Giraffen
© Daryona, cc-by-sa 3.0Archiv: Uganda-Giraffen im Murchison-Falls-Nationalpark.
Kyoto (Japan) - Im South Luangwa National Park in Sambia haben Zoologen eine merkwürdige Beobachtung gemacht: Eine Giraffenmutter weigerte sich, den toten Körper ihres Kalbes zu verlassen. Während eine derartige Beobachtung als Einzelfall für die Forscher wohl nur wenig relevant gewesen wäre, handelt es sich aktuell schon um den dritten derartigen Fall. Erneut wirft der Vorgang die Frage auf, ob auch Giraffen ihre Toten betrauern.

Zahlreiche Beobachtungen angesichts anderer sozialer Tiere, wie etwa Elefanten und Schimpansen, haben bereits eindrucksvoll gezeigt, dass diese besonders verstorbene Mitglieder ihrer Familie, Gruppe oder Herde zu begutachten, zu bewachen und geradezu um sie zu trauern scheinen und stellen Forscher damit immer wieder vor die Frage, ob auch Tiere eine mentale Vorstellung vom Tod haben können (...wir berichteten, s. Links).

Wie die Forscher um den Zoologieprofessor Fred Bercovitch von der Kyoto University aktuell im Fachmagazin African Journal of Ecology berichten, beobachteten sie, wie eine Uganda-Giraffenmutter sich zu ihrem totgeborenen Kalb niederbeugte und mehrere Minuten damit verbrachte, das tote Tier sauber zu lecken, bevor sie selbst wieder aufstand, um diese Prozedur danach weitere Male zu wiederholen. Insgesamt verbrachte das Muttertier auf diese Weise mehr als zwei Stunden damit, ihr totes Kind zu untersuchen.

Für die Forscher ist dieses Verhalten aus mehreren Gründen ebenso ungewöhnlich wie faszinierend: Neben ihrem Ruf als schlechte Mütter, die ihre Neugeborenen oft schon unmittelbar nach der Geburt für längere Zeit alleine lassen, bleiben weibliche Giraffen sowieso für gewöhnlich nicht lange alleine. Dieses Exemplar jedoch blieb mehr als zwei Stunden alleine mit ihrem toten Kalb, fernab von den anderen Weibchen der Herde. Zudem konnte bislang nur selten beobachtet werden, dass Giraffen Totgeburten oder verstorbene Artgenossen intensiv begutachteten und bei ihnen verblieben.

"Die mütterliche Reaktion der Giraffe gegenüber ihrem Toten Kalb ist zwar nicht so ausführlich und ausdauernd, wie dies schon bei Elefanten und Schimpansen beobachtet wurde (s. Links)", zitiert die BBC den Forscher, dennoch sei ihre Reaktion erstaunlich und stütze frühere Beobachtungen die auf eine bislang kaum bekannte Komponente im Umgang der Tiere gegenüber ihren Toten auf.

In einem anderen, früheren Fall, der 2010 in Kenia beobachtet wurde, verblieb die Giraffenmutter sogar ganze vier Tage bei dem Körper ihres verstorbenen, einen Monat alten Kalbes, während sie immer wieder von insgesamt 17 anderen Weibchen der Herde aufgesucht und umkreist wurde. (Einen ausführlichen Bericht über diesen Vorfall finden Sie hier, s. "The Curious Incident of the Giraffe in the Night Time".)

In einem anderen Fall, der 2011 von Forschern in Namibia beobachtet werden konnte, hielt eine Giraffenherde plötzlich an jenem Ort an, an dem drei Wochen zuvor ein junges Giraffenweibchen verendet war. Nachdem zunächst ein Männchen sich herunterbeugte, um den Boden zu beriechen, folgten noch weitere vier Herdenmitglieder seinem Beispiel, bevor die Gruppe weiterzog.

Trotz der anrührenden Beobachtungen bleibt Professor Bercovitch bezüglich einer Deutung bzw. Bewertung des aktuellen Vorgangs selbst noch vorsichtig: Zwar zeige das Verhalten des Muttertieres eine ausgeprägte Mutter-Kind-Verbindung zu ihrem toten Kalb, ob es sich dabei jedoch tatsächlich um Trauer gehandelt habe, lasse sich aus der Beobachtung noch nicht eindeutig ableiten. Allerdings erweitere der Vorfall die Gruppe von Tierarten, die auf den Tot von Artgenossen direkt zu reagieren scheinen.