Die Italienische Urlaubsinsel Sardinien erlebt eine Heuschrecken-Invasion. Die Landwirtschaft ist besonders betroffen, weil die Tiere die Felder zerstören. Könnte es auch in Deutschland eine Heuschreckenplage geben?
© Robin Loznak/dpa/Zuma PressSymbolbild
Millionen Heuschrecken haben die italienische Urlaubsinsel Sardinien heimgesucht. Bis zu 2000 Hektar (20 Quadratkilometer) seien in der Region Nuoro im Landesinneren befallen, teilte der Bauernverband Coldiretti mit.
Es handle sich um einen "echten Notfall". "Es gibt Zonen, in denen man auf einem Teppich aus Heuschrecken geht." Der Schaden gehe in die Millionenhöhe.
Die Heuschrecken dringen demnach in Bauernhäuser ein und zerstören Weideland. Die Insekten ernähren sich hauptsächlich von Gräsern. Ein großer Schwarm schafft es innerhalb von Minuten ein komplettes Getreidefeld aufzufressen. Rund 20 Agrarbetriebe seien betroffen, Touristen dagegen nicht, sagte ein Sprecher des Verbandes auf Sardinien der Deutschen Presse-Agentur.
Keine Gefahr für Touristen"Als Tourist muss man nichts befürchten", sagt der Berliner Insektenkundler Jens Esser gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Die Tiere sind ungefährlich und halten sich in der Regel nur dort auf, wo sie auch Nahrung finden. Am Strand oder in der Stadt sind sie daher selten.
Ignazio Floris von der Universität Sassari erklärte laut Nachrichtenagentur AGI, es sei bereits der Höhepunkt des Phänomens erreicht. "Es ist ausgeschlossen, dass es zu so einer schlimmen Invasion wie vor den 40er Jahren kommt, als Hunderttausende Hektar befallen waren." Berichte über ein "biblisches Ausmaß" seien übertrieben.
Tiere machen Entwicklung durchGrund für die Invasion sind nach Angaben von Experten unter anderem Wetterbedingungen und die Tatsache, dass Land nicht kultiviert wird. Dann legen die Insekten dort ihre Eier ab. Das Umpflügen könne gegen eine Ausbreitung helfen, so der Bauernverband.
Laut Insektenkundler Esser kommt es zu einer Art Kettenreaktion, wenn viele Heuschrecken gleichzeitig auf engem Raum heranwachsen. Die Tiere schütten ein Hormon aus, wenn sie von vielen anderen Artgenossen berührt werden. Erst dadurch bilden sich starke Flügel bei ihnen aus, ihre Gehirne wachsen und sie zeigen ein ausgeprägtes Schwarmverhalten. Wenn die Heuschrecken alleine sind, bilden sich die Veränderungen wieder zurück.
Eine große Plage kommt nur alle paar Jahrzehnte vor. Die Bauern auf Sardinien könnten nur wenig gegen die Heuschrecken unternehmen. "Insektizide schaden den Bauern meistens nur noch mehr, weil sie die wertvolle Bodenfauna kaputt machen", sagt er. Die Plage gehe irgendwann von alleine vorbei, weil die Tiere nur eine Lebenserwartung von wenigen Wochen haben.
Eine Heuschreckenplage wäre auch in Deutschland möglichKönnte es auch in Deutschland eine Heuschreckenplage geben? "Es ist nicht auszuschließen, das sowas auch hier passiert", sagt Esser. Im Mittelalter habe es bereits nachgewiesene Fälle von Wanderheuschrecken-Plagen nördlich der Alpen gegeben. Doch die Tiere brauchen sehr warme Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit, um sich gut vermehren zu können. Diese Bedingungen finden sie selten in Deutschland vor.
Der Klimawandel könne die Entstehung von Heuschreckenplagen unterstützen. "Die Insekten sind grundsätzlich wärmeliebend", sagt Esser. Vor allem in Asien und Afrika, wo es öfter warm ist, sind Heuschrecken daher immer wieder ein Problem.
Wer eine Heuschrecke fängt, kann sie auch essen. Aller Arten sind grundsätzlich essbar. "Sie schmecken ausgezeichnet", sagt Jens Esser. In Mittelamerika und weiten Teilen Afrikas und Asiens gelten Insekten teilweise als Delikatesse. In Europa ist der Trend noch nicht angekommen, obwohl die EU seit 2018 die Zulassung von Nahrungsmitteln aus Insekten vereinfacht hat.
Von Jonas Nayda/RND/dpa
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