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Nicht nur Pflanzen mit genetischer Modifizierung, sondern bereits auch transgene Insekten werden mancherorts freigesetzt.

Wissenschaftlich astrein ging man dabei bisher nicht vor: Wichtige Forschungsdaten wurden nicht veröffentlicht und die betroffene Bevölkerung blieb ausgeschlossen, kritisieren Forscher vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in der Zeitschrift PloS Neglected Tropical Diseases. Sie fordern mehr Transparenz vor dem Start derartiger Versuche und die strenge Einhaltung von Qualitätskriterien.

Unfruchtbarkeit als Waffe

Genetisch manipulierte Insekten sollen schädlichen Artgenossen der freien Wildbahn den Garaus machen. Sie sind teilweise oder völlig unfruchtbar, womit man Malaria, Dengue-Fieber oder Pflanzenplagen bekämpfen will. Die erste Freisetzung von Gentech-Faltern gab es 2001 bis 2011 in den USA. Seit 2009 schwirren auf den Kaiman-Inseln und seit 2010 in Malaysia Gentech-Moskitos. Auch Brasilien setzt seit kurzen Gentech-Insekten frei. England, Frankreich, Guatemala, Indien, Mexiko, Panama, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam planen bald nachzuziehen.

Daten unter Verschluss

Doch einiges lief schief bei den bisherigen Versuchen. Das Umweltverträglichkeits-Gutachten der US-Behörden aus dem Jahr 2008, auf das sich alle weiteren Freisetzungen beziehen, fällt im wissenschaftlichen Test durch: Die positive Einschätzung beruht nur auf zwei der 170 durchgeführten Studien, die außerdem wiederum nur eine der vier im Gutachten angeführten Insektenarten berücksichtigen. Alle Daten sollten offen liegen, fordern die Max-Planck-Forscher, und präsentieren eine Checkliste. “Sie soll Laien zeigen, ob die Zulassung einer Freisetzung eine solide Grundlage hat”, sagt Studienleiter Guy Reeves gegenüber pressetext.

Fragwürdige Praktiken ortet der Experte aber auch bei den Freisetzungen in den USA, Malaysia und auf den Kaiman-Inseln in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Statt genauer Experimentbeschreibungen gab es teils nur mündliche Bekanntgaben. “Doch selbst in Informationsbroschüren wurde verabsäumt, auf die naheliegende Frage einzugehen, ob man von den transgenen Moskitos gestochen werden kann. Die Antwort ist ein eindeutiges Ja - denn obwohl nur männliche, nicht-stechende Mücken freigesetzt wurden, waren sie nur zum Teil unfruchtbar, weshalb der Stich einer transgenen weiblichen Mücke möglich ist.”

Rechtsfreier Raum

Die Verantwortlichen sollten begründen, warum sie nicht die Bevölkerung miteinbeziehen oder um Zustimmung fragen müssen, fordert der Forscher. Die Dringlichkeit der neuen Technologie gelte hier kaum als Argument, da es auch auf Impfstoffstudien nicht zutrifft. Teils besitzen die Versuchsländer zudem gar keine Gesetze für den Transport oder die Freisetzung genetisch modifizierter Lebewesen. “Die potenziell nützliche Technik kann nur durch Feldtests weiterentwickelt werden, die Transparenz und die nötige Zustimmung der Bevölkerung aufweisen”, betont Reeves.

pte