Das "Team Wallraff" ist wieder da. Die Undercover-Reporter von RTL um den Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff nahmen diesmal die Zustände auf deutschen Autobahn-Raststätten ins Visier. Zwei Reporterinnen arbeiteten dafür sieben Monate lang in Raststätten der privaten Firma "Tank und Rast", der fast alle Raststätten gehören.
Walraff Enthüllungen
© RTLBei einer eventuellen Hygienekontrolle soll die "Team Wallraff"-Undercover-Reporterin sagen, dass die Ware erst seit zwei Stunden in der Auslage liegt, auch wenn sie bereits seit über fünf Stunden im angeboten wird
Der Hauptvorwurf der Reporter: Der fragwürdige Umgang mit abgelaufener Ware. So wurde eine Undercover-Reporterin angewiesen, Bockwürstchen zu verkaufen, obwohl sie darauf hingewiesen habe, dass diese bereits seit drei Tagen abgelaufen waren.

Brötchen seien mit Schinken belegt worden, der sogar schon seit zwei Wochen abgelaufen war. Die Anweisung dafür sei direkt vom Pächter gekommen. Angeblich wird dabei sogar getrickst, um sicher vor Lebensmittelkontrolleuren zu sein. Die Ware werde in Vorratsboxen gepackt und die Verpackung, auf der das Mindesthaltbarkeitsdatum steht, entsorgt.

An einer anderen Raststätte erlebte eine Reporterin, wie leicht verderbliche Ware wieder "frisch gemacht" wird. So werde beispielsweise Obstnachtisch noch nach mehreren Tagen morgens umgeschüttet und mit Zuckerwasser übergossen. Ähnlich werde mit Produkten wie Kartoffelsalat umgegangen.

"Die Monopolstellung von Tank und Rast ist zum Schaden aller"

Weitere Vorwürfe: Obwohl die Raststätten teilweise Essen zu Preisen auf Restaurantniveau verkaufen, kommt dieses oft aus der Dose oder aus der Tüte. Angestellte werden zudem angeblich mit Überwachungskameras kontrolliert.

Günter Wallraff zu den Ergebnissen der Recherche:
„Die Monopolstellung von Tank und Rast ist zum Schaden aller. Die Pächter stehen unter einem enormen Druck, den sie an die Beschäftigten und an die Kunden weitergeben. Die viel verbraucherfreundlicheren Autohöfe dagegen werden systematisch behindert und benachteiligt. Das Verkehrsministerium ist nun in der Pflicht seine Aufsichtspflicht auszuüben, um 18 Jahre nach der Privatisierung der Raststätten endlich einen fairen Wettbewerb an deutschen Autobahnen zu gewährleisten.“
"Tank und Rast" spricht von "Einzelfällen"

In Deutschland sind fast alle Raststätten an Autobahnen im Besitz von "Tank und Rast". Betrieben werden sie jedoch meistens von selbstständigen Pächtern. "Tank und Rast" verweist in einer Pressemitteilung am Morgen nach Ausstrahlung der Sendung darauf, dass sich lediglich um "Einzelfälle" handle. Das Unternehmen räumte jedoch ein, "durch eigene Untersuchungen sowie durch externe Hinweise Kenntnis über Qualitätsmängel an einzelnen Raststätten erlangt" zu haben.

In der Mitteilung heißt es:
"Es wurden unmittelbar Sofortmaßnahmen ergriffen, um festgestellte Mängel abzustellen und die Einhaltung der klaren Qualitätsstandards und Hygienevorgaben sicher zu stellen. In vier Fällen wurden die betroffenen Pächter oder deren Verantwortliche von Tank & Rast abgemahnt. Darüber hinaus hat Tank & Rast den Lebensmittelchemiker Prof. Dr. Ulrich Nöhle als Bevollmächtigten für Qualitätssicherung berufen."
RTL selbst in der Kritik

Zuletzt hatten Undercover-Recherchen im Namen von RTL für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Zwei Reporter des Senders sollen im Zusammenspiel mit einer 26-jährigen Polizistin, die zu einer in der Nähe von Köln stationierten Einsatzhundertschaft gehörte, monatelang Polizisten im Dienst mit versteckten Kameras gefilmt und dabei dienstliche und private Gespräche mit getarnten Mikros mitgeschnitten haben.

Es kam zu Hausdurchsuchungen. Gegen sie wird wegen des Verdachts der Verletzung von Privatgeheimnissen ermittelt. Der Sender betonte damals, dass das "Team Wallraff" mit den fragwürdigen Recherchen nichts zu tun gehabt habe.

beb/soctv