Al Bab Eroberung
© ReutersKampfszene aus al-Bab, Nordsyrien
Die von der Türkei unterstützte Freie Syrische Armee hat die Terrormiliz „Islamischer Staat“ nach Wochen langer Kämpfe aus ihrer letzten Hochburg aus al-Bab in Nordsyrien vertrieben. Das teilte das Operationszentrum der FSA am Donnerstag mit.

Die türkische Armee und FSA stießen am Morgen von drei Seiten auf die Stadt vor, die sie seit Dezember vergangenes Jahr belagern. Im Gespräch mit einem Reporter der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu informierte der FSA-Kommandeur Ahmet el-Schahabi:
Das Stadtzentrum ist unter unser vollen Kontrolle. Wir stoßen vorsichtig weiter vor und reinigen die Stadt von Sprengfallen. Aber die Stadt ist mittlerweile unter unserer Kontrolle.“

In der Zwischenzeit tauchen zunehmend Bilder in den sozialen Medien auf, die darauf hinweisen, dass die FSA ihre Kontrolle auch auf die östlichen Gebiete der Stadt ausweiten konnte. Da die Terrormiliz IS die umliegenden größeren Dörfer Qabasin und Bzaa hielt, um die Ostflanke vor dem türkischen Zugriff zu schützen, wird der FSA ein weit größeres Einflussgebiet als nur die Stadt al-Bab selbst in die Hände fallen.


„Die Einnahme von Al-Bab ist wichtig, da dem IS eine wichtige Einnahmequelle entzogen wurde. Der IS verlor eine Basis, von der die Gruppe Angriffe auf Syrer und den Westen startete. Für die Türkei ist die Mission, wie sie 2016 definiert wurde, damit beendet. Die türkische Armee hat den IS zurückgedrängt und die Landroute zwischen den zwei kurdischen Kantonen Efrin und Kobani abgeschnitten“, erklärte Aaron Stein, Politikanalyst beim Rafik Hariri-Zentrum, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. RT Deutsch-Informationen, die es im Exklusiv-Gespräch mit militärischen und politischen Quellen aus Syrien sowie der Türkei erhielt, zeichnen ein anderes Bild von den Entwicklungen in Nordsyrien. Die Türkei und FSA werden eine Eskalation mit den USA riskieren, um den syrischen Ableger der kurdischen PKK, auch als YPG bekannt, aus der Stadt Manbidsch jenseits der östlichen Seite des Euphrat-Flusses zu drängen.

Der Politikanalyst der populären türkischen Denkfabrik SETA, Can Acun, bestätigte RT Deutsch, dass die Schlagrichtung der türkischen Armee und FSA-Truppen in Richtung Manbidsch gehen wird, was zuvor auch die FSA-Einheit Muntasir Billah-Brigade RT Deutsch offenbarte. Acun äußerte:
„Wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vielfach zuvor bemerkte, folgt nach der Befreiung von al-Bab die Einnahme von Manbidsch. Entweder die USA rufen die YPG-geführten SDF-Einheiten zurück oder türkische Truppen starten eine Offensive.“

Die Generalsekretärin der Syrischen Volksversammlung der Turkmenen, Miray Güzel, betonte gegenüber RT Deutsch, dass der Erfolg in al-Bab das politische Gewicht der turkmenischen Minderheit in Syrien zementieren wird, die enge Verbindungen zur Türkei pflegen. Güzel sagte:
„Mit der Euphrat Schild-Operation sind große Hoffnungen für die Turkmenen aufgeblüht. Die turkmenischen Dörfer haben zwischen Azaz und Dscharablus eins nach dem anderen ihre Freiheit erlangt. In al-Bab hat sich die Zukunft für die Turkmenen entschieden. Die Ausweitung der Operationen auf Manbidsch oder Afrin ist wichtig.“
Der Militäranalyst vom At Omran Zentrum, Nawar Oliver, vermutet auf Anfrage von RT Deutsch, dass der Druck der Türkei die USA dazu veranlassen wird, Manbidsch aufzugeben. Er sagte:
„Heute morgen kontrollierte der IS noch rund 66 Prozent von al-Bab sowie die Kreuzungen nach Bzaa und Qabasin. Auf die Frage, wer die Stadt Tadef einnehmen darf, nachdem es dort zuvor zu Auseinandersetzungen zwischen türkischer und syrischen Armee kam, kann ich sagen, dass entweder russische oder türkische Truppen die Kontrolle übernehmen werden. Es wird definitiv nicht im Einflussgebiet des IS bleiben. Meiner Meinung nach wird der nächste große Schritt von Euphrat Schild die Einnahme von Manbidsch sein. Die YPG-geführte SDF wird die Stadt abgeben müssen.“
RT Deutsch sprach mit dem Kommandeur der FSA Turkmenen-Miliz “Fatih Sultan Mehmet”, Mahmut Süleyman, über die Bedeutung der al-Bab-Operation für pro-türkische Einheiten. Süleyman betonte, dass Euphrat Schild auf ein gewaltiges Humankapital in der Region künftig setzen kann und sagte:
„Al-Bab ist deshalb zentral, weil die Stadt zu ihrer Blütezeit 200.000 Menschen beherbergte. Mit der Einnahme haben wir das Kurdistan-Projekt der kurdischen YPG endgültig begraben. Al-Bab ist eine entscheidende Stadt, die unsere Städte al-Rai, Azaz und Dscharablus mit Manbidsch und Aleppo verbindet. In dem von uns kontrollierten Raum gibt es 152 Turkmenen-Dörfer mit einer Bevölkerung von 480.000 Menschen.“

Bis jetzt kontrollierte die von der Türkei initiierte Operation „Euphrat Schild“ ein Gebiet von über 1.900 Quadratkilometer. Mit der Einnahme des el-Bab-Raumes wird sich das kontrollierte Gebiet auf 2.000 Quadratkilometer ausweiten. Die Stadt al-Bab liegt 35 Kilometer entfernt von der türkischen Grenze und 40 Kilometer nordwestlich der zweitgrößten syrischen Stadt Aleppo, die von der syrischen und russischen Armee gehalten wird.

Seit Beginn der Operation „Euphrat Schild“ tötete das türkische Militär und die FSA über 2,800 IS-Käpfer und weitere 357 kurdische YPG-Kämpfer. Insgesamt nahmen türkische Artillerie und Luftwaffe 2,207 Positionen in Syrien seit dem 24. August 2016 ins Visier.

Die Militärintervention der Türkei in Syrien, wird von der syrischen Regierung unter Bashar al Assad als Verletzung der territorialen Souveränität des Landes gewertet.