Mediziner finden Spuren von Antidepressiva in den Gehirnen von Fischen
Speisefisch, Makrelen
© dieter76/fotolia.comDie Gehirne der Fische in großen Seen in den USA enthalten Antidepressiva. Die Medikamente wirken sich auf den Überlebensinstinkt und das Verhalten der Fisch aus.
In den letzten Jahren hat sich die Verwendung von Antidepressiva immer weiter erhöht. Diese Medikamente werden meist zur Behandlung von Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen eingesetzt. Forscher fanden jetzt heraus, dass die Verwendung von Antidepressiva zu einer Veränderung unseres gesamten Ökosystems führen könnte.

Die Wissenschaftler der University at Buffalo stellten bei ihrer Untersuchung fest, dass kleine Mengen von Antidepressiva in unsere Seen und Flüsse gelangen und dort die Wasserqualität beeinflussen. Spuren von verschiedenen Antidepressiva wurden in den Gehirnen von mehreren Fischarten gefunden, welche in großen Seen leben. Die Mediziner veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in der englischsprachigen Fachzeitschrift Environmental Science and Technology.

Trotz der Behandlung des Abwassers gelangen Antidepressiva in Seen und Flüsse

Eine wachsende Anzahl von Menschen nimmt sogenannte Antidepressiva ein. Natürlich müssen Reste dieser Medikamente aus dem Körper ausgeschieden werden. So landen die Medikamente in unseren Toiletten, von dort werden sie zu einem Prozess der Abwasser-Behandlung in Kläranlagen weitergeleitet. Auch nach solch einer Behandlung ist es möglich, dass Antidepressiva in unsere Flüsse und Seen gelangen, erklären die Experten.

Zoloft, Prozac, Celexa und Sarafem wurden in den Gehirnen von Fischen gefunden

Die Forscher entdeckten bei der Untersuchung der Gehirne von Fischarten in großen Seen in Amerika eine hohe Konzentrationen von Wirkstoffen der populären Antidepressiva und auch von sogenannten Metaboliten (Nebenprodukten). Zu den in Gehirnen festgestellten Antidepressiva gehörten beispielsweise Zoloft, Prozac, Celexa und Sarafem, erläutern die Wissenschaftler.

Verunreinigung des Wassers stellt eine Bedrohung für die Biodiversität dar

Zu den betroffenen Spezies gehören beispielsweise Fischarten wie Weiß- und Gelb-Barsch, Steinbarsch, Zander und der Kahlhecht. Die festgestellte Konzentration ist nicht potenziell schädlich für Menschen, trotzdem sollten die Antidepressiva im Wasser durchaus als ein Problem angesehen werden, erklärt die Autorin Professor Diana Aga von der University at Buffalo. "Wir sollten sehr besorgt sein, denn die Verunreinigung des Wassers mit Antidepressiva stellt eine Bedrohung für die Biodiversität dar", fügt die Expertin hinzu.

Antidepressiva im Wasser verändern das Verhalten von Garnelen

Bisherige Studien hatten bereits ergeben, dass Antidepressiva im Wasser beispielsweise Garnelen zu einem selbstmörderischen Verhalten verleiten. Die Garnelen schwimmen in Richtung des Lichts, statt vom Licht weg zu schwimmen. Dies macht sie anfälliger für Raubfische und Vögel, erklärt Professor Aga.

Antidepressiva beeinflussen das Fressverhalten und den Überlebensinstinkt von Fischen

Andere Forschungen haben bewiesen, dass Antidepressiva das Fressverhalten und den Überlebensinstinkt von Fischen beeinflussen. Manche Fische reagieren beispielsweise nicht mehr angemessen auf die Anwesenheit von Raubfischen. Diese Auswirkungen haben das Potenzial empfindliche ökologische Balancen in großen Seen zu beeinträchtigen, welche bereits durch invasive Arten belagert werden, erläutern die Mediziner. Dies könnte letztlich sogar die Sportfischerei in solchen Gewässern beeinflussen.

In den USA nehmen immer mehr Menschen Antidepressiva

Alleine in den USA stieg die Verwendung von Antidepressiva zwischen dem Jahr 2002 und 2014 um 65 Prozent. Reste der Medikamente werden mit den menschlichen Fäkalien wieder ausgeschieden und gelangen so in Flüsse und Seen und schließlich in die Fische.

Fische nehmen Antidepressiva direkt aus dem Wasser auf

Vor der Studie vermuteten die Wissenschaftler, dass die höhere Konzentration der Medikamente in großen Raubfischen durch die sogenannte Bioakkumulation entsteht. Dieser Prozess bezeichnet den Anreicherungsvorgang von Schadstoffen, wenn große Fische mittelgroße Fische fressen, welche wiederum kleine Fische fressen. Aber bei der aktuellen Studie wurde festgestellt, dass die Fische die Antidepressiva nicht aufnehmen, indem sie kleine Fische essen, sondern sie nehmen die Medikamente direkt aus dem Wasser auf.

Kläranlagen sollten in Zukunft auch Antidepressiva aus dem Abwasser entfernen

Sertralin, der Wirkstoff in Zoloft, wurde in einer Konzentration gefunden, welche zwanzig Mal höher war als normal. Die Sorge um die pharmazeutische Kontamination von Seen und Flüssen ist berechtigterweise stark angestiegen, seitdem die Verwendung von verschreibungspflichtigen Medikamenten sprunghaft angestiegen ist, sagen die Autoren. Zudem haben wir heute die technologischen Fähigkeiten, um bereits sehr kleinen Mengen von Medikamenten in Gewässern zu erkennen. Die meisten Abwasserbehandlungsanlagen sind nicht auf solche Medikamente ausgelegt, sie sind eher auf das Abtöten von E. coli Bakterien spezialisiert. Wenn die negativen Auswirkungen von Antidepressiva auf das Ökosystem durch die U.S. Environmental Protection Agency oder dem Michigan Department of Environmental Quality bestätigt werden, müssen in Zukunft dringend Kläranlagen zur Filtration für diese Medikamente entwickelt werden, so das Fazit der Forscher.

(as)