Auch britische Truppen bereiten sich vor. Teheran droht mit "apokalyptischen" Konsequenzen. Deutsche Politik hofft auf diplomatische Lösung.
Iraq/n
© Unknown

Berlin. Die Zeitung Haaretz sah Israel gestern bereits am "Vorabend des Krieges". Die Jerusalem Post erklärte schon, wie ein Angriff auf den mehr als 1500 Kilometer entfernten Iran ablaufen könnte. In Israel sorgen die möglichen Pläne eines Militärschlags für neue Unruhe.

Dabei heißt es zugleich, die Regierung in Jerusalem habe noch keine endgültige Entscheidung über einen Angriff gefällt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wolle zwar sein Kabinett zur Genehmigung eines Militärschlags gegen die iranischen Atomeinrichtungen bewegen und habe dabei auch Verteidigungsminister Ehud Barak an seiner Seite. Die Militärführung und der israelische Geheimdienst Mossad seien allerdings gegen einen Angriff.

Ein für kommende Woche erwarteter Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) zu dem iranischen Atomprogramm gewinnt daher an Bedeutung. Er könnte neue Erkenntnisse und neue Argumente für oder gegen einen Angriff liefern. Israel und der Westen halten dem Iran vor, unter dem Deckmantel der zivilen Forschung heimlich an einer Atombombe zu bauen. Der Iran dementiert dies. Aber der Druck auf das Land steigt, sein Atomprogramm offenzulegen.

Im Auswärtigen Amt hieß es gegenüber dem Abendblatt, die Bundesregierung sehe das iranische Atomprogramm unverändert mit großer Sorge. Ziel müsse aber eine diplomatische Lösung des Nuklearkonflikts bleiben. Man erwarte vom Iran, "endlich ernsthaft zu verhandeln".

Die israelische Bevölkerung ist bei der Frage eines Militärangriffs auf den Iran gespalten. Laut einer Umfrage sprachen sich 41 Prozent der Befragten für einen solchen Schritt aus, 39 Prozent dagegen, 20 Prozent waren unentschieden.

Neben Israel bereitet sich offenbar auch Großbritannien auf einen möglichen Militärschlag gegen Atomanlagen im Iran vor. Wie der Guardian berichtet, soll es dabei um die Unterstützung eines möglichen US-Angriffs gehen. Britische Militärstrategen untersuchen dem Bericht zufolge, wo Schiffe und U-Boote der Royal Navy stationiert werden könnten, um Tomahawk-Marschflugkörper auf Ziele im Iran abzuschießen. Wenn die USA sich für einen Angriff entschieden, würden sie um militärische Hilfe aus Großbritannien nachsuchen und sie auch erhalten, schreibt der Guardian und beruft sich auf Quellen im britischen Verteidigungsministerium. Im Umfeld der Regierung heißt es, der Iran habe sich "überraschend widerstandsfähig" gegen die Sanktionen des Westens gezeigt. Versuche des Westens, das Anreicherungsprogramm des Iran zu unterminieren, seien weniger erfolgreich gewesen als zunächst gedacht. "Der Iran scheint eine neue Aggressivität an den Tag zu legen, und wir wissen nicht genau, warum", sagte die Quelle der Zeitung.


Kommentar: Diese Aggressivität geht aber von anderen aus.


Zugleich versuchte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen weitere Spekulationen über mögliche Angriffspläne Israels und anderer Staaten zu unterbinden. Die Nato habe "keinerlei Absicht", einen Militärschlag gegen den Iran zu unternehmen, sagte er. Rasmussen rief den Iran auf, sich den Uno-Resolutionen zu fügen.

Israel sieht den Iran als größte Bedrohung, da Präsident Mahmud Ahmadinedschad mehrfach das Existenzrecht des jüdischen Staates infrage gestellt hatte und Iran militante Gruppen im Libanon und in den Palästinensergebieten unterstützt. Der Iran drohte Israel im Falle eines Angriffs gestern mit Konsequenzen in "apokalyptischem" Ausmaß. Das iranische Staatsfernsehen veröffentlichte auf seiner Webseite eine entsprechende Warnung. Israel seien die militärischen Fähigkeiten des Iran gut bekannt, heißt es weiter. "Die iranische Raketenindustrie ist in der Region die beste und in der Welt eine der besten."

Der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi sagte, sein Land sei "immer bereit zum Krieg". Er sagte weiter: "Seit acht Jahren hören wir israelische Drohungen. Unsere Nation ist vereint." Israel hatte am Vortag eine neue Rakete getestet, die laut Medienberichten auch mit Atomsprengköpfen bestückt werden könne. Zudem trainierte die israelische Luftwaffe nach eigenen Angaben in Sardinien Einsätze "in unvertrautem, weiten Land".

Auch der israelische Konflikt mit den Palästinensern nimmt an Schärfe zu. Nach einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Avigdor Lieberman warnte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) Israel, jegliche einseitigen Schritte wären kontraproduktiv und würden den ohnehin schwierigen Wiedereinstieg in die Friedensverhandlungen weiter erschweren. Er sei sehr besorgt über den Stillstand im Nahost-Friedensprozess und die verhärteten Positionen beider Parteien.

In Kreisen des Auswärtigen Amtes hieß es, neben der israelischen Ankündigung eines beschleunigten Siedlungsbaus sei Westerwelle vor allem darüber beunruhigt, dass Israel die Weiterleitung der Steuer- und Zolleinnahmen an die Palästinenser-Regierung stoppen will. Dies gefährde die Arbeitsfähigkeit der palästinensischen Behörden und berge erhebliche Risiken auch für die Sicherheitslage, was nicht im Interesse Israels liegen könne. Von den Geldern wird unter anderem die palästinensische Polizei bezahlt.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Dienstag angekündigt, er wolle den Bau von rund 2000 Wohneinheiten im besetzten Westjordanland und um Jerusalem beschleunigen. Der Siedlungsbau ist einer der wichtigsten Streitpunkte bei der Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen.

Aus Protest gegen die Aufnahme der Palästinenser in die Unesco stoppte Israel zudem seine Beitragszahlungen. Israel werde die für die Uno-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur eingeplanten und jetzt frei gewordenen 2,0 Millionen Dollar (1,46 Millionen Euro) stattdessen für die regionale Kooperation verwenden.