Der russische Premier Putin will sich per Live-Fernsehsprechstunde zu den größten Anti-Regierungsprotesten seit seinem Machtantritt äußern. In Moskau wurden Journalisten wegen Kritik an Putin entlassen.
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© Sergei Ilnitsky/DPA

Nach massiven Protesten enttäuschter Wähler will Russlands Regierungschef Wladimir Putin (59) an diesem Donnerstag bei einer Fernsehsprechstunde mit Bürgern ins Gespräch kommen. Bei der Live-Sendung im Staatsfernsehen fordern die Menschen vor allem eine Reaktion Putins auf die größten Anti-Regierungsdemonstrationen seiner Amtszeit, berichteten Medien in Moskau. Putin sei nie "brennenden Fragen" aus dem Weg gegangen und werde ohne Zeitbegrenzung Antworten geben, kündigte sein Sprecher Dmitri Peskow nach Angaben der Agentur Interfax am Dienstag an.
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Auf der offiziellen Internetseite www.moskva-putin.ru reichten Bürger per Mail für den "heißen Draht" zu Putin vor allem Fragen dazu ein, wie die Regierung faire und freie Wahlen sichern wolle. Putins inzwischen zehnte Fragestunde wird mit Spannung erwartet, nachdem Zehntausende Russen gegen die aus ihrer Sicht gefälschte Dumawahl Anfang Dezember protestiert hatten. Kommentatoren sehen eine wachsende Unzufriedenheit mit Putin, der am 4. März 2012 erneut bei der Präsidentenwahl antritt.

Nach kritischen Berichten über Fälschungsvorwürfe bei der russischen Parlamentswahl wurden in Moskau die Leiter der renommierten Zeitschrift Kommersant-Wlast gefeuert. In seiner aktuellen Ausgabe hatte das Wochenmagazin unter anderem das Foto eines Stimmzettels veröffentlicht, auf den ein Wähler Schimpfworte gegen Regierungschef Wladimir Putin geschrieben hatte.

Berichterstattung sei "nicht hinnehmbar"

Vor allem wegen dieses "ethisch fragwürdigen" Bildes seien der Chefredakteur Maxim Kowalski und der Leiter der Media-Holding Kommersant, Andrej Galijew, entlassen worden, teilte der Verlag mit. Auch Verlagschef Demjan Kudrjawtsew bot seinen Rücktritt an. Der kremlnahe Hauptaktionär Alischer Usmanow nannte die Berichterstattung "nicht hinnehmbar". Der Chef des Journalistenverbands, Wsewolod Bogdanow, warf Usmanow "Zensur" vor.

Kremlchef Dmitri Medwedew setzte unterdessen die erste Sitzung der neuen Duma für den 21. Dezember an. Am Tag danach werde er seine Rede an die Nation halten, sagte Medwedew nach Kremlangaben. Bei einem Treffen mit den vier Fraktionschefs der in der Duma vertretenen Parteien sprach er sich erneut für eine Prüfung der zahlreichen Wahlfälschungsvorwürfe aus. "Wo es echte Verstöße gegeben hat, muss es gerechte Entscheidungen geben", meinte er.

Medwedew hatte die Duma-Wahl vom 4. Dezember trotz weltweiter Kritik als demokratisch, ehrlich und frei beurteilt. Er sagte nun, dass nicht nur die zum Sieger gekürte Regierungspartei Geeintes Russland die Ausschüsse kontrollieren solle, sondern auch die anderen Kräfte in der Duma. Bei der Abstimmung hatte die Kremlpartei Verluste hinnehmen müssen. Die Kommunisten, die Liberaldemokratische Partei Russlands des Ultranationalisten Wladimir Schirinowski und die linkskonservative Partei Gerechtes Russland verbuchten hingegen Stimmenzuwächse. Die außerparlamentarische Opposition kündigte neue Proteste gegen das Wahlergebnis an.

kave/DPA