Gut für die Psyche: Zuneigung von Hunden ist bedingungslos.

Sie kosten viel Geld und Zeit, brauchen Pflege und Zuwendung: Haustiere. Dennoch halten die Österreicher laut einer Schätzung des Tierfutter- und Tierzubehörhändlers Fressnapf rund 640.000 Hunde. "Tiere fungieren als soziales Schmiermittel, sie fördern den Zusammenhalt", erklärte die klinische Psychologin Birgit Ursula Stetina. Sie leitet an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien seit zehn Jahren den Forschungsbereich Anthrozoologie (Anm. Mensch-Tier-Beziehung).

Positiv für die Psyche

Dank der Haustiere gibt es immer ein Thema, worüber man sprechen kann, erklärte Stetina. Psychologisch wirkt sich alleine die Tatsache, für ein Lebewesen verantwortlich zu sein, sehr positiv aus. "Das gilt speziell für alte Menschen, mit den Haustieren sind sie weniger einsam und haben noch eine Aufgabe". Die Anwesenheit eines Tieres bringt Vorteile: "Die Forschung hat bewiesen, dass ein Tier im Raum das Stress-Level sinken lässt, auch die Atemfrequenz von Menschen verbessert sich", so Stetina. Tiere beruhigen den Menschen. "Alleine die schnurrende Katze neben uns hat eine entstressende Wirkung".

Gut für Kinder

Sehr positiv wirken sich Haustiere auch auf Kinder aus: Mädchen und Buben, die mit Tieren aufwachsen, entwickeln hohe Sozialkompetenzen. "Sie übernehmen Verantwortung, erkennen die Bedürfnisse und Gefühle von anderen leichter". Dadurch würden auch die eigenen Grenzen aufgezeigt werden - "ich habe die Macht etwas zu ändern", was wiederum den Selbstwert steigert.

"Tier als Therapeut"

So hat mittlerweile auch das Konzept "Tier als Therapie" viele medizinische Bereiche erobert. Egal ob Delfin, Katze, Pferd oder Hund - je nach Tierart wird die tiergestützte Therapie in verschiedenen Einsatzgebieten praktiziert. Stetina bietet derartiges beispielsweise in Gefängnissen an. Die Patienten sind tätowierte, drogensüchtige, knallharte Männer. Ihre Therapeutinnen: Zwei schwarze Hundedamen. "Es ist einfach unglaublich, wie diese Männer auf einmal wieder Kind werden, wenn es um einen Hund geht."

Bedingungslose Zuneigung

Das Besondere am Hund ist, dass "die Zuneigung bedingungslos" ist. "Wir Menschen haben etwa in Bezug auf das Aussehen gewisse Vorurteile. Vierbeiner wiederum gehen vorurteilsfrei an den Menschen heran", sagte Stetina. "Egal was wir leisten, wenn der Hund uns in sein 'Rudel' aufgenommen hat, ist seine Zuneigung absolut bedingungslos." Dies würde die Beziehung auf eine andere Ebene heben, was wiederum "uns Menschen ermöglicht, ehrlich im Umgang mit Tieren zu sein".

Schlaue Hunde

Ein Hund erkennt beispielsweise am kleinsten Signal, wie wir etwas wirklich meinen. Eine Übung aus der Therapie mit Gefängnisinsassen basiert auf dieser Grundlage, erklärte die Expertin: Wenn der Häftling einen Hund ruft, aber nicht wirklich will, dass dieser auch herkommt, merkt das der Hund - und reagiert nicht auf den Befehl. "Hunde wissen ganz genau ob wir etwas ernst meinen - sie erkennen unsere wahre Intention". Wichtig in diesem Fall ist es, die Aufforderung ehrlich zu meinen und sie bestimmt mit einer freundlichen, hohen Stimme auszusprechen, erklärte die Psychologin: "Es ist immer wieder faszinierend mitzuerleben, wie die 'harten Jungs' den Namen eines Hundes flöten können."

Das Besondere an der Therapiearbeit sei auch die Tatsache, dass Hunde sofort ein Feedback geben. Hier nennt Stetina ein Beispiel aus dem Therapie-Modul Konfliktmanagement. "Hier lassen wir die Teilnehmer eine Konfliktsituation nachspielen, den Gegenpart zum Häftling übernimmt der Hund." Überschreitet der Verurteilte mit der Stimme oder dem Körper eine Grenze, reagiert der Vierbeiner sofort ehrlich und weicht beispielsweise zurück. Häftlinge sollen durch die Hunde-Therapie unter anderem lernen, ihre Emotionen besser zu kontrollieren. Die Tiere würden die Gefühle der Menschen auf einer anderen Ebene wahrnehmen, sagte Stetina. "Geht es einer Person besonders schlecht, merken wir das, weil sich die Hunde während der Therapie viel in dessen Nähe aufhält".