Rund 60 Prozent der Deutschen leiden unter Vitamin-D-Mangel. Der Tagesbedarf eines Erwachsenen liegt bei 20 Mikrogramm

Der Bedarf an Vitamin D kann nicht alleine durch die Nahrung gedeckt werden. 90 Prozent werden mithilfe des Lichts der Sonne im Körper gebildet.

Ein Mangel an Vitamin D kann das Entstehen von Depressionen und Osteoporose begünstigen

Wir kennen es alle. Den unglaublichen Drang in den Süden. Das Leben ist einfach schöner, wenn die Sonne scheint. Gerade bei dem derzeit vorherrschenden dämmrigen Winterwetter leiden viele Menschen unter mangelnder Sonnenbestrahlung. Und das nicht ohne Grund. Unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit hängen nämlich direkt mit dem UVB-Licht der Sonne zusammen.

Durch den Einfluss von Sonnenlicht werden bis zu 90 Prozent des benötigten Vitamin D in der Haut gebildet. Es kann aber auch über Nahrungsmittel aufgenommen werden. Vor allem fetthaltige Fische wie Hering oder Makrele können die Produktion fördern. In deutlich geringerem Maße enthalten auch Leber, Pilze und Eigelb Vitamin D. Das fettlösliche Vitamin stärkt die Knochen und Zähne, und soll auch als Schutzfaktor gegen Diabetes, Osteoporose, Krebs und verschiedensten Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirken. Neben seiner Wirkung auf den Körper des Menschen ist Vitamin D aber auch für das psychische Empfinden des Menschen wichtig.

Einer amerikanischen Studie aus dem Journal Mayo Clinic Proceedings zufolge, soll ein Vitamin-D-Mangel direkt mit Depressionen zusammenhängen. Forscher des UT Southwestern Medical Center in Dallas, Texas, untersuchten Werte von fast 12 600 Patienten von 2006 bis 2010. Anhand der Befunde, kamen E. Sherwood Brown und seine Kollegen des Cooper Instituts zum Schluss: Hohe Vitamin-D-Werte hängen direkt mit dem niedrigeren Risikofaktor von Depression zusammen. Dies gilt speziell für Patienten, die schon vorher unter Depressionen gelitten haben. Die Unterversorgung mit Vitamin D hat auch bei Übergewichtigen weitreichende Auswirkungen. Anhand einer Studie des Hasbro-Kinderkrankenhauses in Providence, Rhode Island, hängt die Gesundheit von Übergewichtigen direkt mit ihrem Vitamin-D-Wert im Blut zusammen.

Entdeckt wurde das Sonnenvitamin wie auch viele andere Vitamine durch eine Mangelerkrankung. Zur Zeit der Industrialisierung und bis in das 20. Jahrhundert hinein erkrankten vor allem Kinder an Rachitis. Diese sogenannte Knochenerweichung oder "Englische Krankheit" wird durch eine Unterversorgung mit Vitamin D verursacht. Während der Industriellen Revolution war Rachitis in Europa verbreitet. Mangelernährung und ein Mangel an Sonnenlicht durch die schlechten Arbeitsverhältnisse in Bergbauzentren und Fabriken führten zu starken Störungen beim Knochenwachstum und zu schlechter Zahnbildung. Auch die Immunabwehr schwächelte. Nachdem die Hauptursache auf Vitamin-D-Mangel zurückzuführen war, half die regelmäßige Gabe von Lebertran, die Krankheit zu verhüten.

Doch auch noch heute leiden viele Menschen unter dem Defizit des Sonnenvitamins. Es betrifft speziell die Leute, die sich viel in geschlossenen Räumen wie Büros oder Autos aufhalten. Gemäß der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liegt die Vitamin-D-Zufuhr der deutschen Männer und Frauen deutlich unter dem Sollwert. Insbesondere ältere Menschen über 65 Jahre haben häufig eine zu geringe Vitamin-D-Konzentration im Blut. Anhand einer Studie der Geriatrischen Rehabilitationsklinik St. Irminen in Trier, die im "Deutschen Ärzteblatt" veröffentlicht wurde, sind gerade ältere Menschen wegen einer geringeren Vitamin-D-Syntheseleistung der Haut eine Risikogruppe. Stefan Schilling, Leiter der Studie, fand heraus, dass mehr als 90 Prozent der Patienten einen Vitamin-D-Mangel hatten. "Bei älteren Menschen spielt neben der Beeinflussung des Knochenstoffwechsels insbesondere die mögliche Senkung des Sturz- und Frakturrisikos durch eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung eine bedeutende Rolle", sagt Schilling. Aus diesem Grund ist eine ausreichende Vitamin-D-Zufuhr speziell bei älteren Menschen notwendig.

In Deutschland leiden etwa 60 Prozent der Bevölkerung unter unzureichender Vitamin-D-Versorgung. Infolge des öffentlichen Interesses und neuer Forschungsergebnisse hat die DGE neue Referenzwerte für die Vitamin-D-Zufuhr herausgegeben. Da der Beitrag der körpereigenen Vitamin-D-Bildung von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst wird und somit nicht quantifiziert werden kann, werden die neuen Referenzwerte als Schätzwerte unter der Annahme einer fehlenden körpereigenen Synthese angegeben.

Der Schätzwert für die geeignete Vitamin-D-Zufuhr liegt somit bei 20 Mikrogramm pro Tag. Jugendliche und Erwachsene nehmen jedoch über die Ernährung mit üblichen Lebensmitteln täglich nur zwei bis vier Mikrogramm Vitamin D auf. Bei Kindern liegt es sogar nur bei ein bis zwei Mikrogramm. Die fehlende körpereigene Bildung des Vitamins muss somit durch UVB-Licht oder über die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten erfolgen. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sind speziell bei Säuglingen, Kleinkindern und älteren Personen zusätzliche Vitamin-D-Präparate wichtig. Die International Organisation for Migration empfiehlt zum Beispiel über 70-Jährigen eine tägliche Zufuhr von 800 IE (internationalen Einheiten) Vitamin D (ein Mikrogramm entspricht 40 international Einheiten). Der Schätzwert für die Vitamin-D-Zufuhr bei Säuglingen und Kleinkindern liegt bei 400 IE im ersten Lebensjahr und 600 IE nach zwölf Monaten. Auch bei Jugendlichen und Erwachsenen ist eine Tagesdosis von 600 IE die empfohlene Zulassung.

Experten diskutieren jedoch über die optimale Dosis von Vitaminpräparaten. Auch stellen Forscher die zusätzliche Einnahme von Vitaminpräparaten infrage. Eine häufige UV-Exposition durch Sonnenlicht wäre für die Vitamin-D-Bildung im Körper schließlich auch ohne Präparate erreichbar. Doch wegen der geografischen Lage in Mitteleuropa ist es während der Wintermonate für uns nicht möglich, genügend Vitamin D über das Sonnenlicht zu gewinnen. Die DGE weist aber darauf hin, dass das im Sommer synthetisierte Vitamin D im Fettgewebe und in der Skelettmuskulatur des Körpers gespeichert wird und in den Wintermonaten genutzt werden kann.

Neben der Dauer der UVB-Exposition und der Fläche der exponierten Haut ist die Dosis der UVB-Strahlung der wesentliche Faktor für die Vitamin-D-Bildung. Sonnenschutzmittel, die Pigmentierung der Haut und die Hautdicke sind weitere Einflussfaktoren.

Schadet aber zu viel Sonnenlicht nicht der Haut? Fördert das Vitamin-D-Sonnen den Hautkrebs? Dermatologen warnen, dass zu viel UV-Strahlung krebserregend sein kann. Daher ist es wichtig die richtige Balance im Umgang mit dem UV-Licht zu finden. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Vitamin-D-Experte, Henning Wittrock von der Heilfastenklinik Buchinger sagt, dass es in unseren Breiten ausreicht, von April bis September dreimal in der Woche für zehn bis 30 Minuten, je nach Hauttyp, den entblößten Körper der Mittagssonne auszusetzen. "Plant man einen längeren Aufenthalt in der Sonne, sollte man sich nach 15 Minuten mit einem Sonnenschutzmittel eincremen, um Sonnenbrände zu vermeiden. So wird die Vitamin-D-Produktion angekurbelt, aber die Haut vor Schäden geschützt", sagt er.

Vitamin D ist unverzichtbar für den Körper. Somit ist auch die Kraft der Sonne ein essenzieller Faktor für die Gesundheit des Menschen. Also wenn man nicht gerade in der Karibik lebt: Regelmäßig sich in der Mittagszeit im Freien bewegen, und im Winter mit einem vom Arzt empfohlenen Vitamin-D-Präparat nach vorheriger Vitamin-D-Spiegel-Bestimmung den Bedarf abdecken: So bleibt man gesund und glücklich.