Mein persönlicher Horror auf den Feldern sind genetisch modifizierte Nutzpflanzen (kurz: GM-Nutzpflanzen oder auch nur „Genpflanzen“): Sie wurden 1996 von der Firma Monsanto eingeführt und als “Heilsbringer für die Welt” verkauft, denn durch sie sollte nicht weniger als das Hungerproblem in der Welt gelöst werden. Es gab aber etliche kritische Zeitgenossen, die nicht verstanden, warum der Hunger in der Welt nun ausgerechnet auf dem (zuvor bestehenden) Fehlen von Genpflanzen beruhen sollte? Doch Monsanto hatte noch mehr:
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Als weiteres „bärenstarkes“ Argument wurde seitens der Firma Monsanto aufgeführt, dass durch den Einsatz von GM-Nutzpflanzen der Pestizideinsatz reduziert werden würde. Besonders die Bt-Pflanzen, die ihr aufgrund der genetischen Modifikation ihr eigenes Insektizid produzieren, bräuchten dann kaum noch weitere Pestizidbehandlungen von außen.

Da wunderte man sich schon, als man erfuhr, dass Monsanto zeitgleich aber seine Kapazitäten für die Produktion von Pestiziden kontinuierlich ausweitete. Es sah (fast) so aus, als ob Monsanto bewusst tolle, marketinggerechte Ankündigungen herausgegeben hatte - und auf der anderen Seite das Gegenteil davon praktizierte.

Heute wissen wir auch warum dies so kommen musste, denn die genetisch veränderten Pflanzen haben zu Toleranzentwicklungen geführt. Und das gleich doppelt: Unkräuter und Schädlinge sind gleichermaßen betroffen. So sind mittlerweile zwei Dutzend Unkräuter gegenüber Glyphosat unempfindlich geworden. Glyphosat ist der wichtigste Bestandteil von Monsantos Unkrautvertilgungsmittel „Roundup“ (ich berichtete darüber in meinem Artikel: “Politiker entdecken: Herbizide sind doch gesund“).

Schlimm, schlimmer, Monsanto

Inzwischen ist es auch nicht mehr möglich, abzuwiegeln und kritische Stimmen in die Pessimistenecke zu stecken. Denn die Wissenschaft hat sich dieses Phänomens angenommen und ist zu erschreckenden Ergebnissen gekommen. Die unlängst veröffentlichte Studie „Impacts of genetically engineered crops on pesticide use in the U.S. - the first sixteen years“ von Charles Benbrook, einem Wissenschaftler an der Washington State Universität, stellt als erstes fest, dass es kaum unabhängige Studien gibt, die die Auswirkungen der Pestizide bestimmt haben. Es gibt praktisch auch keine Arbeiten, die das Resistenzpotential von Glyphosat bestimmt hätten. Von daher untersuchte der Wissenschaftler die Auswirkungen von 6 GM-Pflanzen und den bei ihnen eingesetzten Pestiziden für die Zeit von 1996 bis 2011.

Die Pflanzen waren:
  • Herbizidresistenter Mais
  • GM-Soja
  • GM-Baumwolle
  • Bt Mais, der ein Pestizid gegen den Maiszünsler produziert
  • Bt Mais, der ein Pestizid gegen den Maiswurzelbohrer produziert
  • Bt Baumwolle mit Pestizidproduktion gegen Schmetterlingsraupen
Das Resultat der Untersuchung: Die herbizidresistente Nutzpflanzentechnologie führte in den Vereinigten Staaten zu einer Erhöhung des Gebrauchs von Herbiziden. Diese Erhöhung betrug für den Zeitraum von 1996 bis 2011 239 Millionen Kilogramm. Die Bt Nutzpflanzen führten zu einer Senkung des Gebrauchs von Insektiziden von 56 Millionen Kilogramm für den gleichen Zeitraum. Unter dem Strich wuchs also der Pestizidverbrauch um 183 Millionen Kilogramm oder 7 Prozent.

Der Forscher kommentiert seine Ergebnisse so: Es wird immer wieder behauptet, dass der Einsatz von GM-Nutzpflanzen den Pestizidverbrauch reduziere (eine fast gebetsartige Übung der Befürworter von GMOs). Aber die Resistenz der Genpflanzen gegenüber Glyphosat ist bereits auf andere Pflanzen übergegangen, die jetzt nur noch durch höhere Konzentrationen an Pestiziden kontrolliert werden können - und dies ist dann der Grund für den Zuwachs von 7 Prozent. Weiter schließt er, dass eine Zulassung von Mais und Soja, die gegen das Herbizid 2,4-D (2,4-Dichlorphenoxyessigsäure) resistent sind, zu einer weiteren Erhöhung des Herbizidverbrauchs um sage und schreibe 50 Prozent führen wird.

Und wie es aussieht, ist dies nur der Anfang, denn in einer Stellungnahme der Nachrichtenagentur Reuters gegenüber erklärte der Wissenschaftler, dass der Herbizidverbrauch aufgrund der Resistenzentwicklungen momentan jährlich um 25 Prozent wächst. Und genau diese Resistenzentwicklungen zwingen die Bauern oft dazu, auf ältere und noch gefährlichere Herbizidsorten zurückzugreifen. Um eine Resistenzentwicklung bei den Mais und Baumwolle fressenden Insekten gegen das Bt Insektizid zu verhindern, empfehlen Monsanto und Co. den Bauern meines Wissens, zusätzlich noch genau die Insektizide zu sprühen, die eigentlich durch die Bt Technologie ersetzt werden sollten.

Wahnsinn mit Methode

Monsanto ist ja bekannt für seine tollen Einfälle, besonders wenn es um Zerstörung geht. So war Glyphosat ein Bestandteil des Entlaubungsmittels Agent Orange, mit dem Vietnam im damaligen Vietnamkrieg großzügig bedacht worden ist. Aber auch das 2,4-D ist ein Bestandteil von Agent Orange. Wie sich dieses segenbringende Zeug auf ungeborenes Leben auswirkt, können Sie unter http://digitaljournalist.org/issue0401/griffiths_intro.html begutachten (Vorsicht: nichts für schwache Nerven). Über die Rückstände von Glyphosat in Lebensmitteln berichtete ich auch schon in “Glyphosat im Brötchen - unser tägliches Gift gib uns heute“.

Doch zurück zur Studie: Laut Prof. Benbrooks Einschätzung würde der Einsatz von 2,4-D nach der Zulassung der 2,4-D-resistenten GM Pflanzen in 2013 fast 50 Millionen Kilogramm jährlich (bis zum Jahr 2019) ausmachen. Momentan werden immerhin schon 1,5 Millionen Kilogramm jährlich versprüht. Damit hätten wir quasi vietnamesische Verhältnisse vor unserer Haustüre. 2,4-D ist toxisch genug, dass die Wahrscheinlichkeit von Entwicklungsstörungen bei Feten und Problemen mit den Fortpflanzungsorganen bei Mann und Frau enorm ansteigt.

Für die Umwelt käme ein weiterer herber Schlag dazu. So wartet Dow Chemicals neuestes GM Produkt, eine Sojapflanze, die gleich gegen 3 Substanzen immun ist, auf ihre amerikanische Zulassung. Wo Monsantos Pflanzen nur gegen Glyphosat oder Glufosinat resistent sind, ist die Dow-Soja gegen beides und 2,4-D resistent. Natürlich beeilt sich Dow jetzt, ihr neues Produkt als den Monsanto-Produkten überlegen darzustellen, da die ja nur Roundup „ready“ seien und Glyphosatresistenzen bei Unkräutern entwickelt hätten.

Dabei unterschlägt die Marketingabteilung von Dow geflissentlich, dass schon heute 28 Arten aus 16 Pflanzenfamilien eine Resistenz gegen 2,4-D und ähnliche Herbizide haben. Oder in anderen Worten: die neue GM Pflanze von Dow ist noch gar nicht auf dem Markt, da gibt es schon Resistenzen bei Unkräutern gegen die Herbizide, gegen die sie selbst gefeit ist. Und die Empfehlung von Dow wird die gleiche sein wie die bei Glyphosat-resistenten Unkräutern: Einfach mehr 2,4-D sprühen, um die Unkräuter zu vernichten und weitere Resistenzentwicklungen zu verhindern. Kein Wunder also, wenn Prof. Benbrook in seinen Schätzungen auf den Einsatz von 50 Millionen Kilogramm 2,4-D jährlich nach der Einführung der neuen Dow-Sojapflanze kommt.

Die amerikanische Politik hilft tüchtig mit

Damit die Schätzungen von Prof. Benbrook auch wahr werden, sorgt die Politik für die richtige Weichenstellung in Richtung Pestizidum- und -einsatz. So hat der amerikanische Präsident Obama 2009 den Bock zum Gärtner bestimmt, indem er einen gewissen Michael Taylor zum Chefberater der FDA (Food und Drug Administration) gemacht hat. Warum Bock, warum Gärtner? Ganz einfach: Taylor war zuvor der Chef der PR-Abteilung bei Monsanto. 2010 ist er sogar zum stellvertretenden Kommissar für Lebensmittel in der FDA erkoren worden. Ich frage mich (und das sollten Sie auch tun): Wird ein Karrieretyp wie Taylor etwa kritische Prüfungen von Monsanto-Produkten anordnen oder ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass er bei einer Neuzulassung durchwinkt, was er durchwinken kann und darf?

Wie industriefreundlich der Mann ist, hat er 1991 schon beweisen können. Da war er auch schon bei der FDA tätig, als stellvertretender Kommissar für Regeln und Policen. In dieser Eigenschaft setzte er durch, dass Milch von Kühen, die mit dem Wachstumshormon BGH behandelt worden waren, keinen solchen Vermerk auf dem Etikett haben musste. Er war auch maßgeblich daran beteiligt, dass Monsanto seine GM Produkte ohne Sicherheitsstudien auf den Markt bringen durfte. Heute schreibt ein solcher Mensch den Amerikanern vor, wie Sicherheitskontrollen auszusehen haben, welche Sicherheitsstandards zum Einsatz kommen usw. Da wird mir blitzartig klar, warum es mit der Gesundheit der Amerikaner nicht zum Besten gestellt sein kann. Denn die FDA erlaubt GMOs (= Gentechnisch modifizierter Organismus) in Lebensmitteln, ohne dass der Hersteller dies zu etikettieren braucht. Dabei sind es sogar FDA-Wissenschaftler gewesen, die vor unberechenbaren Folgen von GM-Nahrungsmitteln gewarnt haben, z. B. Allergien, Toxine, neue Erkrankungen sowie allgemeine Resorptions- und Ernährungsprobleme. Aber es sind halt die Leute wie Rechtsanwalt Taylor, die die Entscheidungen treffen und bei solchen Dingen das letzte Wort haben.

Würden die Entscheidungskriterien auf den Ergebnissen der eigenen Wissenschaftler basiern, gäbe es sehr wahrscheinlich kein GM-Food in den USA. Aber die Kriterien lauten anders, denn sie sind an den Bedürfnissen der Lebensmittelindustrie orientiert, und Taylor und Co. sehen zu, dass diese Bedürfnisse zur Genüge berücksichtigt werden. Jeffrey M. Smith kommentierte Taylors Berufung so:
„Diese Person ist für mehr lebensmittelbezogene Erkrankungen und Todesfälle verantwortlich als sonst jemand in der Geschichte. Und der ist just zum amerikanischen Lebensmittelsicherheit-Zar gekürt worden. Das ist kein Witz.“

Fazit


Es ist fast berauschend, wie die Lügen der Industrie sich selbst entblößen. Nachdem jetzt jedem klar sein sollte, dass GMOs keine Einsparungen beim Einsatz von Pestiziden nach sich ziehen, sondern das komplette Gegenteil bedeuten, taucht als nächstes die Frage auf: Wenn die Pestizidgeschichte nicht stimmt, vielleicht sind die anderen Behauptungen dann auch falsch? Wie können die GM-Pflanzen Hunger beseitigen, wenn beispielsweise die Ernte nicht für den lokalen Markt bestimmt ist? So werden ganze Landstriche in anderen Ländern für GM-Mais und GM-Soja benutzt und die Waren danach exportiert, damit die Kühe in Amerika und Europa nicht mehr auf der Weide grasen müssen. Für diese Länder, in denen Mais und Soja im Großformat angebaut werden, ist das eine Katastrophe, da das Land für den Anbau mit lokalen Lebensmitteln zur Eigenversorgung nicht mehr zur Verfügung steht.

Aber selbst wenn GM-Pflanzen zur lokalen Versorgung eingesetzt würden, besteht immer noch die hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese Lebensmittel gesundheitliche Probleme verursachen. Die FDA-Wissenschaftler haben auf diese Möglichkeit hingewiesen. Und es gibt unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen, die bei Labortieren, die mit GM-Produkten gefüttert worden waren, Fruchtbarkeitsprobleme und schwere organische Veränderungen gezeigt haben. Bei solchen Aussichten fällt mir bezüglich der Genpflanzenvertreiber nur noch das Götz v. Berlichingen Zitat ein...