Über ein Jahr nach dem GAU im Atomkraftwerk Fukushima will Japan die Grenzwerte für radioaktiv belastete Lebensmittel deutlich senken. Nach der Atomkatastrophe hatte der Staat die Grenzwerte erhöht. Unterdessen scheint das Erdbebenrisiko in der Region angestiegen zu sein.
Bild
© keystone

Ein für Lebensmittelsicherheit zuständiges Gremium des Gesundheitsministeriums stimmte am Donnerstag dem Plan zu, den Grenzwert für Cäsium bei Lebensmitteln wie Reis und Fleisch im April auf 100 Becquerel festzusetzen. Für Milch und Babynahrung sollen 50 Becquerel gelten und für Trinkwasser 10.

Nach Beginn der Atomkatastrophe in Folge des Erdbebens und Tsunamis vom 11. März 2011 hatte der Staat für Trinkwasser, Milch und Milchprodukte vorläufig einen Grenzwert von 200 Becquerel pro Kilogramm festgelegt sowie von 500 Becquerel für die drei Kategorien Gemüse, Getreide und andere Lebensmittel wie Fleisch, Eier und Fisch.

Belastung über neuem Grenzwert unschädlich

Dabei hatte die Regierung den durchschnittlichen Verbrauch eines Japaners zugrunde gelegt, so dass die innere Strahlenbelastung 5 Millisievert pro Jahr nicht übersteigt. Das Gesundheitsministerium beschloss, diesen Grenzwert auf ein Millisievert pro Jahr zu senken.

Das für Lebensmittelsicherheit zuständige Gremium wies laut der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo darauf hin, dass auch Lebensmittel, deren Belastung leicht über den neuen Grenzwerten liegt, kaum Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hätten. Bürgerverbände hatten dagegen noch striktere Grenzwerte gefordert.


Kommentar:

Kürzlich veröffentliche Stellungnahme der Physicians for Social Responsibility/Ärzte für soziale Verantwortlichkeit:
Der Nationalen Akademie der Wissenschaft zufolge gibt es keine sicheren Dosen von Strahlung. Jahrzehnte der Forschung zeigen deutlich, dass jegliche Dosis von Strahlung für ein Individuum das Risiko erhöht, Krebs zu entwickeln.

„Es gibt keinen sicheren Pegel der Exposition von Radionukliden, weder aus der Nahrung, Wasser noch anderen Quellen. Punkt.“, sagte Jeff Patterson, DO, Altpräsident für Physicians of Social Responsibility. „Belastung durch Radionuklide wie etwa Jod-131 und Cäsium-137, erhöht das Auftreten von Krebs. Aus diesem Grund muss jede Anstrengung unternommen werden, um den Gehalt von Radionukliden in Nahrung und Wasser zu verringern.

Erdbebenrisiko in der Region gestiegen

Das Erdbebenrisiko im Gebiet um das havarierte japanische Atomkraftwerk Fukushima ist laut einer Studie unterdessen gestiegen. Das Erdbeben vom März vergangenen Jahres, das die Atomkatastrophe zur Folge hatte, habe eine seismische Bruchlinie in der Nähe der Anlage reaktiviert. Dies könne zu schweren Erdstössen führen, heisst es in der von der in München ansässigen European Geosciences Union veröffentlichten Studie. Daher sollten die japanischen Behörden die Sicherheitsvorkehrungen um die Atomanlage stärken, mahnten die Wissenschafter.

Seit dem schweren Beben vor knapp einem Jahr nahm der Studie zufolge die seismische Aktivität in der Region stark zu: Zwischen dem 11. März und dem 27. Oktober wurden mehr als 24'100 Erdstösse mit einer Stärke von mindestens 1,5 gemessen. 23 von ihnen erreichten Werte von 5,0 und mehr. Zum Vergleich: Zwischen Juni 2002 und März 2011 wurden in der Region rund 1200 Erdbeben registriert.

Erneutes Beben

Zeitgleich zur Veröffentlichung der Studie wurde der Osten Japans kürzlich von einem schweren Erdbeben der Stärke 6,0 erschüttert. Der Betreiber des Atomkraftwerks Fukushima, Tepco, teilte mit, die Anlage sei bei dem erneuten Beben nicht beschädigt worden und die Lage sei stabil.

Das Beben hatte einen leichten Anstieg des Meeresspiegels verursacht. Eine Tsunamiwarnung wurde jedoch nicht ausgesprochen. Nach Angaben von Medienleuten gerieten in Tokio Häuser für rund eine Minute ins Schwanken. Panik brach demnach nicht aus.

agenturen/halp