Und plötzlich tat sich der Boden auf: Eigentlich hatte sich Michael Roth auf einen gemütlichen Grillnachmittag im Garten gefreut und wollte dafür noch den Rasen mähen. Von einer Sekunde zur nächsten zog es den 73-Jährigen mit einem Ruck bis zu den Schultern nach unten. Durch einen Erdfall war unter der Wiese ein drei Meter tiefes Loch entstanden.
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© KrempinWagte sich in das Loch hinab: Höhlenforscher Stefan Voigt nahm den Erdfall an der Kirchfeldstraße persönlich in Augenschein. Er vermutet, dass sich in einer Tiefe von zehn Metern eine Höhle befindet.
Gummersbach. Nicht zuletzt weil er sich an seinem Rasenmäher mit Eigenantrieb festhielt, gelang Roth unter größter Anstrengung die Befreiung. Von Todesangst war sein erster Gedanke geprägt: „Jetzt will er mich von unten holen.“ Minuten später holte ihn der Schock richtig ein, Roth zitterte am ganzen Körper.

Eigentlich ist das Grundstück des Seniors an der Kirchfeldstraße in Gummersbach ein Idyll. Mit Frau, Tochter und Enkel lebt Roth hier. Für den vierjährigen Lukas Leon hat er Rutsche und Schaukel aufgebaut. In einer Ecke des Gartens picken die Hühner - aber direkt neben dem Grill hat sich seit vergangenem Samstag der Schlund aufgetan.

Erdfälle seien in dieser Gegend gar nicht so selten, sagt Stefan Voigt, erster Vorsitzender des Arbeitskreises Kluterthöhle, der sich gestern selbst vor Ort ein Bild machte. Aus seiner Erfahrung rutscht der Boden hier alle zehn Jahre in die Tiefe. Dass dies direkt unter den Füßen eines Menschen geschehe, sei deutschlandweit aber einmalig, so seine Vermutung. Voigt: „Die Entdeckungsgeschichte ist ziemlich spektakulär. Das ist wie ein Sechser im Lotto, nur andersrum.“

Der unsichere Boden wird durch die geologische Formation bereitet. Vom Rosper Bach in Richtung Bahnhof zieht ein Kalkweg unter Gummersbach durch die Erde. „In der Tiefe entstehen Hohlräume, die sich langsam nach oben schieben“, erklärt Voigt. Dorthin kann Erdreich abrutschen.

Auf diese Weise sei unter dem Grundstück von Michael Roth ein zigarrenförmiger Raum entstanden, der sich zu einem breiten Trichter verändern werde, sollte man der Natur ihren Lauf lassen. Zehn Meter tiefer könnte ein Hohlraum zu finden sein.

Roth hat die Gefahrenstelle provisorisch mit Bohlen abgesichert. Das Ordnungsamt sieht nach Auskunft von Beate Menzl, stellvertretende Pressesprecherin der Stadt, keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Gestern Nachmittag habe sich ein Mitarbeiter vor Ort einen Eindruck von der Situation gemacht.

Für den Schaden müsse der Eigentümer des Grundstückes aufkommen, prognostiziert Voigt. Nur bei Erdfällen, die durch Menschenhand entstehen, zum Beispiel als Folge von Kohleabbau, müsse das Bergbauamt die Kosten tragen. Davon sei an der Kirchfeldstraße nicht auszugehen, obgleich Menzl anmerkt, dass hier in der Vergangenheit möglicherweise Bergbau im kleinen Stil betrieben worden sei

Für eine fachgerechte Lösung mit einem von Beton ummantelten Schacht müsse Roth mit Kosten in Höhe von 10 000 bis 20 000 Euro rechnen, die er als Eigentümer selbst zu tragen habe, so Voigt. Die Alternative sei ein Handel mit dem Höhlenverein. „Bekommen wir freien Zugang, machen wir das umsonst“, verspricht der Vorsitzende. Den unterschriftsreifen Vertrag hat er Roth bereits zukommen lassen.