eine Attrappe handelte. Bislang konnte Innes nicht sagen, wie er auf die Idee mit dem Foto kam. Er wollte sich aber dem Entführer nähern, um ihn und den Sprengstoffgürtel besser ansehen zu können. „Ich hatte nichts zu verlieren“, erklärt der Schotte.


Kommentar: Aber vielleicht die anderen Passagiere, die um ihr Leben bangten?


Nach dem erfolgreichen Schnappschuss sendete er das Foto seinem Mitbewohner per Handy. Seiner Mutter sandte er auch eine Nachricht, vom Selfie wusste sie damals aber noch nichts. „Schalte die Nachrichten ein. Du weißt, dein Junge macht sich nicht ins Hemd.“ Sein Versprechen hat der 26-Jährige offenbar gehalten. Sein Hemd sieht sauber aus auf dem Foto, wo Innes neben dem dünnen Geiselnehmer krampfhaft in die Kamera lächelt.

Während der sechsstündigen Geiselnahme mussten die Insassen des Flugzeugs um ihr Leben fürchten. Der Geiselnehmer, Mustafa Saif a-Din, der angeblich ein ägyptischer Professor für Geschichte ist, wollte mit der Geiselnahme bewirken, dass er Asyl auf Zypern erhält und mit seiner Frau, die sich von ihm getrennt hatte, sprechen kann. Die Flugzeugpassagiere ließ Saif a-Din nach und nach gehen und erreichte sein Ziel: Ein Gespräch mit seiner Frau samt Kind. Am Ende konnte die Polizei den Erpresser verhaften und die Entführung ging ohne Verletzte aus. Die Behörden kamen zum Schluss, dass es sich „nicht um einen politisch motivierten Terroristen, sondern um einen geistig verwirrten Idioten“ handelt.

Nach dem glimpflichen Ende hat sich Ben Innes Foto in Windeseile auf Twitter und in den Medien verbreitet. Falls der Schotte über Nacht berühmt werden wollte, hat er sein Ziel erreicht. Und auch an Gesprächsstoff wird es ihm in absehbarer Zeit nicht fehlen.

Quelle: FAZ.NET