Lange wurde Meditation als esoterisch belächelt. Heute belegen Studien, dass man mit Meditation autonome, vegetative Funktionen kontrollieren kann. Und meditieren kann das Schmerzempfinden positiv beeinflussen.
Tai chi, meditation
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Meist sitzt man mit einem kleinen Kissen unterm Po, die Beine ineinander geschlagen im sogenannten Lotus-Sitz. Der Rücken ist gerade, die Hände sind entspannt ineinander gelegt, nur die Daumenspitzen berühren sich leicht. Zen-Meister Michael Sabaß erklärt worauf es beim Meditieren ankommt:
"Das Wichtigste ist, man schaut nach Innen. Also man schult seine Wahrnehmung darüber, was passiert eigentlich mit mir oder in mir. Was fühlt es eigentlich in jedem Moment und warum geht das wieder weg? Und wie fühlt sich mein Körper an? Wie fühlt sich mein Geist an? Was passiert um mich herum?"
Fernöstliche Tradition

Meditation hat ihren Ursprung in fernöstlichen Religionen, Philosophien und mystischen Traditionen. Dabei wird sie praktiziert, um eine Meditationszustand zu erreichen, die so genannte "innere Mitte". Diese Mitte kann mit körperlich aktiven Techniken - wie zum Beispiel Tai Chi oder Qi Gong - erreicht werden oder mit passiven Techniken.

Dass das nicht nur reine Glaubenssache ist, haben zahlreiche Studien an Langzeitmeditierenden belegt. Mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanztomographie, die hochaufgelöste Bilder der Hirnstruktur liefert oder der Messung von Hirnströmen mittels EEG, lassen sich detaillierte Informationen über den Aktivitätszustand des Gehirns gewinnen. Die Neurobiologin Stefanie Tangeten hat mit der Methode gute Erfahrungen gemacht:
"Normalerweise haben wir in so einem Alltagsbewusstsein recht viel Beta- Aktivität und Alpha-Aktivität. Alpha taucht sehr viel in Entspannungszuständen auf. Und in der Zen-Meditation findet man, dass über das ganze Gehirn verteilt eine ganz starke Teta- und Delta-Aktivität zu finden war im Meditationszustand. Das sind Frequenzen von ein bis fünf bis acht Herz ungefähr, die man normalerweise nur im Schlaf findet. Von außen könnte man sagen, na ja, vielleicht ist der eingeschlafen? Und man hat dann eben geschaut, ob er wach ist, hat ihm verschiedene Aufgaben gegeben und die hat er gelöst und hat gleichzeitig praktisch meditiert."
Entspannter Wachzustand

Meditation ist eine Art entspannter Wachzustand, in dem Blutdruck, der Puls und die Atemfrequenz niedriger sind. Studien haben nachgewiesen, dass sich durch regelmäßige Meditation der altersbedingte Abbau der Hirnrinde verlangsamt. Auch auf Schreckreize reagieren Meditierende gelassener, erklärt Neurobiologin Tangeten.
"Wenn man einem normalen Menschen irgendwelche Schreckreize präsentiert, dann ist es einfach so, dass es so ganz unbeeinflussbare Kaskaden von Schreckreaktionen stattfinden, d.h. sind bestimmte Hirnareale, die aktiviert werden, die damit zu tun haben, im Zustand von Flucht und Angriff zu sein. Die Meditierende haben nach der Präsentation eines Schreckreizes kaum Veränderungen in der Herzfrequenz gezeigt, kaum Veränderung der Atemfrequenz, diesen Lidschlagreflex - den haben sie auch kaum gezeigt."
Teufelskreis durchbrechen

Der gelasseneren Umgang mit allem, was ist, kann man sich auch bei Schmerzen wie zum Beispiel Verspannungen zu Nutze machen. Auch bei chronischen Schmerzen kann Meditation helfen, den Teufelskreis aus "Schmerzen - Angst - noch mehr Schmerzen" zu durchbrechen.

Die Neurobiologin veranschaulicht das Ganze an einer Art Gleichung: Leiden ist gleich Schmerz plus Widerstand. Nicht nur Mathematiker können dafür sorgen, dass am Ende Null herauskommt, sagt Stefanie Tangeten:
"Wenn ich in dieser Gleichung sozusagen eine Faktor Null setze, dann kommt auch Null dabei raus und das heißt, wenn ich diesen Schmerz nicht mehr negativ bewerte und keine Widerstand dagegen habe, sondern ihn einfach erst einmal wahrnehmen kann als das was er ist, nämlich ein Zwicken oder ein Ziehen, dann kann es sein, dass ich darauf nicht mehr negativ reagiere und eben nicht mehr darunter leide. (...)

Der Schmerz kann immer noch weiterhin da sein. Aber der Umgang und die Haltung mit diesem Schmerz können sich durch Meditation verändern, was einen ziemlich starken Einfluss auf die Lebensqualität haben kann."
Internetfassung: Diana Jörger