Pharmaindustrie, Neuroleptika, Medikamente
Das Ergebnis einer norwegischen Studie, die sich mit der Wirkung von Neuroleptika in der Schizophrenie-Therapie beschäftigte, wurde in der Fachzeitschrift BMC Research Notes publiziert.

Erst nach eingehender Überprüfung des Studieninhaltes durch Experten wurde festgestellt, dass die gesamte Studie auf falschen Datensätzen basierte und das Ergebnis somit absolut haltlos war.

Wäre dieser "kleine Fauxpas" nun ein Einzelfall, so könnte man noch darüber schmunzeln. Leider werden derartige Studien jedoch weitaus häufiger veröffentlicht als Sie es sich vorstellen können.

Die Wirkung von Neuroleptika

Menschen, die an Schizophrenie erkrankt sind, leiden unter einer starken Störung der Realitätswahrnehmung, meist begleitet von akustischen Halluzinationen (Stimmen) und/oder Wahnvorstellungen.

Behandelt werden diese Patienten unter anderem mit sogenannten Neuroleptika, denn diese sind in der Lage, einen Überschuss an Dopamin und Serotonin im Gehirn, der für die psychotischen Zustände verantwortlich gemacht wird, zu drosseln.

Darüber hinaus haben sie eine beruhigende und antriebshemmende Wirkung. Verordnet werden hier sowohl die klassischen Neuroleptika (erste Generation) als auch die atypischen Neuroleptika (zweite Generation).

Ein Fallbeispiel der Studie

Ein 53-jähriger männlicher Patient mit einer chronisch schizophrenen Psychose bekam zunächst ein hochpotentes Neuroleptika der ersten Generation (Perphenazin), bevor dieses dann durch eines der zweiten Generation (Risperdal) ausgetauscht wurde.

Während beider Medikamentierungsphasen wurde sowohl die Gehirnaktivität des Patienten als auch seine motorische Aktivität beobachtet.

Das Ziel war, zu erkennen, in welcher Weise diese beiden Medikamente den Patienten beeinflussten und welche Auswirkungen der Übergang des einen Medikaments zum anderen auf dessen Symptome hatte.

Zur Messung wurde eine funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) angewandt, durch die bestimmte Hirnareale mit hoher räumlicher Auflösung dargestellt werden können.

Eine voreilige Beurteilung

Es ist vielleicht nicht überraschend, dass die Wissenschaftler eine Vielzahl unterschiedlicher Veränderungen in der Hirn-Chemie und der physischen Funktionen des Patienten beobachten konnten. Es zeigten sich tatsächlich einige offensichtliche Verbesserungen, allerdings auch Verschlechterungen.

Besonders bemerkenswert war die Beobachtung, dass die Umstellung von Perphenazin auf Risperidon die Stimmungsschwankungen des Patienten reduzierte. Dies wurde als Verbesserung seiner Situation eingestuft, obwohl gleichzeitig eine Verschlechterung der gesamten motorischen Fähigkeiten festgestellt wurde.

Ausgehend von dieser Beobachtung kamen die Wissenschaftler schliesslich ungeachtet der Verschlechterung der motorischen Fähigkeiten zu dem Ergebnis, dass die Studie eine signifikante positive Veränderung im Gehirn jener Patienten zeigte, die von Neuroleptika der sogenannten ersten Generation auf solche der zweiten Generation umgestellt wurden.

So hat dann ein einflussreiches wissenschaftliches Fachblatt wieder einmal fälschlicherweise eine unbrauchbare Studie veröffentlicht.

In diesem Fall war die Studie allerdings nicht nur fehlerhaft, sondern eher ein einziger Fehler, denn es stellte sich heraus, dass die Forscher ihre Datensätze zudem buchstäblich umgekehrt hatten und so zu vollständig entgegengesetzten und absolut falschen Schlussfolgerungen kamen.

Die knappe offizielle Begründung für die Zurücknahme des Artikels lautete:
Die Autoren haben den Artikel zurückgezogen, da die fMRT -Daten, die in diesem Fall angegeben wurden, nicht korrekt sind. Als Ergebnis dessen sind die Schlussfolgerung des Berichts, der auf falschen Datensätzen basiert, nicht länger gültig.
Die Anzahl zurückgezogener Studien steigt

Wäre dies "nur" ein schlimmer Einzelfall, so könnte man immer noch davon ausgehen, dass sich unter der strengen Aufsicht der Wissenschaftler des "goldenen Standards" derartiges nicht wiederholen wird.

Schliesslich handelt es sich hier genau um jene Wissenschaftler, die andauernd den Mangel an glaubwürdigen Beweisen für die Wirksamkeit natürlicher Heilweisen beklagen und sie aus diesem Grund öffentlich anzweifeln oder gar als gefährlich einstufen.

Aber leider ist dies kein Einzelfall, denn falsche Studien werden immer häufiger veröffentlicht, so ein aktueller Bericht über den Trend, der in Bezug auf zurückgezogene Studien festzustellen ist.

Dieser Artikel, der in der bekannten Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht wurde, deckt auf, dass sich von Beginn des Jahres 2000 an die Anzahl der zurückgezogenen Artikel zu veröffentlichten Studien beinahe um das Zehnfache erhöht hat und das, obwohl nur ein 44 prozentiger Anstieg der publizierten Artikel im selben Zeitraum verzeichnet werden konnte.

Der Wissenschaftler Ashutosh Jogalekar schreibt in Bezug auf diesen enormen Anstieg in einem Beitrag für die Zeitschrift Scientific American:
Die Wissenschaft hat sich stark verändert. Sie befindet sich in einem ungeheuerlichen Wettbewerb mit sehr hohen Einsätzen. Es sollte nicht verschwiegen werden, dass diese Art von Druck durchaus auch dazu beitragen kann, hier mal einen Datenpunkt in das Diagramm einzufügen und dort ein paar Testwerte zu optimieren.

All dies geschieht, um einen eigenen Artikel in einer einflussreichen Fachzeitschrift publizieren zu können, wodurch Position, Anerkennung und Ruhm gewährleistet werden.
Sie sehen, dass auch angesehene Wissenschaftler dem enormen wirtschaftlichen Druck, der sich in allen erdenklichen Lebensbereichen rasant ausbreitet, unterliegen können (Medizinskandale: Graue Vorzeit vs. schwarze Neuzeit der Medizin).

Sicher könnte man jetzt verständnisvoll erwidern, dass dies doch nur menschlich sei - wären da nicht die vertrauensvollen Patienten, die die Folgen einer gefälschten wissenschaftlichen Studie ertragen müssen...