Von Picasso und Rubens waren die Steinzeitmenschen noch weit entfernt. Am Anfang der Malerei in Mitteleuropa standen anscheinend ein paar rot-braune Punkte. Die Archäologen unter den Kunstkritikern sind trotzdem hellauf begeistert.
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© Michele Danze/DPANahaufnahme eines mit Punkten bemalten Steins. Es sind die ältesten bislang bekannten Überreste von Malerei in Mitteleuropa.

Archäologen haben auf der Schwäbischen Alb die ältesten bislang bekannten Überreste von Malerei in Mitteleuropa gefunden. Die vier bemalten Steine aus der Höhle "Hohler Fels" bei Schelklingen seien rund 15.000 Jahre alt, sagte der Archäologe Nicholas Conard, Leiter des Instituts für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Tübingen. Bislang habe es in ganz Mitteleuropa keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Menschen schon in der späten Altsteinzeit gemalt hätten. Das Bild selbst gibt den Experten allerdings noch Rätsel auf, denn die Eiszeit-Menschen haben lediglich rot-braune Punkte gemalt. Von diesem Donnerstag an sind die vier bemalten Steine bereits in einer Sonderausstellung im Museum der Universität Tübingen zu sehen.
Der "Hohle Fels"

Die Ausgrabungsstätte zählt zu den wichtigsten archäologischen Gebieten der Welt. Mehrere zehntausend Jahre lang haben Menschen, Bären und andere Tiere dort während der Eiszeiten Zuflucht gesucht. Ein 29 Meter langer Gang führt zu einer großen Halle, in der es damals wie heute feucht und dunkel ist. Bei den Steinzeit-Menschen war die Höhle wohl auch deshalb ein beliebter Zufluchtsort, weil damals noch die Donau durch das Tal floss.
Rätselhafter Fund

Der "Hohle Fels" hatte in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Das Team um den Tübinger Archäologen hat dort die ältesten bekannten Eiszeitfiguren der Welt gefunden - zuletzt eine Venus-Figur und mehrere Flöten, die von den ersten modernen Menschen in Europa vor rund 40.000 Jahren hergestellt wurden. Hinweise darauf, dass die Menschen so früh auch schon gemalt haben, gab es bislang in ganz Mitteleuropa allerdings nicht. Lediglich im Westen Europas, vor allem in Frankreich und Spanien, fanden sich Überreste von Höhlenmalerei.

Große Kunst ist es auf den ersten Blick nicht, was die Forscher auf der Schwäbischen Alb fanden. Gleichmäßige rot-braune Punkte zieren die Steine. Die Farbe sei eine Mischung aus Hämatit und Rötel, die dann mit kalkhaltigen Wassertropfen aus den Höhlen angerührt wurde, erklärte Grabungstechnikerin Maria Malina.

"Diese Punkte sind alles andere als ein Zufall. Es ist ganz klar, dass sie einen relevanten Inhalt haben", betonte Conard. Welchen, darüber grübeln die Experten aber noch. Im damals weit verbreiteten Schamanismus könnten sie eine religiöse Bedeutung gehabt haben. Oder sie waren womöglich Teil eines eiszeitlichen Menstruationskalenders - ein Punkt für jeden Tag.

cf/DPA