In den Verpackungen von Esswaren und Getränken stecken Tausende noch unerforschte, potenziell giftige Stoffe. Sie können über die Ernährung in den Körper gelangen.
Paar vor Verkaufsstand mit Früchten
© reuters/SymbolbildDer Offenverkauf von Lebensmitteln birgt weniger Gefahren durch die Verpackung.
Substanzen, die Lebensmittel verunreinigen, geraten immer wieder in die Schlagzeilen. Zuletzt verunsicherten Medienberichte über Bishpenol A. Der Stoff ist in Kunstoffen enthalten, die zur Auskleidung der Innenseite von Konserven und Getränkedosen verwendet wird.

«Schätzungsweise 100'000 verschiedene Substanzen gehen aus Verpackungsmaterialien in Nahrungsmittel über, in Mengen, die toxikologisch relevant sein könnten», schreibt die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) in ihrer Zeitschrift Tabula.

Die meisten Stoffe sind noch gar nicht analysiert. Toxikologisch geprüft wurden bisher rund 1500 Substanzen.

Vorgaben regelmässig überschritten

Selbst wenn «nur» ein Prozent all dieser Stoffe gesundheitsschädlich wäre, so wären dies noch immer etwa 1000 Substanzen, so die SGE. Das bedeute, dass die mengenmässige Verunreinigung durch Stoffe aus Verpackungsmaterialien im Schnitt rund hundertmal grösser sei als diejenige durch Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Hinzu komme, dass die betreffenden Stoffe toxikologisch weniger gut auf ihre Giftigkeit untersucht seien.

Die Rechtslage ist eindeutig - doch die Vorgaben werden regelmässig nicht eingehalten, wie die Untersuchungen der Kantonalen Labors zeigen.

Immer wieder finden Überwachungsbehörden Rückstände aus Verpackungen in den Lebensmitteln, und zwar in Mengen, welche die gesetzlichen Grenzwerte bei Weitem überschreiten - oder dann sind es solche, die in der Verpackung gar nicht erst vorhanden sein dürften. Dabei nicht mit eingerechnet sind all die anderen Substanzen, um die sich bisher niemand kümmerte.

Beispiel Mineralöl

1996 fanden die Kantonalen Labors in Zürich und St. Gallen heraus, dass Lebensmittel aus Kartonschachteln oft mit hohen Mengen an Mineralöl verunreinigt sind. Das Mineralöl stammt vor allem aus den ölhaltigen Druckfarben der Zeitungen, die als Altpapier zu Kartons verbreitet werden. 2009 zeigte eine Untersuchung an 40 Pappschachteln, dass 36 erhebliche Mengen an Mineralöl enthielten - bis zu 83 Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel.

In einem Test des Zürcher Kantonslabors im Auftrag von «Kassensturz» waren letztes Jahr 18 von 21 Proben mit Erdöl-Rückständen belastet.

Der Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beträgt 0.6 Milligramm. Mineralöle können zu Entzündungen der Leber und Herzklappen führen sowie zu Veränderungen an Lymphknoten führen, wie aus Tierversuchen bekannt ist. Im Körper eines Erwachsenen befinden sich durchschnittlich 10 Gramm Mineralöl - rund zwei Teelöffel voll.

Beispiel Weichmacher

Weichmacher wie Phthalate kommen vor allem in Dichtungen von Schraubdeckeln von Glasbehältern vor. Untersuchungen des Kantonalen Labors Zürich ergaben eine Beanstandungsquote von über 50 Prozent. Da es keine Alternative für die Dichtungen gibt, mussten die Schweizer und die EU-Behörden den Grenzwert massiv erhöhen. Eine grossangelegte Europäische Studie an 310 ölhaltigen Lebensmitteln zeigte, dass 24 Prozent der Proben den Grenzwert überschritten oder enthielten verbotene Weichmacher. Phthalate können Nieren und Augen schädigen und zu Unfruchtbarkeit führen. Auch die Abnahme der Spermienzahl steht mit Phthalaten in Verbindung. In Diskussion ist, ob die weich machenden Substanzen auch eine Rolle bei der Entstehung von Diabetes, Übergewicht und Fettsucht spielen.

(sf/buev; muei)