Die deutsche Rüstungsindustrie ist im vergangenen Jahr zu einer der erfolgreichsten Branchen aufgestiegen. Für die Folgen des Geschäfts - millionenfache Flucht und Vertreibung - muss die Industrie allerdings nicht aufkommen: Die europäischen Steuerzahler sind die Lebensversicherung einer immer einflussreicheren Industrie.
Flüchtlingslager westlich von Falludscha im Irak
© dpaEin Flüchtlingslager westlich von Falludscha im Irak.
Das Geschäft mit Waffen aus Deutschland boomt. Laut einem Bericht der Welt am Sonntag haben sich die deutschen Rüstungsexporte 2015 im Vergleich zum Vorjahr auf rund 7,9 Milliarden Euro beinahe verdoppelt. Die Linke kritisierte eine fehlende Kontrolle und griff den zuständigen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) scharf an.

Der „Rüstungsexportbericht 2015“ soll am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden. Darin heißt es nach Angaben der „WamS“: „Im Jahr 2015 wurden Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von 7,86 Milliarden Euro erteilt.“ Im Jahr 2014 hatte die Bundesregierung nur Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsexporte im Wert von 3,97 Milliarden Euro erteilt.

Dem Bericht zufolge bedeutet die nun erreichte Exportsumme den höchsten Stand seit Beginn dieses Jahrhunderts. Mit 7,86 Milliarden Euro übertreffe das Volumen von 2015 auch die vorläufige Zahl von 7,5 Milliarden Euro, die Gabriel im Februar genannt habe. Insgesamt habe die Bundesregierung 2015 wie schon im Vorjahr hundert Anträge abgelehnt. Sie habe aber auch 12.687 mal grünes Licht erteilt, 597 mal häufiger als 2014.

Das Wirtschaftsministerium räumt der Zeitung zufolge den starken Anstieg der Rüstungsexporte ein. Grund seien aber eine Reihe von Sonderfaktoren. So sei der Verkauf von vier Tankflugzeugen nach Großbritannien im Wert von 1,1 Milliarden Euro 2015 genehmigt worden, die Flugzeuge seien aber schon 2008 gefertigt worden.

„Hervorzuheben“ sei auch die Genehmigung von Kampfpanzern und Panzerhaubitzen mitsamt Munition und Begleitfahrzeugen für Katar im Wert von 1,6 Milliarden Euro. Im Bericht werde darauf verwiesen, dass noch die schwarz-gelbe Bundesregierung 2013 die Genehmigung erteilt habe. Rüstungsexporte in das Golfemirat Katar gelten als heikel und werden von der Opposition immer wieder kritisiert, weil das Land radikale Islamisten unterstützen soll.

Der außenpolitische Sprecher der Linken, Jan van Aken, sagt zu der Entwicklung:

„Es zeigt sich wieder, dass die Exportkontrolle in Deutschland nicht funktioniert, das ganze System ist kaputt. Gabriel hatte eine bessere Kontrolle von Rüstungsexporten versprochen, jetzt sind die Genehmigungen unter seiner Verantwortung ins Gigantische gestiegen. 12,82 Mrd. Euro Rüstungsexporte sind ein absoluter Rekord in der Geschichte der Bundesrepublik. Einen echten Rückgang der Waffenexporte gibt es nur mit klaren, gesetzlichen Verboten. Ein vollständiges Verbot von Kleinwaffenexporte ist lange überfällig.

Sigmar Gabriels Verrenkungen, die radikale Steigerung der Waffenexporte zu relativieren, sind geradezu verzweifelt. Schuld seien nur einige Großprojekte, wie ein U- Boot nach Israel oder Tankflugzeuge für England. Aber erstens gibt es solche Großprojekte in jedem Jahr (2014 zum Beispiel auch ein U-Boot nach Israel), und zweitens: Selbst wenn man diese beiden Großprojekte raus rechnet, bleiben immer noch Genehmigungen im Wert von 11,4 Mrd. Euro. Somit hat Gabriel in der Geschichte der Bundesrepublik den bislang höchsten Genehmigungswert für Rüstungsexporte zu verantworten.“

Laut Rüstungsexportbericht des Bundeswirtschaftsministeriums wurden 2015 Rüstungsexporte im Wert von 7,86 Milliarden Euro genehmigt. Hinzu kommen noch Sammelausfuhrgenehmigungen im Wert von 4,96 Mrd. Euro (laut Auskunft der Bundesregierung vom 19. Februar 2016). 12,82 Milliarden Euro also - das ist eine Zunahme von 96 % gegenüber dem Vorjahr (2014: 6,52 Mrd.).