Wissenschaft und TechnologieS


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Genom der Denisova-Menschen entschlüsselt

Nur 10 Milligramm fossiles Knochenmaterial genügten den Forschen am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, um das gesamte Genom des vor 30.000 Jahren ausgestorbenen Denisova-Menschen zu entschlüsseln. Möglich machten dies die Entwicklung neuer hochempflindlicher Untersuchungstechniken. Das gesamte Genom ist schon vor der eigentlichen Publikation im Internet veröffentlicht worden.
Denisova-Höhle in Südsibirien
© MPI für evolutionäre AnthropologieIn der Denisova-Höhle (Südsibirien) wurde das Fragment des Fingerknochens gefunden.

Als Denisova-Menschen wird eine Population von Individuen der Gattung Homo bezeichnet, die vor rund 40.000 Jahren im Altai-Gebirge im südlichen Sibirien lebte. Belegt ist die Existenz dieser Population nur durch drei Fossilien: ein Fingerglied eines kleinen Fingers, ein Backenzahn sowie ein Zehenglied vom linken Fuß. Der Fingerknochen wurde 2008 von den Professoren der Russischen Akademie der Wissenschaften, Anatoly Derevianko und Michail Shunkov, während Ausgrabungsarbeiten in der Denisova-Höhle entdeckt. Die Denisova-Höhle ist eine einzigartige archäologische Fundstätte, die wahrscheinlich bereits vor etwa 280.000 Jahren von Menschen bewohnt wurde. Der Fingerknochen, der das untersuchte Material lieferte, wurde in einer Schicht gefunden, die auf ein Alter von 50.000 bis 30.000 Jahre datiert wurde.

Sherlock

Cern: Loses Kabel stellt Physik-Sensation in Frage

Die Meldungen der Forscher am Cern klangen spektakulär: Schneller als das Licht sollten die Neutrinos unterwegs gewesen sein. Einsteins Relativitätstheorie sollten die Messungen außer Kraft setzen. Doch nun müssen sich die Wissenschaftler die Frage gefallen lassen, ob tatsächlich die Physik in ihren Grundfesten - oder nur die Festigkeit einer Kabelverbindung erschüttert wurde.
cern
© AFPEs gibt viele Steckverbindungen an den Computern des Cern. Möglicherweise saß eine nicht richtig.

Albert Einsteins Relativitätstheorie schien außer Kraft gesetzt zu sein. Und mit ihr das Dogma der Physik, wonach sich nichts schneller als das Licht bewegen kann. Entsprechend groß war die Aufregung unter Fachleuten wie Laien, als Elementarteilchenphysiker im vergangenen Herbst von Partikeln berichteten, die überlichtschnell unterwegs sind. Die Physiker hatten Neutrinos - elektrisch neutrale Elementarteilchen, die nahezu ungehindert durch Materie fliegen - vom Europäischen Forschungszentrum Cern bei Genf quer durch die Erdkruste bis nach Italien geschossen.

Dort, unter dem fast 3000 Meter hohen Granitberg Gran Sasso, wurden einige der Partikel in einem empfindlichen Detektor aufgefangen. Als die Physiker die Flugzeit der Neutrinos während der 730 Kilometer langen Wegstrecke präzise vermaßen, stellten sie das Ungeheuerliche fest: Der vom Cern ausgesandte Partikelstrom erreichte den Gran Sasso schneller, als ein Lichtstrahl für diese Strecke bräuchte.

Radar

Ablenkung: Schweiz will Weltall von Müll befreien

Paris - Schweizerische Forscher arbeiten an einem Programm zum Entsorgen von Weltraummüll im erdnahen Weltraum, wie die Eidgenössische polytechnische Schule (EPFL) in Lausanne am Mittwoch auf ihrer Webseite berichtet.

„Es ist höchste Zeit, die notwendigen Handlungen zu unternehmen, um den Müllberg im erdnahen Raum abzubauen“, äußerte der schweizerische ESA-Astronaut Claude Nicollier, Professor der EPFL.

Gerade diesem Ziel solle das Programm CleanSpace One dienen, das die Entwicklung einer Familie von ‚Reinigungs-Satelliten’ vorsehe. Es handle sich um Kleinapparate, die gefährliche Objekte erspähen und zerstören könnten, so Nicollier.

NASA-Mitarbeiter haben rund 16 000 Objekte von Weltraumschrott ab zehn Zentimeter Größe (Trümmerteile von Raketen und Satelliten und ähnliches) registriert, die mit einer Geschwindigkeit von mehreren Kilometern in der Sekunde um die Erde kreisen. Im erdnahen Weltraum gibt es auch Hunderttausende kleinere Objekte. All diese Rückstände stellen für die eingesetzten Satelliten sowie für die ISS - auch bei deren regelmäßigen Bahnkorrekturen - eine ernste Gefahr dar.

Chalkboard

Neue Messungen belegen: Der Mars bebt

Felsbrocken Mars
© HiRISE/NASAHerabrollende Felsbrocken hinterlassen Spuren (s. Pfeile) im Boden der Marsregion Cerberus Fossae. (Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen.)
London/ England - Anhand von Aufnahmen von Geröll und Felsbrocken, die von Klippen und Hängen auf dem Mars herabgestürzt und -gerollt sind, schließen britische Wissenschaftler auf Oberflächenbeben auf dem Roten Planeten in vergleichsweise junger Vergangenheit. Das Studium der geologischen Aktivität des Mars könnte auch Rückschlüsse auf dessen potentielle Lebensfreundlichkeit zulassen.

Wie die Forscher um den Geologen und Erdbebenexperten Gerald Roberts von der Birkbeck Institution an der University of London (bbk.ac.uk) berichten, entdeckten sie die Hinweise auf Marsbeben in jüngerer Zeit auf Aufnahmen der HiRISE-Kamera an Bord der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter (MRO).

"Sollte es tatsächlich Marsbeben geben", so zitiert das NASA-Onlinemagazin Astrobiology Magazine (astrobio.net) den Wissenschaftler, "so könnte unser nächster planetarer Nachbar immer noch aktiven Vulkanismus hervorbringen, die wiederum dabei behilflich sein könnte, Bedingungen auf dem Mars zu erschaffen, unter denen flüssiges Wasser möglich wäre.

Telescope

Hubble-Beobachtungen bestätigen neue Klasse von Exoplaneten

Super-Erde GJ 1214b
© ASA, ESA, and D. Aguilar (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics)Künstlerische Darstellung der exotischen wässrigen Super-Erde "GJ 1214b" vor ihrem Stern (Illu.).
Washington/ USA - Mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble haben Astronomen eine neue Analyse der Eigenschaften der bereits 2009 entdeckten fernen Super-Erde "GJ 1214b" durchgeführt und damit zugleich eine neue Klasse von Exoplaneten, eine Wasserwelt mit einer dichten Dampfhülle, beschrieben. Hauptsächlich aus Wasser und nur zu einem kleinen Teil aus Gestein bestehend, gleicht "GJ 1214b" damit keinem der bislang bekannten Planeten.

Das internationale Team aus Astronomen um Zachory Berta vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA), untersuchte den 2009 vom MEarth Project unter David Charbonneau, ebenfalls vom CfA, entdeckten Planeten (...wir berichteten) aktuell mit der Wide Field Camera 3 (WFC3) des Hubble-Weltraumteleskops und hat die Ergebnisse aktuell im Fachmagazin Astrophysical Journal veröffentlicht.

Zuvor wurden die Atmosphäre der Super-Erde mit dem 2,7-fachen Durchmesser der Erde und deren nahezu siebenfachen Masse, schon 2010 von CfA-Astronomen um Jacob Bean untersucht. Schon damals kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass der einen roten Zwergstern (GJ 1214) in einem Abstand von nur zwei Millionen Kilometern alle 38 Stunden umkreisende Planet hauptsächlich aus Wasser bestehe, es jedoch auch möglich sei, dass die Beobachtungswerte auch auf eine in eine dichte Dunsthülle gehüllten Planeten deuten (...wir berichteten). Anhand seines geringen Abstands zu seinem Zentralgestirn dürften auf "GJ 1214b" Temperaturen von rund 230 Grad Celsius herrschen.

Satellite

NASA-Sonde findet Hinweise auf "junge" geologische Aktivität des Mondes

Mondgräben
© NASA/Goddard/Arizona State University/Smithsonian InstitutionDer Größte der auf dem Mond neu entdeckten Gräben, die geologische Aktivität des Mondes noch bis in jüngere Zeit belegen. (Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen.)
Washington/ USA - Neue Aufnahmen der NASA-Mondsonde "Lunar Reconnaissance Orbiter" (LRO) zeigen, dass die Kruste des Erdtrabanten gedehnt wurde, wodurch lange Bruchlinien, sogenannte Gräben entstanden sind. Mit einem nach geologischen Maßstäben geringen Alter von nur 50 Millionen Jahren widersprechen die Strukturen damit der bisherigen Vorstellung vom insgesamt rund 4,5 Milliarden Jahre alten Mond als geologisch totem Himmelskörper.

Wie die Wissenschaftler um Dr. Thomas Watters vom Center for Earth and Planetary Studies am Smithsonian's National Air and Space Museum in Washington in der Märzausgabe des Fachmagazins Nature Geoscience berichten, handelt es sich um schmale Gräben, die typischerweise sehr viel länger als breit sind und sich bilden, wenn die Mondkruste an diesen Stellen auseinander gezogen wird, dabei aufbricht und entlang zweier Grenzfalten absinkt. Insgesamt haben die Forscher anhand der Aufnahmen der Lunar Reconnaissance Orbiter Camera (LROC) gleich mehrere entsprechender "Dehnungsstreifen" entdeckt.

Magnify

Wissenschaftler untersuchen "Meerjungfrau"-Mumie

Buxton-Mermaid
© David Padley, lincoln.ac.ukDie sogenannte Buxton Mermaid.
Lincoln/ England - Angeblich mumifizierte Meerjungfrauen und Wassermänner, bei denen es sich jedoch tatsächlich um aus unterschiedlichen Tierteilen und Materialien zusammengesetzte Präparate handelt, werden schon seit dem 16. Jahrhundert hergestellt und wurden besonders im 19. Jahrhundert auf Jahrmärkten und in Kuriositätenkabinetten als vermeintlich echte Meerjungfrau-Mumien gezeigt. Jetzt hat sich eine englische Studentin der sogeannten Buxton Mermaid angenommen, um genau herauszufinden, aus was sie einst hergestellt wurde.

Wahrscheinlich, so vermuten Forscher, stammt der Brauch der Herstellung der Meerjungfrauen aus dem alten Japan, von wo die oft aus Fischen und Affenteilen zusammengesetzten Exponate durch Seefahrer als Glücksbringer und zum Verkauf an Aussteller nach Europa gelangt sind.

Noch bis 1982 wurde die "Buxton Mermaid" gemeinsam mit der "Mumie" eines angeblichen Wassermannes im Wellcome Institution for the History of Medicine aufbewahrt. Die Studentin Anita Hollinshead entdeckte die "Meerjungfrau" kürzlich im Bestand des Buxton Museum and Art Gallery und hat das Exponat nun gemeinsam mit Professor Belinda Colston zahlreichen Untersuchungen an der University of Lincoln unterzogen.

Snowflake

Eiszeit-Pflanze nach 30.000 Jahren wiederbelebt

Eiszeitpflanze
© S.Yashina et al. / PNASDie Zucht einer eiszeitlichen Silene stenophylla.
Moskau/ Russland - Russischen Wissenschaftlern ist es gelungen, Pflanzen aus Pflanzenteilen zu züchten, die von Arktischen Erdhörnchen vor rund 30.000 Jahren vergraben wurden und sich so im sibirischen Permafrostboden erhalten haben. Der vorige Rekord wiedererweckter alter Pflanzen lag anhand von Palmen aus der israelischen Bergfestung Massada, bei lediglich 2.000 Jahren.

Entdeckt hatten die Forscher um den kurz vor der aktuellen Publikation im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) verstorbenen Professor David Gilichinsky vom Moskauer Institute of Cell Biophysics die Früchte bei ihrer Suche nach Mammutknochen entlang des Flusses Kolyma.

Bei den in 20 bis 40 Meter tiefen einstigen Winterschlafsbauten der Erdhörnchen gefundenen Pflanzen handelt es sich um Exemplare von Silene stenophylla aus der Gattung der Leimkräuter die zur Familie der Nelkengewächse gehören.

Candle

Korruption der Wissenschaft: Wie (Junk) Science funktioniert

Das Leben von Pseudo-Wissenschaftlern ist einfach: Mixen, hochrechnen, klauen - und daran glauben.
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© Unknown
Wie gut haben es doch die Eichhörnchen, sinnierte der Satiriker Carl-Julius Weber vor 180 Jahren. Forscher hätten nicht den Instinkt jener possierlichen Tierchen, die "eine hohle Nuss sogleich erkennen und wegwerfen, die wir erst mühsam aufknacken, ehe wir so klug werden wie sie". Das verehrte Publikum wird sich noch weniger als Forscher um die hohlen Nüsse der Wissenschaft kümmern können und wollen. Und genau davon leben jene, die Junk Science produzieren. Junk Science ist Desinformation, Manipulation, Unfug, tatsächlich übler Müll und besonders gefährlich, weil seine Produzenten und deren Helfer ihren wahren Charakter verschleiern. In diesem Artikel werden einige Merkmale von Junk Science und Junk-Science-Journalisten beschrieben.

Junk Science hat nur einen Bezug zur Wissenschaft: Sie reklamiert für sich, "Wissenschaft" zu sein. Formalien werden eingehalten, soweit es für die Tarnung sinnvoll erscheint. Auch Junk-Science-Studien enthalten Quellenverzeichnisse; in der Regel vertrauen die Produzenten aber darauf, dass die Qualität der Nachweise von den meisten Lesern nicht geprüft wird. Hier aber eröffnen sich bereits Chancen, solide wissenschaftliche Arbeiten von Junk Science zu unterscheiden. Nachweise in Junk-Science-Produkten sind häufig schlampig erstellt, mixen Quellen unterschiedlicher Qualität (echte Nachweise, "persönliche Informationen", banale Zeitungsartikel etc.). Findet man solches, kann man sich eigentlich sparen, die genannten Quellen im Detail auf die korrekte Verwendung zu prüfen; die Absicht, zu täuschen, wird bereits hier offensichtlich.

Junk-Science-Ergebnisse werden nicht nachvollziehbar hergeleitet, sondern fabriziert. Es wird generalisiert, hochgerechnet, gemutmaßt, geschlossen, gefolgert, gefordert. Junk Science-Produzenten und ihren journalistischen Helfern ist es schnurz, ob zitierte Werte signifikant waren oder nicht oder ob genannte Werte überhaupt von Bedeutung hätten sein können. In Studien zum "Passivrauchen", einem Feld, das zu einem erheblichen Teil von Junk Sciencern beackert wird, wurden Ergebnisse aus unvergleichbaren Populationen zusammengeworfen; das Spektrum der Datenlieferanten reichte von "Kindern, niedrigste soziale Klasse" über Hamster, Hunde, Kaninchen, Mäuse, Ratten, undefinierten "Menschen" (ohne Geschlechtsangabe), "Patienten", "Passivraucher" bis hin zu Pensionären der Oberschicht in Südkalifornien. Die Erbärmlichkeit von "Resultaten", die aus solchen Vermischungen konstruiert werden, sowie die Dreistigkeit, diese als "wissenschaftlich" zu bezeichnen, ficht ihre Produzenten nicht an. Sie erfüllen einen Auftrag. Der Zweck heiligt die Mittel, basta.

Info

Wenn Pflanzen sich küssen - Studie belegt: Auch »höhere« Organismen tauschen über die Artgrenzen hinweg Genmaterial aus

Das in der Natur übliche Verfahren, arteigene Erbanlagen neu zu kombinieren, nennt man Sexualität. Diese hat den Vorteil, dass in jeder Generation genetisch variable Individuen entstehen, die sich an Umweltbelastungen und Umweltveränderungen in der Regel besser anpassen können als genetisch gleichförmige Individuen, die durch ungeschlechtliche Fortpflanzung erzeugt werden.

Obwohl auch Bakterien letztere Methode praktizieren, besitzen sie zudem die Fähigkeit, überlebenswichtige Gene, etwa solche für Antibiotika-Resistenzen, an andere Bakterienstämme zu übertragen. Dieser Vorgang wird im Gegensatz zum »vertikalen Gentransfer« bei der Sexualität als »horizontaler Gentransfer« bezeichnet, der, so glaubte man lange, nur bei Lebewesen ohne echten Zellkern auftritt. Inzwischen weiß man jedoch, dass horizontaler Gentransfer auch an den Kontaktflächen verschiedener menschlicher Gewebe stattfindet, zum Beispiel nach einer Organtransplantation.

Ähnliches geschieht bei der Pfropfung von Obstbäumen und Tabakpflanzen, wie ein Forscherteam um Ralph Bock vom Potsdamer Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie 2009 nachgewiesen hat. Zur Erklärung: Beim Pfropfen wird etwa einem Baum (auch Unterlage genannt) ein Ast abgeschnitten und an der frei gewordenen Stelle das Aststück einer anderen Pflanze, das sogenannte Edelreis, eingesetzt. Dieses wächst im Laufe der Zeit an und wird von der Unterlage mit ernährt, bis seine ruhenden Knospen schließlich austreiben. Das heißt: Unter Umgehung der Mendelschen Vererbungsregeln lässt sich aus nur einem Ast eines besonders ertragreichen Obstbaumes ein Klon des Baumes erzeugen.